Endspurt gegen Rechts bei der OB-Wahl

In den OB-Wahlkampf ist vor der Stichwahl lebhafte Bewegung gekommen. Das Mitte-Links-Lager ist mehrheitlich über seinen jeweiligen Partei-Schatten gesprungen und versammelt sich hinter dem erfolgreichsten Kandidaten links von der CDU, Thorsten Riehle (SPD). Bis auf den weit abgeschlagenen Ugur Cakir haben alle weiteren Kandidatinnen und  Kandidaten ihre Kandidatur zurückgezogen. Nun geht es also um die Abstimmung mit klarer Alternative: Specht oder Riehle.

Die Grünen haben nach einigem Zaudern ihre Unterstützung für Riehle bekannt gegeben. Sie hatten zuvor nach eigenen Angaben „vertrauensvolle“ Gespräche mit Specht und Riehle geführt. Mit Riehle stellten sie mehr gemeinsame politische Zielsetzungen fest als mit Specht. Sie gaben bekannt:

 „Wir haben uns letzte Woche dazu entschieden als grüner Kreisverband Thorsten Riehle im zweiten Wahlgang der OB Wahl zu unterstützen, weil es uns in Gesprächen mit ihm und der SPD gelungen ist uns auf gemeinsame konkrete inhaltliche Punkte für ein zukunftsfestes Mannheim zu einigen. Vor kurzem hat Thorsten Riehle zusammen mit uns in einer Pressekonferenz diese gemeinsame Vereinbarung vorgestellt. Gemeinsam stehen Thorsten Riehle, wir GRÜNE und die SPD Mannheim für deutlich höhere Investitionen in Klimaschutz und Klimafolgenanpassung, eine Innenstadt ohne Durchgangsverkehre und mit verkehrsberuhigten Bereichen im gesamten Innenstadtgebiet und für Investitionen in Bildung (bspw. Stadtbibliothek) und Soziales (bspw. Erweiterung des Angebotes der Jugendtreffs). Wir glauben, dass diese inhaltlichen Punkte Mannheim ökologisch und sozial weiterbringen und bitten euch deshalb in den letzten Tagen des Wahlkampfes nochmal alles für diese gemeinsamen Ziele zu geben. Solltet ihr Fragen zum Inhalt des Papiers haben, könnt ihr euch gerne jederzeit bei uns melden.“   (Unter dem obigen Link ist die gesamte Vereinbarung nachzulesen.)

 

Schwieriger stellte sich die Situation offenbar für DIE LINKE dar, deren Kandidatin Isabell Belser als Erste ihre Kandidatur zurückgezogen hatte. Die Partei äußerte sich gemeinsam mit den beiden anderen Parteien des bisherigen Wahlbündnisses Isabell Belser, Klimaliste und Tierschutzpartei. Man ruft auf, Christian Specht keinesfalls zu wählen, über den Mannheimer Morgen ergänzte man, dass Ugur Cakir keine Option sei, womit nur noch Thorsten Riehles Wahl als Alternative bleibt, weil man auch dringend und berechtigterweise zur Wahrnehmung des Wahlrechts aufruft. Da aber Thorsten Riehle und seine SPD-Fraktion nicht immer einer Meinung mit der LINKEN seien, wolle man nicht positiv für Riehle werben. Man überlässt es quasi dem / der Wähler:in, die einzig denkbare Konsequenz zu ziehen: Riehle wählen. Im Folgenden der Wortlaut der Erklärung des bis dato Wahlbündnisses Isabell Belser:

 

Bündnis für Isabell Belser gegen Wahl von Christian Specht

Die ehemalige OB-Kandidatin Isabell Belser, die im ersten Wahlgang am 18. Juni 5 Prozent der Stimmen erhielt, und ihr Unterstützer-Bündnis aus DIE LINKE Mannheim, Klimaliste Mannheim und Tierschutzpartei rufen dazu auf, bei der Stichwahl für das Amt des Oberbürgermeisters am 9. Juli unbedingt wählen zu gehen. Dieses demokratische Recht ist auch eine Verpflichtung, die Demokratie mit der Wahrnehmung dieses Rechts zu stärken und über die Geschicke unserer Stadt Mannheim für die nächsten acht Jahre mitzuentscheiden. Es ist nicht egal, wer Oberbürgermeister wird!

Isabell Belser, die selbst nicht zur Stichwahl antritt, und ihr Bündnis empfehlen, am 9. Juli nicht Christian Specht, CDU, zu wählen. Herr Specht hat in seiner langjährigen Amtszeit als Erster Bürgermeister und Dezernent keine Akzente gesetzt, die für fortschrittliche Politik stehen. Er und seine Partei stehen für eine verhängnisvolle Verzögerung der Klimaschutzmaßnahmen, einen Stopp in der Verkehrswende und eine unsoziale Politik, die in der Teilhabe und Bildungspolitik die ohnehin Bessergestellten bevorzugt und die von finanziellen Sorgen und Existenzängsten Betroffenen weiter benachteiligt.  Für Belser und Bündnis gibt es grundlegende Forderungen an die verbleibenden OB-Kandidaten:

– Wohnen: Systematisch mehr preiswerter und geförderter Wohnungsbau, überwiegend in gemeinnütziger Hand, durch höhere Sozialquote und verstärkten Ankauf von Grundstücken und Immobilien durch die Stadt

– Klima: Zügiges und striktes Hinarbeiten auf Klimaneutralität bis 2030, u.a. mehr Geld für den Klimaschutz, Infragestellung des Flughafens und der MVV-Strategie mit Altholzkraftwerk etc.

– Verkehr: Zügige Verkehrswende, u.a. Aufenthaltsqualität durch nahezu autofreie Innenstadt, weniger Privilegien für den Autoverkehr, massiver Ausbau des ÖPNV und Radverkehrs

– Bildung: Eine „zweite IGMH“ oder mindestens eine Gemeinschaftsschule mit Oberstufe im Mannheimer Süden und Kita-Bauten nicht in der Hand profitorientierter Investoren, sondern städtisch oder gemeinnützig

– Arbeit: „Ein Haus, ein Tarif“ für Beschäftigte städtischer Gesellschaften und Anwendung Tariftreuegesetz bei Auftragsvergaben

– Gesellschaft: Mehr Engagement der Stadt als „Sicherer Hafen“ für Geflüchtete

– Tierschutz: Kastrationspflicht in der Katzenschutzverordnung

Isabell Belser und ihr Bündnis rufen die Wähler*innen auf zu vergleichen, welche Forderungen sie bei den verbleibenden OB-Kandidaten am besten erfüllt sehen, und sich daran bei ihrer Wahl zu orientieren. Ihre Fraktion LI.PAR.Tie. (u.a. DIE LINKE, Tierschutzpartei) in dieser Wahlperiode und ihre Nachfolge-Fraktion in der nächsten werden die Erfüllung dieser Ziele aktiv im Gemeinderat einfordern.

DIE LINKE Mannheim, die Klimaliste Mannheim, die Partei Mensch Umwelt Tierschutz (Tierschutzpartei) und Isabell Belser hoffen auf eine hohe Wahlbeteiligung, auf die Verhinderung eines CDU-Oberbürgermeisters sowie auf eine fortschrittliche und soziale Politik in den kommenden Jahren.

Unterstützer-Bündnis OB-Kandidatin Isabell Belser, Mannheim, 24.06.2023

Das Wahlbündnis macht seine Position mit ein einer kleinen Serie von Sharepics deutlich, welche sie nach eigenen Angaben der Presseerklärung beigefügt habe. Zwei Beispiele:

       

Das Mitte-Links-Lager ist unterdessen in lebhafter Bewegung, um der Stadt Stillstand und Rückschritt unter Christian Specht zu ersparen.

Am 1. Juli versammelten sich ca. 100 Mitglieder der Grünen, der SPD und vereinzelte auch der LINKEN unterhalb des „ALTER“ am Neckar zu einer Unterstützungsaktion für Thorsten Riehle. Viele machten sich danach auf in den Haustürwahlkampf.

(Bild: René van der Voorden)

Eine abschließende Aktion wird am Samstag, 8. Juli in der Max-Josef-Straße stattfinden:

JETZT GILT‘S- Kundgebung zur OB Wahl Das Aktionsbündnis “Jetzt gilt’s” lädt am Samstag, 8.7.2023, zu Livemusik und Reden zur OB-Wahl ein. Die Kundgebung findet in der Max-Joseph-Straße in der Neckarstadt-Ost statt. Musik: Gero Fei (Drums/Voc), Blacky P. Schwarz (Keys/Voc), Markus Sprengler (Voc) und Gäste, ab 19 Uhr.

Bernd Köhler schreibt:

Nach dem unsäglichen Geziere und Gezerre in Folge der Ergebnisse des ersten Wahlgangs hat das politische Mannheim links von der CDU gerade mal noch so die Kurve gekriegt und könnte jetzt mit einer Mobilisierung ihrer Klientels doch noch dafür sorgen, dass es auch in den kommenden acht Jahren wieder einen OB gibt, der die demokratischen Werte vertritt für die Mannheim in der Vergangenheit stand:
Konsequente antifaschistische und antirassistische Positionen, Priorität für nachhaltige und spürbare Klimapolitik, Unterstützung gesellschaftskritischer Kultur-Initiativen und -Einrichtungen wie der freien kulturellen Szene oder dem selbstverwalteten JUZ. Außerdem, grundlegende Solidarität mit den gewerkschaftlichen Kämpfen um Arbeitsplätze, höhere Löhne und gegen die Verarmung breiter gesellschaftlicher Schichten.
Alles Mannheimer Markenzeichen die weit über die Stadt hinaus eine Ausstrahlung haben. Mannheim, die lebendige demokratische Stadt in der 12.000 Menschen gegen den Hass von Rechts auf die Straße gingen.
Bei all dem wurde ein Herr Specht eher nicht gesehen, zu all dem hat er nichts oder nur heiße Luft zu sagen. Specht vertritt das Mannheim der Mittelschicht und der Reichen und ist im MM-Interview vom 30. Juni noch nicht mal willens oder fähig sich mit einer eigenen Meinung von der möglichen Unterstützung seiner Kandidatur durch die AfD konsequent abzugrenzen.
Der nächste OB wird 8 Jahre Mannheimer Politik wesentlich beeinflussen und vertreten. 8 JAHRE DIE ENTSCHEIDEND SEIN WERDEN für wichtige Weichenstellungen in Sachen Klima, Kultur, Bildung und Soziales.
Ein Wahlaufruf der Kultur-Initative „BUNTE VIELFALT” (Schillerplatz-Ini) in der ich zusammen mit Bettina Franke, Einhart Klucke und Monika-Margret Steger beteiligt bin, bringt es so auf den Punkt:

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Thomas Trüper