Mit Musik gegen die neue rechte Sparpolitik der Stadt Mannheim [mit Video und Bildergalerie]

Eine Demonstration der Kulturszene hat mit einem lautstarken Zug durch die Quadrate gegen die „reaktionäre“ Haushaltspolitik der Stadt Mannheim demonstriert. „Solidarität statt Privilegien“ war das Motto. Man wolle sich nicht in Verteilungskämpfe treiben lassen, sagen die Veranstalter*innen. Stattdessen müssten soziale Projekte und Kulturschaffende „sektorenübergreifend und solidarisch“ zusammen stehen.

Videobeitrag beo YouTube: https://youtu.be/H_pnjQ196_c

Knappe rechte Mehrheit im Gemeinderat setzte Kürzungen durch

Mit Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) und dem 2024 neu gewählten Gemeinderat hat eine knappe rechte Mehrheit (CDU, AfD, FDP, ML und Anhängsel) im Rahmen des Doppelhaushalt 2025/2026 Kürzungen und Förderstopps im Kultur- und Sozialbereich vorgenommen.

Das Projekt ALTER, das Antidiskriminierungsbüro, der Stadtjugendring, das Maifeldderby, psychologische Beratungsprojekte und das Bündnis Mannheim gegen Rechts sind einige Beispiele, die von der Sparpolitik der Rechten betroffen sind. Bei manchen werden „nur“ die Förderungen gedeckelt, andere stehen aber vor existenziellen finanziellen Krisen.

Es ist kein Zufall, dass progressive Projekte, die alternative Kultur fördern oder sich für den Schutz und die gesellschaftliche Teilhabe von Minderheiten engagieren, der politischen Rechten nicht gefallen. Die macht Politik für einen ohnehin schon privilegierten Teil der Bevölkerung.

Musikdemo durch die Quadrate

An der Demonstration am Samstag Nachmittag beteiligten sich drei Musikwägen und ein Chor, dazu eine Initiative „Tax the rich“, die forderte, endlich Milliardäre angemessen zu besteuern: „Nur 2% Milliardärsteuer würde ausreichen, um alle sozialen und kulturellen Projekte problemlos zu finanzieren.“

Der Demozug startete am Alten Messplatz im Anschluss an die Kundgebung „Wählt Liebe“ (KIM berichtete) und zog über Breite Straße, Planken und Fressgasse zurück zum Alten Messplatz. Der lautstarke Zug sorgte für große Aufmerksamkeit in der Stadt. Einige Passant*innen schlossen sich spontan an und feierten mit. Von anderen kam aber auch die Rückmeldung, dass sie nicht genau verstünden, worum es eigentlich ging.

Die Vermittlung komplexer Themen über Demonstrationen ist nicht einfach, es besteht die Gefahr, dass politische Forderungen im Bassgewummer unter gehen.

Bis zur nächsten Wahl des Gemeinderats sind es noch mehr als vier Jahre – viel Zeit, um den Menschen in Mannheim klar zu machen, was rechte Sparpolitik anrichten kann – viel Zeit aber auch für die Rechten, um unliebsame Projekte kaputt zu sparen. (cki)

 

Bildergalerie

 

Redebeitrag der Initiative Soziale Kämpfe

Der Rechtsruck ist im Mannheimer Gemeinderat angekommen.

Das merkt das Eine Welt Forum,

Das merkt das Antidiskriminierungsbüro,

Das merkt das Interkulturelle Bildungszentrum, dies sind 3 Beispiele von Einrichtungen in Mannheim, die einschneidende Kürzungen im aktuellen Haushalt der Stadt erfahren.

Dabei fällt auf, dass es bei diesen Einrichtungen um Bildungs-, Hilfs- und Beratungsangebote für alle Mannheimer:innen geht.

Diese Haushaltspolitik bedroht soziale & kulturelle Einrichtungen unserer Stadt.

Und es wird noch schlimmer kommen, als wir es heute wissen: Laut Haushaltsvollzugsschreiben, des Regierungspräsidium muss die Stadt bis 2028 150 Millionen Euro einsparen. Alle Einrichtungen haben dieses Jahr nur 50% ihrer Zuschuss-Gelder sicher zur Verfügung. Wie viel das zweite Halbjahr noch kommt, hängt von den Sparplänen der Stadt ab.

Wir stehen hier solidarisch mit den von Kürzungen betroffenen Einrichtungen. Wir teilen die Sorge, in welche Richtung sich das politische Klima in Mannheim entwickelt.

Wir sind Zammehalte 68 von der Initiative Soziale Kämpfe im Ewwe longts.

Wir sind Mannheimer:innen und kämpfen mit und für unsere Kulturlandschaft und unsere sozialen Strukturen. Wir werden uns nicht in die Entscheidung drängen lassen, zwischen verschiedenen notwendigen gesellschaftlichen Akteur:innen zu wählen – wir brauchen sie alle – und wir werden uns erst recht nicht aus der gesellschaftlichen Teilhabe ausgrenzen lassen.

Deshalb stehen wir gemeinsam ein füreinander, für ein demokratisches Mannheim, ein Mannheim mit progressiver Kulturlandschaft und umfassenden sozialen Hilfsstrukturen.für ein Mannheim für alle, die hier leben.

Aber was passiert da eigentlich gerade? Wir leben doch in einem sehr wohlhabenden Land und trotzdem ist kein Geld in den kommunalen Kassen?

Was hier kickt ist die kapitalistische Ideologie der Verwertungslogik. Hinter dem Gedanken der Verwertbarkeit steht ganz simpel: Was kein Geld bringt hat keinen Wert. Gesundheit wird gefördert, weil die Volkswirtschaft eine gewisse Grundgesundheit braucht. Aber alles was letztlich über einen Katastrophen-Abwehrschutz hinaus geht, muss wiederum Geld abwerfen und Krankenhäuser müssen nach Profit wirtschaften – entsprechend marode und unzureichend sind die Krankenhäuser aufgestellt.

Sozialarbeit ist in einem ständigen Kampf um Anerkennung, weil Perspektiven und Halt in keiner Buchführung auftauchen. Nicht umsonst rufen Sozialarbeitende, die um ihre Jobs fürchten müssen: Keine Sozialarbeit ist unbezahlbar. Erhört werden sie dabei nicht.

Kultur steht in all dem hinten an und ist davon abhängig, wie sehr sich die Stadt mit derselben brüsten kann. Entsprechend sind insbesondere die Nischen von freien Räumen abhängig.

Diese Ideologie der kalten Verwertbarkeit verschärft sich in Zeiten der Krise. Und wir befinden uns auch noch in einer Zeit der multiblen Krisen: Die Finanzkrise, die – verschärft durch Corona und steigende Energiepreise – zu einer krassen Inflation geführt hat, die weit über konjunkturelle Schwankungen hinaus geschossen ist. Die ökologische Krise, mit der Aussicht auf Extremwetterlagen, ökologischen Kollaps und einer Verkleinerung des für Menschen lebenswerten Raums. Die Krise der parlamentarischen Demokratie mit einer steigenden Zustimmung zu autoritären Politikformen; Und schließlich die Zunahme von Konfrontationen verschiedener imperialer Mächte in der Welt, die nicht selten kriegerische eskalieren. Krisenzeiten bedeuten im Kapitalismus, dass die Reichen und Besitzenden mit allen Mitteln versuchen, die Armen und Besitzlosen verelenden zu lassen, bevor sie etwas von ihrem Reichtum abgeben müssen.

Immer häufiger wird nun der Begriff der Leistungsgesellschaft genutzt. Auch hier gilt wieder: Zeichen für Leistung ist Geld. Wer reich geerbt hat, hat demnach geleistet. Wer 20 Jahre hart arbeitet und trotzdem in Armut lebt, dem dann betriebsbedingt gekündigt, weil die Profite für die Vorstände sonst gekürzt werden müssten, und entsprechend auf Hilfe vom Staat angewiesen ist, gilt als Leistungsverweigerer.

Der Begriff der Leistungsgesellschaft dient der Hetze gegen Arme. Die AfD, Trump, Orban, Merz, Lindner und wie sie alle heißen, bauen ihre gesamte Politik darauf auf. Die Mittellosen sollen Schuld sein am Unheil der Welt. Und natürlich stehen Geflüchtete in der Verwertungsskala erst mal ganz unten.

Aber die Geschichte ist noch nicht geschrieben. Wir befinden uns in einem Abwehrkampf. Rund eine Millionen Menschen gingen die letzten Wochen auf die Straße, weil sie sich ihre schon gewonnene Freiheit und sozialen Errungenschaften nicht einfach nehmen lassen wollen. Hinter den größten Massenprotesten seit Langem steht der unbedingte Wille die Gesellschaft gegen einen anti-humanistischen autoritären Umbau zu verteidigen.

Wir dürfen uns aber darauf nicht ausruhen sondern müssen aus dem Abwehrkampf in die Offensive gehen. Für mehr Gerechtigkeit, mehr Demokratie mehr Solidarität und mehr Humanismus.

Die zunehmende Polarisierung unserer Gesellschaft ist erst mal nichts schlechtes. Es ist ein Zeichen für eine anstehende Veränderung. Es ist drohendes Unheil und kommende Chance zugleich.

Daher müssen wir jetzt kämpfen! Unsere Gesellschaft hat das Geld, hat die Technik, hat das Wissen und hat die Kraft für ein gutes Leben für alle.

Jeder Kampf um Wohnraum, für die rechte von Frauen, für globale Gerechtigkeit, fürs Klima, für Bildung, für queere menschen, für behinderte Menschen, jeder Arbeitskampf ist ein Kampf für die solidarische Welt. Wir haben die Kraft also holen wir uns das Wissen, holen wir uns die Technik und holen wir und das Geld! Für uns – für alle!

Organisiert euch!