OB-Wahl: Bei der Stichwahl am 5.7. steht einiges auf dem Spiel
ttr –Der Ausgang der OB-Wahl am 14.6. in Mannheim ist nicht überraschend: OB Peter Kurz schaffte es mit 46,8% nicht zur absoluten Mehrheit, eine Stichwahl am 5. Juli wird fällig. Es gingen 7.200 Menschen weniger zur Wahl als vor acht Jahren, obwohl es knapp 18.000 mehr Wahlberechtigte gab (Wahlrecht ab 16 Jahren); 30,7% statt 36,6 % Wahlbeteiligung.
In politischen Lagern betrachtet hat es eine dramatische Verschiebung gegeben: Das rot-rot-grüne Lager hat 14% eingebüßt, das rechts davon befindliche Lager 16% gewonnen. Rein arithmetisch kann man feststellen: Gemeinschaftskandidaten ziehen den Kürzeren, und sie steigern nicht das Interesse an Wahlen.
Politisch hat Peter Kurz mit den Folgen einer aus den Fugen geratenen angeblichen BUGA-, in Wirklichkeit aber sehr viel komplexeren Debatte um Änderungsprozesse, „Visionen“, Kommunalfinanzen und „direkte“ Demokratie zu kämpfen. Hinzu kommt der gerade in der Schlussphase des Wahlkampfes nochmals medial aufgeschäumte „Klinikums-Skandal“. In der seit Jahren geführten Auseinandersetzung um bezahlbares Wohnen erkannte Kurz als Aufsichtsratsvorsitzender der GBG zu spät den Mangel an billigem Wohnraum und setzte zu stark auf die Sanierung der Bestände. Demgegenüber spielten zweifellos vorhandene Erfolge wie die nach anfänglichen Schwierigkeiten rasant durchgezogene Schaffung von 1.000 neuen Krippenplätzen, die Umsetzung eines riesigen Schulsanierungsprogramms, die Ansiedlung Hunderter anspruchsvoller Arbeitsplätze, die Verwaltungsmodernisierung keine Rolle; ebenso wenig das entschiedene Eintreten für Bildungsgerechtigkeit.
Der SPD aber auch den die Kandidatur unterstützenden Grünen und Linken gelang es nicht, alle diejenigen zur Wahl zu mobilisieren, die der Meinung sind, dass Kurz im Zweifel der Bessere ist als die Kandidaten der Rechten. Viele verließen sich darauf, dass Kurz so oder so auf jeden Fall wieder gewählt werde.
Christopher Probst, von bescheidenem und freundlichem Auftreten, in der Sache entschieden diffus, profitierte von der diffusen Opposition gegen Kurz. Probst schaffte es, sich zum „Buga-Gegner“ zu stilisieren, obwohl er für eine Gruppierung kandidierte, die es fertig brachte, innerhalb von zwei Jahren vier verschiedene Buga-Modelle zu präsentieren. Das erste Modell entsprach dem ursprünglichen Konsens, eine Buga zur Entwicklung des Grünzuges Nordost zu planen. Die zwei folgenden Vorschläge hatten mit diesem Zweck überhaupt nichts mehr zu tun. Eines seiner Wahlplakate trug dann die Aufschrift: „Keine Buga in der Au!“ Die ML pries sich als Erfinderin des Buga-Bürgerentscheids, reichte aber unlängst einen Antrag in den Gemeinderat ein, entgegen dem knappen Ergebnis des Bürgerentscheids die Buga-Verträge zu kündigen. Auch das Stichwort „billiges Wohnen“ lässt er mal fallen, ohne sich zur Finanzierung zu äußern. Getoppt wird Probst nur von dem freundlichen CDU-Mann Rosenberger, dem seine Partei gerne verzieh, dass er sich mehrfach über wichtige Punkte in dem ihm verordneten schriftlichen Wahlprogramm hinwegsetzte – nur so kam der Mann auf 33%.
Noch ein Wort zu Christian Sommer, der gar nicht Satire-Kandidat der „Partei“. Er wurde von den Kommunalpolitischen Initiativen (von Anti-Buga über Anti-Lärm bis zur Offizierssiedlungs-Initiative) zur Wahl empfohlen und sei hier einmal dem linken Lager zugeordnet. Seine wenigen Äußerungen allerdings (er wurde zu den meisten Podien nicht eingeladen), gaben das Bild eines spießigen Mittelschichtlers mit eher konservativen Ideen. So sprach er sich angeblich gegen Sozialwohnungen auf Franklin aus. Damit wiederum passt er gut zu den meisten aktuellen Initiativen, die – sobald sie ihr unmittelbares Thema verlassen – prompt bei FDP und ML landen.
Inzwischen hat Probst erklärt, bei der Stichwahl nicht mehr zu kandidieren, aber auch keine Wahlempfehlung auszusprechen. Seine WählerInnen werden überwiegend den Appell der CDU befolgen, nun dem Bürgerblock zum Durchbruch zu verhelfen.
Wäre dieser Durchbruch erfolgreich, wäre es in Mannheim der Start für eine (r)echte „Wende“: Wohnungspolitik = Einfamilienhäuschen, „Jedem das Seine“ statt Bildungsgerechtigkeit, Schwächung der kommunalen Steuereinnahmen durch Entlastung der starken Schultern, liberale Investorenfreiheit anstelle einer straffen Steuerung des Konversionsprozesses im Sinne demokratisch definierter Entwicklungsziele, „Entschuldung“ durch Privatisierung der Daseinsvorsorgeeinrichtungen etc. Mit einer rechten Oberbürgermeisterstimme im Gemeinderat würden die dortigen ohnehin fragilen Mehrheitsverhältnisse vollends nach rechts kippen.
Bei der Stichwahl ist Gelegenheit, diese Wende zu verhindern. Ob eine Luftschneise auf Spinelli 500 oder 600 m breit werden soll, und ob die Busse der Linie 61 die Häuser der entsprechenden Bürgerinitiativenmitglieder erschüttern oder nicht doch lieber die Häuser zwei Straßen weiter – dies sollten keine ausschlaggebenden Gründe für eine OB-Wahlentscheidung sein. Es sei denn, man will die rechte Wende.
Wer am 5.7. nicht Kurz wählt wird sich lange schwarz ärgern!