„Radhof Neckarstadt“ eröffnet – ein ökologisches und soziales Inklusionsprojekt braucht Unterstützung
Ziele des “Radhof Neckarstadt” ist es: Menschen mit günstigen, da gebrauchten, aber in jeder Hinsicht verkehrstüchtigen Fahrrädern zu versorgen.
Der Radhof Neckarstadt ist ein gemeinnütziges Fahrradprojekt des Vereins zur beruflichen Integration und Qualifizierung e.V. in Heidelberg (VbI).
Der Radhof Neckarstadt, ist ein non-profit-Unternehmen, das schauen muss, wie es seine Betriebs-, Miet- und Lohnkosten wieder hereinbekommt. Er sieht sich nicht in Konkurrenz zu den beiden bekannten Radläden in der Neckarstadt-Ost. Die Zielgruppen unterscheiden sich, Zielgruppen des Radhof Neckarstadt sind Menschen mit geringem Einkommen.
Umso wichtiger ist, dass der Radhof in ausreichender Zahl – Tendenz sicher steigend – Zugang zum „Rohstoff Schrott-Fahrrad“ erhält. Denn – und das ist besonders wichtig – der Radhof wird bis zu 10 Mitarbeiter*innen beschäftigen, denen ein Zugang zum Ersten Arbeitsmarkt zurzeit verwehrt ist (Langzeitarbeitslosigkeit, psychische Erkrankung, „komplizierte“ Biografie etc.) Diese Mitarbeiter*innen bringen kaputte oder nicht mehr funktionssichere Fahrräder wieder ans Laufen, sie führen selbst Reparaturen durch und helfen u.U. bei Do-it-yourself-Reparaturen. Diese Art des Recycling ist schlussendlich ein Beitrag zur Nachhaltigkeit.
Kreislaufwirtschaft: Ist es so schwierig, die Stadtreinigung in das sozial-ökologische Projekt einzubinden?
Woher aber kommt der „Rohstoff“ Schrottfahrrad? Eigentlich liegt es auf der Hand: Die kommunale Abfallwirtschaft ist von Rechtswegen Herrin über jährlich über 100 Altfahrräder, die als Fundsachen auftauchen oder herrenlos lange Zeit herumstehen bis sie öffentlich entsorgt werden. Die könnten doch statt in den Schrottcontainer in den Radhof wandern?
Diese Frage wurde einen Tag nach Eröffnung des Radhof Neckarstadt bereits im Ausschuss für die technischen Eigenbetriebe der Stadt Mannheim diskutiert aufgrund einer Anfrage der LINKEN (A202/2016).
Das Anliegen sei verständlich, so der Leiter des Eigenbetriebs Abfallwirtschaft, Dr. Klockow. Jedoch: Man werde da von allen Seiten angegangen (Kleider, Möbel, Bücher, Fahrräder etc.pp.). Das überfordere die Betriebshöfe. Finanziell sei der Materialwert zu vernachlässigen – da liege nicht das Problem. Rechtlich ist der Eigenbetrieb im Sinne der Gesetzeslage verpflichtet, Abfälle auch zu entsorgen und nicht wieder in Verkehr zu bringen. Auch werfe das gewünschte Verfahren rechtliche Fragen auf: Eigentum an öffentlich vereinnahmten herrenlosen Fahrrädern.
In der Diskussion wurde von der LINKEN darauf hingewiesen, dass das Anliegen des Fahrrad-Recyclings (und letzlich überhaupt des Recyclings) ein übergeordnetes Interesse darstelle, welches mit Sicherheit die Zuständigkeit des Eigenbetriebs übersteige. Der Radhof beispielsweise arbeite mit dem Sozialpsychiatrischen Dienst und dem JobCenter zusammen. Er erfülle hier wesentliche sozialpolitische Aufgaben. Auch die Versorgung der nicht so zahlungskräftigen Bevölkerung mit Gebrauchtfahrrädern und Dienstleistungen drum herum sei ein wichtiges Interesse, so lange es Armut gebe. Aus der CDU-Fraktion kam Unterstützung von Konrad Schlichter und Rebekka Schmitt-Illert.
DIE LINKE schlug einen kleinen Runden Tisch vor, in dem praktische Fragen eines möglichst einfachen Verfahrens der Versorgung des Radhofs mit ausgedienten Fahrrädern, rechtliche und sozialpolitische Aspekte etc. geklärt werden könnten. Jetzt ist es an Dr. Klockow und seiner Dezernentin, Felicitas Kubala, entsprechend aktiv zu werden. Zu klären ist auch, welchen Status ausgediente und herrenlose Fahrräder überhaupt haben: Wertstoff oder Abfall? Wir setzen hier einfach mal auf die Vernunft!
Radhof Neckarstadt: Träger ist der Verein zur beruflichen Integration und Qualifizierung – VbI e.V. . Der Werkstatteingang des Radhofs ist in der Verschaffeltstr. 36, Ladeneingang: Lange Rötterstr. 90. Tel.: Heidelberg 06221-9703 88.
Thomas Trüper