Bundesweites Treffen des Mietshäuser Syndikats zum ersten Mal in Mannheim
Nachdem sich die ersten 3 Hausprojekte des Mietshäuser Syndikats (13h FREIHEIT; SWK und umBAU2Turley) auf dem Gelände der ehemaligen Turley Kaserne in ihren Häusern eingerichtet haben ist es ihnen ein besonderes Fest und Aufgabe, erstmalig die SyndikalistInnen aus den anderen Regionen der Republik zum ca. vierteljährlich stattfindenden Treffen einzuladen und zu beherbergen. Tagungsräume und Schlafplätze mussten organisiert werden, oder Verpflegung und Kinderbetreuung Dabei werden sie unterstützt von den weiteren Syndikatsprojekten in Weinheim und Heidelberg, hier entwickelt sich langsam eine Regionalstruktur.
Dieses Mal werden ca. 250 Personen aus über 50 Projekten oder auch als Einzelpersonen an der Tagung teilnehmen. Egal ob es sich dabei um ein großes Wohngemeinschaftshaus aus der Thüringischen Provinz, dem Wohnprojekt in der Nähe des Frankfurter Hauptbahnhofs, die von 250 Personen bewohnte ehemalige Kaserne in Freiburg oder das Inklusionsprojekt in Bremen handelt, bei aller Unterschiedlichkeit sind alle Häuser durch drei Dinge verbunden:
- sind sie alle selbstverwaltete Mietshäuser,
- sind alle Mitglied im Syndikat und damit unverkäuflich,
- zahlen alle zusammen in einen Solidarfonds ein. Dieser finanziert momentan teilweise die Gesellschafteranteile neuer Projekte, aber schon in gar nicht so ferner Zukunft wird ein Großteil aller Mieterträge zielgerichtet in neuen bezahlbaren Mietwohnraum fließen
Bundesweit wächst das Syndikat ständig und erfährt angesichts der allgegenwärtigen prekären Wohnsituation zunehmend mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung. Ob als Neubauten mit 70%iger Sozialbindung wie bei dem DreiHäuser Projekt in Freiburg oder als von den MieterInnen aus Angst vor Kündigung übernommenes Gründerzeithaus wie das Projekt Seumestr. in Berlin: erfolgreich gelingt hier in Selbsthilfe, woran professionelle Investoren überhaupt kein Interesse haben, aber auch kommunale Stadtentwickler und die dahinter stehenden Wohnungsbau-gesellschaften sich angesichts der örtlichen politischen Rahmenbedingungen oft schwertun – dauerhaft gesicherter, bezahlbarer Wohnraum!
Bezahlbarer Wohnraum ist neben Bildung, gerechtem Lohn und gesellschaftlicher Teilhabe eine Grundvoraussetzung für eine demokratische Gesellschaft – insofern geht es beim Mietshäuser Syndikat um mehr als nur um ein wasserdichtes und vor Spekulation gesichertes Dach über dem Kopf. Bei jeder kommunalen Entscheidung um Verteilung von Bauflächen wird auch festgelegt, wer in Zukunft am Stadtrand wohnen muss oder wie durchmischt und bunt unsere Gesellschaft überhaupt sein kann. Momentan produziert das hochpreisige Bauen Segregation und teure Gettos. Hier mischt sich die örtlichen autonomen Projekte des Syndikats überall ein. Durch die Arbeit vieler im Syndikat engagierter Personen werden Alternativen aufgezeigt, Schluss gemacht mit dem Märchen des zwangsläufig teuren Bauens oder dem der „kostengetriebenen“ Mieten. Im Sinne von Klimagerechtigkeit wird lieber für Nachhaltigkeit beim Bauen und gleichzeitig gegen teure, überholte Tiefgaragenplätze argumentiert. Wichtige Diskussionen werden kommunal mit getragen und befördert – wie etwa gerade in Mannheim die Verabschiedung der Quotenregelung. Oder auf Bundesebene: der Erhalt des Systems der Direktkredite, die anlässlich der Prokon Affäre verteidigt werden mussten.
Auf Landesebene geht es aktuell in Baden-Württemberg darum, welchen Zugang das Mietshäuser Syndikat zu den Mitteln des Sozialen Wohnungsbaus erhält. Beides passt gut zusammen, das Syndikat baut im Sinne der späteren MieterInnen kostenbewusst und kann jede noch so langfristige Bindung eingehen, da mit den Häusern ja kein Profit erzielt werden soll. Andererseits fehlt es Syndikatsprojekten oft am nötigen Kapital. Zeitgleich werden sowieso insgesamt viel zu wenig Sozialbauwohnungen gebaut, in den letzten Jahren in Mannheim fast keine.
Außer den BewohnerInnen mit dem direkten Interesse am eigenen Wohnraum wird das Syndikat deshalb auch zunehmend interessant für Leute, die ebenfalls die soziale Brisanz und die Schieflage des Wohnungsmarktes erkennen und sich hier engagieren. Aus einzelnen Projekten entsteht ein Netzwerk, diese Netzwerke können die Basis für eine Bewegung von unten sein. Viele Bürger und Bürgerinnen finden die Ideen des Syndikats einleuchtend und unterstützen die Projekte finanziell durch Direktkredite. Damit finanzieren sie diese Bewegung. Oder sie stellten zB. Schlafplätze für diese Veranstaltung zur Verfügung.
Am kommenden Wochenende wird es konkret um die Aufnahme neuer Projekte gehen. Exemplarisch sei genannt zB. das Collegium Academicum in Heidelberg, das bezahlbaren Wohnraum für 180 Studierende schaffen wird. Aber auch strukturelle Fragen zur Weiterentwicklung des Syndikats werden Thema sein. Örtlich gerade entstehende Initiativen wie Esperanza, MAvanti oder – ganz neu „Wonnem“ nutzen die Gelegenheit, das Syndikat bei der Arbeit zu sehen. Sogar aus Holland kommt eine Initiative angereist.
In Mannheim wird das bundesweite Treffen des im Wesentlichen ehrenamtlich arbeitenden Mietshäuser Syndikats (2 halbe Stellen garantieren die gesamte Verwaltung!) durch die Stadt Mannheim und auch die MWSP wohlwollend unterstützt.
Günter Bergmann (für die Vorbereitungsgruppe)