„Mehr Liebe wagen“ begeistert 100.000 Menschen (mit Fotogalerie und Kommentar)
Der CSD Rhein-Neckar e.V. veranstaltete am 11.08.18 zum 10ten Mal die CSD (Christopher Street Day) Demonstration in Mannheim. Rund 7.000 Teilnehmer, mehr als je zuvor, nahmen an der Demo für die Rechte und Interessen von Schwulen, Lesben, Transgendern, einem Wort: für die LSTIQ-Community – teil. Nach offiziellen Angaben der Veranstalter und der Polizei besuchten einhunderttausend Menschen die Veranstaltung bei allerbestem Wetter.
“Es bleibt für die Gleichberechtigung von Homosexuellen und Intersexuellen noch viel zu tun, aber wir sind auch durch die Verabschiedung der längst überfälligen Ehe für alle auf einem guten Weg.”
Dies sagte Katarina Barley (SPD), Bundesministerin für Justiz und Verbraucherschutz, als Schirmherrin der diesjährigen CSD-Demo bei einer Pressekonferenz in den Räumlichkeiten des Vereins für Psychologische Lesben- und Schwulenberatung Rhein-Neckar e.V. in der Max-Joseph-Straße. Weiter sagte Frau Barley, dass ihr das gewählte Motto „Mehr Liebe wagen“ besonders gefallen würde und dass die Rechte lesbischer Mütter weiter zu stärken seien. „Der Gesetzesparagraph 175 hätte viele Lebensläufe zerstört. Auch für die Interessen von Inter- und transsexuellen Menschen wurde schon viel erreicht. Es müsse aber noch nachgearbeitet werden in der Bundesregierung“.
Der Mannheimer OB Dr. Kurz (SPD) betonte in der Pressekonferenz die Wichtigkeit der gesellschaftspolitischen Botschaft, die vom CSD ausgeht, und dass Vielfalt funktionieren muss. „Partnerstädte wurden erneut eingeladen und sie sind da“, so das Stadtoberhaupt. Geworben hat Dr. Kurz für eine themenbezogene Ausstellung im Mannheimer Hauptbahnhof und für das innerstädtische „Mannheimer Bündnis“, welches sich für Toleranz, Verständnis und Dialog einsetzt.
„Regenbogenfamilien sind keine Familien zweiter Klasse. Die Frage des 3. Geschlechts muss im Grundgesetz geregelt werden. Transsexuell sein ist keine Spaßveranstaltung. Das Motto ist wichtig in der von Hass geprägten Gesellschaft. Die Gesellschaft muss zusammenhalten, muss dagegenhalten. Wir brauchen eine Gesellschaft in der alle zusammen leben können.“, so Harald Blaull (Vorsitzender des CSD Rhein-Neckar). Er begrüßte auch, dass zunehmend mehr Heteros an CSD-Veranstaltungen teilnehmen würden.
Alle RednerInnen der Pressekonferenz waren sich final einig. Ein Plus-Redner fasste dies so zusammen: „Wichtig ist das stabile Netzwerk in der Community. Offen für alle, auch für Heteros. Es wird generationsübergreifend und interessensübergreifend zusammengearbeitet. Es müssen Mauern durchbrechen werden für Akzeptanz im Alltag. Dank an die Stadt Mannheim für ihre Unterstützung.“
Mannheim ist hiermit die sechstgrößte Stadt im Bundesgebiet was CSD-Veranstaltungen angeht.
Starker Auftakt bei der CSD-Demo und „Party-Stimmung“ bis zum Ende
Grußbotschaften wurden von den RednerInnen in Richtung der Teilnehmer gerichtet. Begrüßt wurden die Menschen traditionell von Harald Blaull. Es sprachen dann Katarina Barley, Thorsten Riehle (SPD), Jutta Steinruck (SPD) und der Sprecher der Community aus Heidelberg. Der Mannheimer OB Dr. Kurz ergriff ausserplanmässig auch das Mikrofon. Vorgetragen wurden inhaltlich dieselben Botschaften, die auch größtenteils in der Pressekonferenz transportiert wurden.
Thorsten Riehle, als CSD-Sprecher des Gemeinderats in Mannheim, betonte, dass er „an diesem Tag für alle Fraktionen im Rat sprechen würde, die für Vielfalt und Offenheit stehen würden und sich auf dem Boden des Grundgesetztes befinden würden. Er selbst begrüßt die Ehe für Alle, aus privaten Gründen sowieso.“
Jutta Steinruck (SPD) war 2017 Schirmherrin des CSD in Mannheim, damals noch als OB-Kandidatin. Frau Steinruck hat ihr Versprechen eingelöst und kam auch dieses Jahr wieder zum CSD, als erstes Stadtoberhaupt aus Ludwigshafen überhaupt.
Eine party-launige Stimmung kennzeichnete den CSD am 11.08. in Mannheim. Sehr viele junge Menschen nahmen teil und feierten ab.
Das Straßenfest endete auf dem Ehrenhof vor dem Mannheimer Schloss, von wo aus es mit einer attraktiven und bunten Bühnenshow in den Abend startete.
Kommentar: Nicht Kommerz und Firmensponsoring bestimmten den Tag. Bestimmt wurde der Tag durch Leute im Party-Modus. Das ist so gesehen nicht weiters von Bedeutung. Hätten nicht, laut vieler Besucher des CSD, die klaren und wichtigen politischen Botschaften beim Demozug gefehlt. Nicht gemeint waren damit die zahlreichen Fahrzeuge und Fußgruppen politischer Parteien. Kritisiert wurde die vergleichsweise geringe Präsenz aus der LSTIQ-Community, die aus Gründen, nicht so sehr, wie z.B. Faschingsverein, Parteien und Gewerkschaften auf sich aufmerksam machen konnten. Wo bleibt die Solidarität, fragt sich der Beobachter? Und der Beobachter fragt sich, wo die Disziplin, bei allem Spass auf den Straßen, bei einigen Demozugteilnehmern bleibt, wenn mehrminütige Lücken entstehen und die Stimmung am Abflauen ist? Ist dies purer Egoismus oder was soll ein solches Verhalten bedeuten? Als unsäglich und widerwärtig zu bezeichnen ist der sexuell motivierte Angriff auf eine Besucherin des Demozugs. Ich hoffe, dass der „Antänzer“ alsbald von der Polizei geschnappt werden kann. Was benötigt es u.a. mehr zur Motivation für den CSD 2019 in Mannheim, als den Spruch den ein Alt-Nazi einer Infostand-Besatzung auf dem Ehrenhof hingedrückt hat: „Unter Adolf Hitler hätte es das nicht gegeben. Der hätte dies hier alles ganz schnell weggemacht“. Komplett nicht nachvollziehen kann ich die Kritik am CSD, was die SPD-Dominanz an den RednerInnen anging. Jeder, der den CSD alljährlich besucht kann sich eigenen Auges feststellen, dass auch in den Vorjahren auch „Größen“ aus der Politik in der ersten Reihe standen. Auch am 11.8. habe ich keinen Mangel anderer Parteienvertreter festgestellt: linke, wie grüne, ParteienverteterInnen waren z.B. auch engagiert bei der Sache.
(Bericht: Erik Butz und Christian Ratz / Kommentar: Christian Ratz / Bilder: Alexander Kästel, Erik Butz und Christian Ratz)
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