BASF-Explosionskatastrophe 2016: Strafverfahren hat begonnen
Vor dem Frankenthaler Landgericht begann am 5. Februar die „juristische Aufarbeitung“ der großen und verheerenden Explosion im BASF-Nordhafen vom 17. Oktober 2016. Die Anführungszeichen muss man wohl setzen, denn angeklagt ist eine einzige Person, ein in Mannheim wohnhafter und aus Bosnien-Herzegowina gebürtiger Schweißer einer Fremdfirma. Mit seiner Anklageerhebung verbindet der Leitende Oberstaatsanwalt Hubert Ströber die These, der Schweißer habe durch ein „Augenblicksversagen“ alleinverantwortlich die Katastrophe ausgelöst. Der Rheinpfalz sagte der Leitende Oberstaatsanwalt, „.es seien keinerlei Mängel an den technischen Anlagen im Nordhafen festgestellt worden und es gebe keine Anhaltspunkte für ein weiteres Verschulden.“ (Rheinpfalz 22.12.17 „Ludwigshafen: Ursache zur BASF-Explosion geklärt“).
Katastrophe 1: 17.10.2016
Zur Erinnerung: Die Explosion forderte fünf Todesopfer (vier Mitglieder der BASF-Werksfeuerwehr und ein Matrose eines im Hafen liegenden Schiffes. 28 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Eine Ethylen- und eine Propylenfernrohrleitung explodierten und verursachten weitere Brände. Eine riesige Rauchwolke voller Rußpartikel zog sich über Mannheim bis nach Hessen hinein. Ort des Geschehens war ein Rohrleitungsgraben mit 38 Leitungen, davon 28 für brennbare Flüssigkeiten und Gase. Dieses Leitungsbündel stellt eine der wesentlichen Versorgungsadern für das größte Chemiewerk weltweit dar. Im Rahmen der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen musste das gesamte Leitungsbündel stillgelegt werden. Die zwei zentral wichtigen Steamcracker mussten in Folge heruntergefahren werden sowie 22 weitere Anlagen (von ca. 200). Monatelang lief die Rohstoffversorgung statt über Pipelines und Schiffe über Straßen und Schienen. Der wirtschaftliche Schaden betrug ca. 0,5 Milliarden Euro.
Der einzig Beschuldigte sollte ein leeres und gereinigtes Rohr in dem Leitungsgraben mit einem Winkelschleifer für eine spätere Auswechslung abtrennen. Er habe dabei nach einer Arbeitsunterbrechung den Trennschleifer an einem benachbarten Rohr angesetzt, welches ein brennbares Buten-Gemisch führte, das in Brand geriet und damit die Katastrophe auslöste.
Der Staatsanwalt geht also davon aus, dass ein einzelner Kontraktarbeiter eine Verantwortung übertragen bekommen hatte für hunderte Millionenwerte und diverse Menschenleben, der gegenüber er total versagt habe. Man fragt sich schon hier, wie ein Weltkonzern sich hier auf einen einzigen – nicht einmal zur eigenen Organisation gehörenden – Menschen verlassen konnte.
In der Tat: Dies ist undenkbar. Dagegen steht schon allein die Gesetzeslage. Im Interesse der Arbeitskräfte und der außerhalb der Werksmauern lebenden Menschen, aber auch im wohlverstandenen ökonomischen Interesse des Unternehmens selbst schreibt der Gesetzgeber im Rahmen der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSiV), der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) und des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) sehr detailliert vor, wie Risiken erkannt und eingeschränkt bzw. verhindert werden können und müssen: Es müssen Gefährdungsbeurteilungen anhand denkbarer Störungen und Fehlhandlungen erarbeitet werden, daraus resultierend Schutz- und Vorsichtsmaßnahmen definiert und entsprechende Betriebsanweisungen über den Betrieb bzw. die Instandsetzung der Anlagen erstellt werden. Diese müssen den Mitarbeiter*innen bekannt gemacht werden, die Einhaltung muss überprüft werden. Alles muss kontrolliert und schriftlich dokumentiert werden. Bei Eingriffen in eine derart zentrale „Lebensader“ eines ganzen Standortes, mit hochgefährlichen Medien in unterschiedlichen Rohren, die unterschiedliche Abteilungen der Fabrik verbinden eine höchst komplexe und kollektive Aufgabe.
Es ist ein ziemliches Rätsel, wie die Staatsanwaltschaft, die mögliche Gesetzesverstöße zu untersuchen hat, den Blick nur auf das letzte Glied einer ganzen langen Verantwortungskette richten kann. Kein Anfangsverdacht bezüglich möglichen organisatorischen oder technischen Fehlern und oder Unterlassungen. Ebenso die Gutachter, die den Blick offenbar nur in den Rohrleitungsgraben richteten.
In den ersten Prozesstagen wurden einige Zeugen vernommen, die unerwartete Aussagen machten. Zum Beispiel die Brandwache, die für „Feuerarbeiten“ (Trennen, Schweißen) die Arbeiten überwachen und ggf. sofort mit einem Löschmittel eingreifen muss: Er habe keine Kennzeichnungen auf dem zu bearbeitenden Rohr gesehen. Er habe den Funkenflug auf in der Nähe geparkte Autos beobachtet. Eine erste Flamme habe er dann genau aus dem angeblich leeren Rohr schießen sehen. Den Schweißer habe im entscheidenden Moment keiner beobachtet. Man darf gespannt sein, ob auch noch ein Mitarbeiter vernommen werden wird, der eigentlich als Koordinator zwischen der BASF und der Fremdfirma vor Ort hätte sein müssen, oder ob es einen solchen nicht gab. Protokollblätter wurden zwischen Zeugen und Gericht diskutiert. Hier zeichnete sich ab, dass die Zuständigkeiten wohl nicht eindeutig geklärt waren. Möglicherweise hat Routine die notwendige Aufmerksamkeit überlagert – ein Risiko, welches bei der sehr durchbürokratisierten Sicherheitsorganisation entstehen kann.
Katastrophe 2: Gaspipeline-Explosion am 23.10.2014
Am 23.10.2014 explodierte zwischen Edigheim und Oppau bei Reparaturarbeiten eine Gashochdruckleitung. Zwei Bauarbeiter starben, 22 wurden zum Teil schwer verletzt. Um die Rohrleitung freizulegen, mussten Bauarbeiter einen Schacht anlegen und mit Spundwänden sichern. Während als erstes die Spundwände in den Boden getrieben wurden, verursacht der wachsende Erddruck auf die Pipeline ein Leck. Es kommt zu einer Explosion mit einem 100 m hohen Feuerinferno. Der auch hier ermittelnde Leitende Oberstaatsanwalt Ströber gibt sechs Gutachten in Auftrag. Im Fokus steht die Bautruppe. Gegen den Bauleiter und Polier, aber in diesem Fall auch gegen zwei Mitarbeiter der Pipeline-Betreibergesellschaft Gascade (eine Tochter von BASF und Gazprom) werden Ermittlungen aufgenommen. Der Brandschutzexperte, der auch zu der Katastrophe im Nordhafen als Gutachter bestellt ist, stellt fest, dass an der fraglichen Stelle die Rohrleitung statt der ursprünglichen 8,8 mm Wandstärke nur weniger als 1 mm aufgewiesen habe. Erste Untersuchungsergebnisse sollten um den 17.10.2016 veröffentlicht werden. Sie gingen in der Katastrophe vom Nordhafen unter und fanden keine öffentliche Beachtung.
Zum dritten Jahrestag der Explosion von Edigheim berichtet die Rheinpfalz am 23.10.2017 über den Stand der Ermittlungen und die Überlegungen der Staatsanwaltschaft:
„‘Es liegt unstrittig ein Fehler beim Freilegen der Leitung vor. Aber wir müssen beweisen, ob der Tod der beiden Bauarbeiter die Folge dieses Fehlers war‘, erläutert Ströber. Es könne auch sein, dass der Unfall aufgrund des Zustands des Rohrs unvermeidlich gewesen wäre, sobald das Erdreich darüber entfernt wurde.
Der Sachverständige macht nun Versuche mit verschieden dicken Rohrleitungen. Dabei wird geprüft, unter welcher Restlast ein Gasaustritt aus der extrem dünnen Leitung erfolgt. Diese Tests sind noch nicht abgeschlossen. Ströber: ‚Wir müssen das Ergebnis abwarten, bevor wir entscheiden können, ob es zu einer Anklageerhebung kommt oder das Ermittlungsverfahren eingestellt wird‘. Leitungsbetreiber Gascade sei kein Vorwurf zu machen, sagt Ströber. Das Unternehmen habe die Pipeline regelmäßig geprüft.“
Der Laie wundert sich: Es ist von Unvermeidlichkeit angesichts der zu geringen Dicke der Rohrwand die Rede. Aber die Betreiberfirma habe regelmäßig kontrolliert? Die Ermittlungen werden möglicherweise eingestellt? Der Brandsachverständige von Edigheim soll nun auch im Nordhafen nach möglichen anderen Brandursachen suchen. Das klingt nicht sehr verheißungsvoll, wenn in Edigheim nicht einmal untersucht wird, wie es zu einer nicht entdeckten Wandstärke von unter 1 mm kommen konnte.
Am 21.10.2016 berichtete die Rheinpfalz: „Das Gasunternehmen Gascade (eine BASF-Tochter) erklärte gestern auf Anfrage, dass es vor dem Unfall keine Erkenntnisse gegeben habe, dass die Wandstärken der Leitung nicht ausreichend gewesen wären. Das Ferngasnetz des Unternehmens und auch die betroffene Trasse würden regelmäßig überprüft, eine Wanddickenuntersuchung sei 2012 erfolgt. Gascade teilte weiter mit. ‚Wir haben keine Anzeichen dafür, dass die Sicherheit der gesamten Leitung durch reduzierte Rohrwanddicken beeinträchtigt war oder sein könnte‘.“
Der Mannheimer Morgen berichtet am 24.10.2016: „Korrosion soll nach Einschätzung der Expertin die Ursache für die Rohrbeschädigung sein. Welche Ursache diese Veränderung der Rohrwand hat, ist noch nicht geklärt. Einbezogen wird in die Ursachenforschung auch die Frage, ob die Umnutzung der Pipeline Einfluss hatte. In dem 1963 und 1964 in Betrieb genommenen Stahlrohr war zunächst Rohöl geflossen. Ab Mitte der 1990er-Jahre wurde es als Gasleitung genutzt.“ Dass bei einer über 50 Jahre alten Rohrleitung ein Überprüfungszyklus von drei Jahren eventuell problematisch sein könnte, ist fern jeder Diskussion.
Die Staatsanwaltschaft, die das Interessen der Öffentlichkeit an der Einhaltung der Gesetze zu schützen hat, erweckt ehr das Gefühl, dass es sich um eine BASF-Anwaltschaft handle. Man darf im Fall Edigheim gespannt sein, ob es überhaupt zur Eröffnung eines Verfahrens kommt und wenn ja, ob eine schuldhafte Verantwortung der BASF und ihrer Tochter Gascade festgestellt wird. Im Fall Nordhafen darf man gespannt sein, ob das Gericht die Verantwortlichkeit vielleicht auch an anderer Stelle als der des Fremdarbeiters sieht.
Man wird das Gefühl nicht los, dass die BASF zu groß und regional zu bedeutende ist, als dass man ihr am Zeug flickt. Während bei der Deutschen Bank mittlerweile die Staatsanwälte und polizeilichen Ermittler*innen ein und ausgehen, sieht man bei der BASF nach solchen Katastrophen wohl keinen Grund. Man stellt schon gar nicht die richtigen Fragen. Exemplarisch sind die Äußerungen des Hauptgeschäftsführers der IHK Pfalz, Rüdiger Beyer, in einem am 27.10.2016 veröffentlichten Rheinpfalz-Interview: „In meinen Augen kann sich die BASF in einem sensiblen Bereich wie der chemischen Industrie wegen der Komplexität ihrer Anlagen und mit Blick auf die Verflechtungen in der Verbundproduktion überhaupt keine Nachlässigkeit leisten. Da ist ein Betrieb auf den anderen angewiesen, sie stehen in enger Verflechtung. Insofern, glaube ich, wird man dem Konzern weder organisatorisches noch Führungsversagen vorwerfen können. Ursächlich für das Unglück waren wohl letztlich menschliches Versagen und sehr unglückliche Umstände.“
Die Sicherheitspolitik der BASF zwischen großem Aufwand, viel Erfolg, der Wette auf das Glück für gute Vierteljahreszahlen und „Höherer Gewalt“
Man kann der BASF nicht vorwerfen, dass sie nicht erheblichen Aufwand hinsichtlich Betriebs- und Arbeitssicherheit treibt. Die Mitarbeiterschaft wird ständig geschult und an sie wird ständig appelliert, sich sicherheitskonform zu verhalten. Zum Beispiel weiß jede*r Aniliner*in, dass er/sie bei Treppensteigen den Handlauf zur Hilfe nehmen soll. In der Tat sind in chemischen Unternehmen die spezifischen Chemieunfälle nur ein Bruchteil des Unfallgeschehens. Stolperunfälle, mechanische Verletzung mit Handwerkszeug etc. machen den Großteil aus (und können auch sehr viel Arbeitstage kosten). Und es soll auch nicht in Abrede gestellt werden, dass die BASF-Belegschaft die große Leistung vollbringt, den weltgrößten Chemiestandort in einer dichtbesiedelten Metropolregion tagtäglich zu betreiben, ohne dass die Emissionen früherer Zeiten stattfinden oder dass es jede Woche knallt und Funken sprüht. Aber dann kommt es eben doch 2016 zum größten Chemieunfall in der Republik seit 20 Jahren.
Während alle (in der Regel) den Handlauf benutzen (oder auch nicht), stellt sich bei einer Reparatur im Rohbündel die Frage, ob man nicht wenigstens die benachbarten Leitungen stilllegt. Der Schlosser könnte sich ja irren, wo er die Flex ansetzt, er könnte stolpern mit laufender Maschine oder einen Schwächeanfall erleiden. Auch könnte jemand die „Steckscheibe“ zum Absperren der zu reparierenden Leitung vergessen und das Hafenpersonal könne sich beim Anschließen eines Schiffes an das Rohrleitungssystem irren. Sicher ist sicher. (Die Staatsanwaltschaft wird dann ja die Schließung aller Leitungen verlangen, so lange sich ihre Beamten dort bewegen müssen). Aber diese Vorsichtsmaßnahme würde vielleicht einen zweistelligen Millionenbetrag Minderleistung bewirken. Ausgerechnet die Fernleitungen für Ethylen und Propylen liegen in der Nähe! Es könnte ja auch alles gut gehen! Tragischerweise klappte diese Wette hier nicht. Menschenleben gehen verloren und die Minderleistung des Standortes beträgt geschätzte 500 Mio. Euro. Aber der Korrespondent der FAZ weist ja zu Recht auf einen mäßigenden Faktor hin:
„Wegen der durch den Brand beschädigten Zuleitungen im Unglückshafen hat BASF sogenannten ‚Force-Majeure‘-Erklärungen für die Abnahme von Naphtha, Ethylen und Propylen herausgegeben. Damit soll die die in vielen Verträgen eingebaute ‚Höhere Gewalt‘-Klausel greifen: der Konzern wäre ohne Haftung von seinen Abnahmeverpflichtungen befreit (…) Vorsorglich wies der Konzern auf die finanzielle Absicherung für derartige Fälle hin. ‚BASF verfügt über eine Sachversicherung für eigene Schäden sowie eine Haftpflichtversicherung für Schäden bei Dritten‘, erklärte das Unternehmen auf Nachfrage. Diese Zusicherung dürfte weiter für Ruhe an der Börse sorgen. Seit dem tragischen Unglück hat sich der Aktienkurs kaum bewegt.“ (FAZ online 19.10.2016)
Fremdfirmeneinsatz und Subunternehmer: „In diesem Bereich spare sich die BASF kaputt“
In dem schon zitierten Interview der Rheinpfalz mit dem IHK-Hauptgeschäftsführer fragt die Zeitung:
„Speziell ältere Aniliner schütteln zunehmend den Kopf darüber, für welche Arbeiten inzwischen Fremdfirmen eingesetzt werden. Da fehle die Erfahrung, viele würden das Werk nicht gut kennen. In diesem Bereich spare sich die BASF kaputt, heißt es.
Beyer: Ich sehe gegebenenfalls ein Risiko in der Auswahl der Firmen. Im Vorfeld sollte man natürlich sicherstellen, dass Fremdfirmen über Personal verfügen, das Kompetenz und Berufserfahrung mitbringt.“
Das sieht ein mit den Verhältnissen in der BASF vertrauter Leser der Rheinpfalz in Erwiderung auf das Interview gänzlich anders:
„Das Vertrauen in die Sicherheitsvorkehrungen der BASF zeigt leider eine gewisse Blauäugigkeit, denn die Notwendigkeit, äußerst komplexe Sicherheitsregularien implementieren zu müssen, ergibt sich aus dem Fremdfirmeneinsatz an sich. Dabei spielen durchaus gesetzliche Regelungen aus dem Arbeitsrecht eine erschwerende Rolle. Alleine das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz schließt einen direkten Umgang mit den Mitarbeitern einer Fremdfirma grundsätzlich aus, will der zuständige BASF-Mitarbeiter keinen „Regelverstoß“ begehen. Das bedeutet den Aufbau zusätzlicher Schnittstellen. War es in der Vergangenheit so, dass der langjährig mit „seiner“ Anlage vertraute BASF-Meister im direkten Gespräch mit einem langjährigen, in der Regel gut geschulten Mitarbeiter vor Ort kommunizierte, so ist dies heute praktisch nicht mehr möglich.“ (Rheinpfalz 29.10.16) Hier ist das Problem der Schein-Werkverträge angesprochen. Aber die BASF möchte auf die 8.000 Fremdfirmen-Mitarbeiter*innen als „atmende“ Größe bei 35.000 BASF-Mitarbeiter*innen nicht verzichten. Sie sind preisgünstiger und flexibler. Manche*r sammelt da im Laufe von Jahrzehnten als „Kontrakter“ bei der BASF viel Betriebserfahrung. Aber der zitierte Leserbriefschreiber weist auch auf die andere Seite hin: „Eine weitere Klippe, die Herr Beyer sorgfältig umschifft, ist die Tatsache, dass Kontraktoren aufgrund des Preisdrucks gerne auf preiswerte ‚Subunternehmer‘ zurückgreifen. Spätestens hier stößt eine Kontrolle mittels Zertifizierung an ihre natürlichen Grenzen. Da kann es durchaus passieren, dass Mitarbeiter eines Kontraktors auf Baustellen angetroffen werden, die nicht einmal wissen, für welche Firma sie tätig sind.“
A propos Wetten auf das Glück: Gascade ist hier Meisterin: „Die Ermittler sahen Klärungsbedarf für die restliche Leitung und gaben im Mai 2015 die Ergebnisse des Gutachtens über die Pipeline-Dicke an die Energieaufsichtsbehörde im Wirtschaftsministerium in Mainz weiter. Denn die Pipeline war nur drei Tage nach dem Unglück wieder repariert und lief zu diesem Zeitpunkt bereits seit einem halben Jahr wieder. Das Ministerium verfügte sofort eine Drosselung des Drucks von 84 auf 10 bar und veranlasste eine Prüfung der 55 Kilometer langen Leitung, die von Ludwigshafen nach Karlsruhe führt. Die fand im Juni/Juli 2015 statt, dafür wurde die Leitung stillgelegt und ausführlich untersucht. Ergebnis: Die Pipeline war ausreichend dick und kann mit vollem Druck betrieben werden.“ (Rheinpfalz 21.10.16)
So bleibt es dabei: Um die Arbeits- und Betriebssicherheit muss tagtäglich gekämpft werden. Die sind wichtiger als gute Quartalszahlen für die Börse. Und um Kontraktoreneinsatz kümmert sich i.d.R. nicht der Staatsanwalt – er ist ja Rechtens. Es ist eine Frage der Politik, ob dies und manches andere „Rechtens“ ist.
Thomas Trüper