Energiekonzepte FRANKLIN und Spinelli – tauglich für 2050?
Am 2. Juli befasste sich der Unterausschuss Konversion des Mannheimer Gemeindrats u.a. mit dem Energiekonzept FRANKLIN und Spinelli auf Grundlage eines mündlichen Berichts von Dr. Alexander Kuhn, MVV Energie AG. Diese mehrheitlich in kommunalem Eigentum befindliche Gesellschaft wurde von der Stadt im Zuge der Planungen zur Gestaltung des Konversions-Quartiers „Franklin“ bereits vor Jahren beauftragt, dort die energetische Entwicklung zu planen und koordinieren. Es soll ein umfassender Ansatz sein Richtung Stromversorgung, Wärme, Mobilität, und alles „intelligent“ gesteuert.
Herr Kuhn sprach folgende Aspekte an:
- Das Niedertemperatur-Wärmenetz findet bei den Investoren großes Interesse. Gemeint ist hier das Konstrukt der „Grünen Fernwärme“, deren Primärenergie-Kennziffer durch die Einführung einer PV-getriebenen zusätzlichen Wärmequelle aus Wärmepumpen abgesenkt wird (das Kommunalinfo berichtete). Dahinter steckt die mehrheitliche politische Entscheidung des Mannheimer Gemeinderats, Franklin an das nun einmal bestehende kohlebefeuerte GKM-Fernwärmenetz anzuschließen.
- Die Lade-Infrastruktur für e-mobility werde aufgebaut
- Es werde eine Sektorverbindung zwischen Strom, Wärme und Mobilität realisiert
- Intelligente Zähler werden eingebaut, die es den Abnehmern ermöglichen, den Stromverbrauch z.B. an die Netzauslastung anzupassen.
- Carsharing: Hier laufen die ersten Elektroautos, jedoch sei – auch aufgrund der noch lauenden Aufsiedlung – die Nutzung „verbesserungsfähig“.
Für Spinelli solle es ein Nahwärme-Netz geben, ebenfalls mit Vorlauftemperaturerhöhung aus Photovoltaik (PV), aber eben Anschluss an das GKM-Fernwärmenetz. Der Begriff „Insellösung“ für Baufeld 1 fiel. Auf die Frage der LINKEN, ob denn nicht z.B. an ein Biomethan-Block-Heiz-Kraftwerk gedacht sei, das das „Nahwärmenetz“ versorgen könne, intervenierte der Oberbürgermeister, der zuvor das Ziel „Dekarbonisierung der Fernwärme“ formuliert hatte: Erstens gehe es hier nicht darum, in einer „virtuellen Stadt“ (sprich in Wolkenkuckucksheim) zu planen, sondern in einer Real-Stadt mit 70% Fernwärmeanschluss, und zweitens habe gerade letztes Jahr die niederländische Regierung „Gasversorgung“ für neue Wohngebiete untersagt. Diese Einlassung macht deutlich, dass mehrere Seelen in der OB-Brust wohnen (wohlwollend ausgelegt), und dass zweitens allzu schnell die Keule des Utopismus-Vorwurfs geschwungen wird. Der OB selbst wies darauf hin, dass die Quartiere Franklin und Spinelli auch 2050 noch aktiv seien und somit dem Klimaziel 2050 minus 2°C dienen müssten. Mit Denkblockaden wird dies allerdings nicht zu erreichen sein.
Immerhin: Der OB erkundigte sich auch nach den Möglichkeiten von Mieterstrom (dezentrale Stromversorgung unter Einschluss eigener PV), und ob eine Quote von 50% der Dachflächen für PV erreichbar seien. Dr. Kuhn beurteilte die Möglichkeit der Mieterenergie sehr skeptisch. Der stünden die Liberalisierung des Strommarktes ebenso entgegen wie die oft „tragischen“ gruppendynamischen Entwicklungen in genossenschaftlichen Zusammenschlüssen. Auch sei die Förderung von Genossenschaften nicht das Kerngeschäft der MVV Energie.
Damit hat er zweifelsfrei Recht und macht aber gleichzeitig deutlich, dass für ein wirklich zukunftsweisendes Energiekonzept auf Spinelli (wo das Eisen derzeit noch schmiedbar ist) eine Emanzipation von der MVV Energie erforderlich ist. Ein kleiner Lichtblick war die Ankündigung des Konversionsbeauftragten der Stadtplanung, Ammer, man werde ein Symposion zu Energiefragen durchführen. Hier wäre dringend zu empfehlen, z.B. die Erfahrungen auf dem Sektor Bürger-Energie in Heidelberg auf die Tagesordnung zu setzen.
Wenn die Stadt Mannheim ein zukunftsweisendes und zukunftssicheres Energiekonzept auf Spinelli umsetzen möchte – und das ist ein Muss – dann muss sie auf Avantgardisten setzen und nicht auf Fachleute für Gemächlichkeit und Konzerninteressen.
A propos Dekarbonisierung: In diesem Zusammenhang sei auf die neue Broschüre „Klimawende von unten“ verwiesen, deren Abschnitt über das GKM bzw. die MVV Energie AG nachfolgend dokumentiert wird.
(Thomas Trüper, Stadtrat DIE LINKE)
Das Großkraftwerk Mannheim
Das Fernwärmenetz der Metropolregion Rhein-Neckar ist eines der größten in Europa und hangt an einem der klimaschädlichsten deutschen Kraftwerke, dem Groskraftwerk Mannheim. Dessen Warme fliest in über 60 Prozent der Mannheimer Haushalte, aber auch bis nach Heidelberg, Schwetzingen und Edingen-Neckarhausen. Wenn diese städtischen KundInnen aufgrund von Bürgerbegehren abspringen, kommt das Großkraftwerk in Bedrängnis.
Beim überregionalen Versorger namens Fernwarme Rhein-Neckar GmbH haben die verschiedenen Kommunen kein direktes Mitspracherecht. Falls in den Gesellschaftsverträgen nichts anderes festgelegt ist, haben sie es aber auf der Ebene ihrer jeweiligen lokalen Wärmenetze. Im Folgenden werden die Ansatzpunkte für die einzelnen Kommunen skizziert. Die Stadt Mannheim hat über ihre Stellung als Alleingesellschafterin der MVV GmbH vollen Einfluss auf deren Tochtergesellschaft MVV Verkehr GmbH. Diese hat mit einer Beteiligung von 50,1 Prozent die Mehrheit in der Hauptversammlung des lokalen Netzbetreibers MVV Energie AG.
Ein Bürgerbegehren konnte daher darauf abzielen, dass die Stadt Mannheim ihren gesellschaftsrechtlichen Einfluss auf die MVV Energie AG dahingehend ausübt, dass diese so bald wie möglich keine Wärme aus dem Großkraftwerk Mannheim oder anderen Kohlekraftwerken mehr in das Fernwärmenetz Mannheim einspeist beziehungsweise durchleitet. Sie kann in einem Hauptversammlungsbeschluss klarstellen, dass sie eine solche Entscheidung wünscht und dies mit der Ankündigung verbinden, dass der Vorstand andernfalls nicht entlastet wird. Zugleich könnten wir die Stadt verpflichten, die Gesellschaftsverträge der MVV GmbH und der MVV Mannheimer Verkehr GmbH zu ändern, deren alleinige Gesellschafterin sie direkt und indirekt ist. Beide sollten sich danach nicht mehr an einer Gesellschaft beteiligen dürfen, die Kohle-Wärme einspeist, und sich aktiv für den Abschied von dieser Wärmeerzeugungsform einsetzen.
Die Stadt Heidelberg ist Eigentümerin der Stadtwerke Heidelberg GmbH und als solche zu 94,9 Prozent an der Netzgesellschaft beteiligt. Sie kann damit die Geschäftsführung anweisen, keine Wärme mehr aus dem überregionalen Fernwärmenetz zu beziehen, für den Fall, dass es weiter aus dem Kohlekraftwerk Mannheim beliefert wird. Dazu können wir sie per Bürgerbegehren auffordern.
Quelle: „Klimawende von unten. Wie wir durch direkte Demokratie Klimapolitik in die Hand nehmen“, S 63. Kooperationsprojekt herausgegeben von Umweltinstitut München e.V. | BürgerBegehren Klimaschutz e.V. | Mehr Demokratie e.V.