Frauen gegen Rechts Rhein-Neckar setzten ein klares Zeichen gegen AfD-Veranstaltung in Mannheim (mit Bildergalerie und Kommentar)
Am 06.09.19 hatte der Kreisverband der AfD Mannheim die wegen eines Spendenskandals in Kritik stehende Partei-Vize und mit einer Frau in Partnerschaft lebende Alice Weidel, sowie den Spitzenkandidaten bei der Sachsenwahl vor einer Woche, Tino Chrupalla, als Redner eingeladen.
Diesen Umstand wollten viele Menschen in der Rhein-Neckar-Region nicht unbeantwortet lassen. Rund 300 Personen kamen zum Gegenprotest der Frauen gegen Rechts Rhein-Neckar. Zwei weitere Kundgebungen waren an diesem Tag angemeldet. Ob und wo diese stattfanden war für den KIM-Reporter nicht festzustellen.
Es gab auch Kritik an den Gegenprotesten. Zudem sollen Frauen bei der Parteiveranstaltung in der Kulturhalle Mannheim-Feudenheim von Männern körperlich angegriffen worden seien.
„Lesben gegen Alice Weidel – Kein Platz für Nazi-Propaganda“
war auf einem Transparent auf der Lkw-Bühne der Veranstalter zu lesen. Dieses Motto stand sinnbildlich für einen wesentlichen Querschnitt der Teilnehmerinnen am Gegenprotest, der auch kritisiert wurde (Siehe Kommentar). Darüber hinaus wurde der Protest von zahlreichen Organisationen getragen und vor Ort unterstützt durch:
ILSE Rhein-Neckar e.V., Frieda e.V., CSD Rhein-Neckar e.V. und dem Queerfeministischen Kollektiv Heidelberg, sowie von der Arbeitsgemeinschaft Heidelberger Frauenverbände und -gruppen, SPD Heidelberg, DIE LINKE Heidelberg, Jusos Heidelberg, Offenes Antifaschistisches Treffen Mannheim, SPD Mannheim-Feudenheim, Linksjugend [’solid] Heidelberg/Rhein-Neckar, Bündnis 90/Die Grünen Heidelberg, Queerdelta, Queeres Netzwerk Heidelberg, DIE LINKE Mannheim, Grüne Jugend Heidelberg, AfD Watch Heidelberg, Jusos Rhein-Neckar, SPD Rhein-Neckar, DIE LINKE Ludwigshafen und Aufstehen gegen Rassismus Rhein-Neckar (Stand 03.09.19). Aufgerufen den Protest zu unterstützen hatte auch das Bündnis Mannheim gegen Rechts. Die Ortsgruppe der VVN-BdA Mannheim war ebenfalls vor Ort vertreten.
Starke Frauen und Rednerinnen ergriffen das Wort – wortwörtlich und auch musikalisch
Laut und deutlich und sehr individuell fielen die verschiedenen Redebeiträge aus, die ausschließlich von Frauen gehalten wurden. Männer als Redner waren an diesem Abend unerwünscht. In allen Beiträgen brachten die Rednerinnen ihre Abneigung gegenüber der rechtsradikalen AfD (Alternative für Deutschland) zum Ausdruck. Zusammengefasst: „Keineswegs ist diese Partei eine Alternative für emanzipierte und feministisch eingestellte und agierende Frauen, sondern der komplette Gegenentwurf. Homophobie und Rechtsradikalismus seien bei dieser Partei an der Tagesordnung“.
Musikalisch untermauert wurde das Programm durch Auftritte des Duo „Antenne Lila“ und von einer in Mannheim bekannte Sängerin und gesellschaftspolitische Aktivistin.
„Es gibt kein Recht auf Jubel für Redner, wenn man es ernst mit der Demokratie in einer öffentlichen Veranstaltung meint, aber wir wissen ja, dass das Demokratieverständnis der AfD ein seltsames ist.“
So ein Zitat aus der Berichterstattung der AfD-Watch Heidelberg. Weiter berichtete AfD-Watch Heidelberg am 07.09.19: „Wer den Raum nicht verließ, hörte sodann eine Rede von Tino Chrupalla von der AfD aus Sachsen. Ihm wird eine große Zukunft in der Partei prophezeit. Nachfolger Gaulands, möglicherweise. Ich glaube das ja nicht so wirklich.
Die Rede des Herrn war… seltsam. Aber auf spezielle Art doch nicht völlig uninteressant.
Er sei vom Protest überrascht. Wie schwer es die AfD im Westen habe, das kennt der Herr Chrupalla nicht aus Sachsen, erfuhr man. Für die AfDen in Mannheim eine Steilvorlage, um sich mal so richtig als Opfer zu fühlen. Wenn man die AfD allerdings nicht bemitleidet, dann war’s ein „Aha! Sieh an.“-Erlebnis.
Chrupalla faselte viel vom „Mittelstand und Handwerk“ und von „hidden champions“ von denen Baden-Württemberg ja viele habe und er träumte davon, dass sie sich vielleicht auch in Sachsen verstecken könnten. Also nicht eigene „hidden champions“ sondern die aus Baden-Württemberg.
Er habe zum ersten Mal kürzlich in einer AfD-internen Runde von Nicht-Sachsen gehört, dass der Tourismus für die Lausitz ein ausbaubarer Wirtschaftsfaktor sein könnte, sagte der Mann (klar, kann einem schon mal entgehen, wenn man ansonsten davon träumt, die Landschaft mit Braunkohlebaggern abzugraben).
Irgendwie hatte er auch nur den Anfang seiner Rede etwas auf den Veranstaltungsort angepasst. Schon kurze Zeit später erzählte er, dass man hier „im ländlichen Raum“ sei. Nochmal zur Info: Chrupalla sprach in Feudenheim, einem Stadtteil von Mannheim, einer der Großstädte in der Metropolregion Rhein-Neckar. Einer Gegend, die eines der größten deutschen Wirtschaftszentren darstellt. Aber hey! Sind bei der AfD nicht alle irgendwie abgehängt?
Dann wurde Max Otte zitiert (https://de.wikipedia.org/wiki/Max_Otte) – das ist der, der für die AfD das „neue Hambacher Fest“ organisiert. Es gebe einen „Wirtschaftskrieg gegen Deutschland“ erklärte Chrupalla und dass das „traditionelle mitteleuropäische Wirtschaftsmodell“ in Deutschland zugunsten des angelsächsischen nach dem Krieg aufgegeben worden sei.
Nicht freiwillg, wohlgemerkt. Es schwingt in diesem Redeteil was mit, das nichts mit Wirtschaft zu tun hat. Es ist außerdem eine dieser Äußerungen, wie sie alle AfD-Reden enthalten. Klingt irgendwie wichtig, aber wovon eigentlich gesprochen wird, das weiß die Fanbase nicht. Was sie aber hört und versteht ist das was GEMEINT ist. Es geht dabei nicht um Wirtschaftssysteme. Um das allerdings auszuführen, mache ich vielleicht nochmal einen eigenen Text. Wir können auch gern in den Kommentaren darüber sprechen.
Und dann wurde es in Chrupallas Rede endgültig absurd: Man wolle in Sachsen nicht, dass sich dort große Wirtschaftsunternehmen ansiedeln, sagte er. Sowas wollen nur Linksgrünversiffte.
Man wolle in Sachsen auch kein Geld, „wir wollen nicht gekauft werden.“ Das sei nicht der Grund, warum die AfD gewählt werde. … WAS allerdings der Grund ist, aus dem sie dann gewählt wird, das verrät er nicht. Man kann nur spekulieren.
Mit diesem großen Fragezeichen endete Chrupalla. Es folgte Weidel und der Wahn nahm weiter seinen Lauf.
Auch Alice Weidel stieg ein mit der Feststellung, dass es in Brandenburg und Sachsen im Gegensatz zu hier, „himmlische Verhältnisse für die AfD“ gibt. Die Säle seien voll und alle haben sich lieb, sagte sie. … Tja. Wer sich also fragt, was man am besten gegen die AfD unternimmt, darf 2 und 2 zusammenzählen.
Ein bisschen absurd war Weidels Lobhudelei für die AfD in Mannheim. Das sei einer der aktivsten Kreisverbände und man habe da ein Direktmandat in der Landtagswahl 2016 gewonnen. Dafür dankte sie besonders Robert Schmidt. Ob das nun innerparteiliche Taktik ist oder offenbart, wie völlig ignorant Weidel für die tatsächlichen Verhältnisse in Mannheim ist… man weiß es nicht.
Manche von Euch werden es wissen, aber für alle andern: Das Direktmandat gewann Rüdiger Klos im Wahlkreis Mannheim I. Klos und Schmidt sind sich spinnefeind, weil Klagen-Klos Schmidt für total unfähig hält und umgekehrt. Klos überzieht seine eigene Partei in Mannheim regelmäßig mit Klage(drohungen) und schmeißt Dreck so viel und so oft er kann.
Es folgte ein Loblied auf die unfassbare Arbeit der AfD im Bund und dann kam der völlig irre Teil: Weidel rief zu Spenden in der Veranstaltung auf. Nochmal im Klartext:
SPENDENAFFÄRE-Alice RUFT ZU SPENDEN auf.
Sie sagte, man möge zusehen, dass das Geld „leise fällt“… heißt: Kleingeld könnt Ihr behalten, wir wollen Scheine. Es machte sich ein paar Helfer mit Spendenkörbchen auf, die sie, wie in der Kirche, durch die Reihen gehen ließen.“ (Zitat Ende)
AfD Watch Heidelberg bei Facebook: https://www.facebook.com/afdwatchhd/
Unter dem Strich haben Gegendemonstranten den Rechten die Plätze weggenommen. Mehrfach war durch Polizeidurchsagen mitgeteilt worden, dass der Veranstaltungsraum vollständig belegt sei und keine weiteren Personen Zugang erhalten könnten.
Dies mussten diverse Nachzügler erfahren; u.a. auch Dr. Malte Kaufmann von der AfD Heidelberg.
Maskuline Angreifer attackieren Frauen?
Unabhängig voneinander berichten Augenzeugen von körperlichen Angriffen gegen Frauen bei und während der AfD-Veranstaltung. Eine Polizeimeldung hierzu fehlt bei Redaktionsschluss zu diesem Bericht. Zwecks Nachrecherche können sich insbesondere die betroffenen Frauen vertraulich bei der KIM-Redaktion unter redaktion[at]kommunalinfo-mannheim.de melden.
Kommentar:
“Das Männer als Redner bei den starken Frauen nicht erwünscht waren, hat potenzielle Redner, die etwas Pro-feministisches vortragen wollten, enttäuscht. Vor Ort engagiert dabei waren sie trotzdem, die Abgelehnten.
Abgelehnt wurde auch ein Bild, welches eine als quasi regelmäßige Besucherin von AfD-Veranstaltungen in Mannheim als solche und zu bezeichnende Frau, in der KIM-Vorabberichterstattung mit ihrem Lebensgefährten zeigte. „Ihr Chef hätte ihr den Besuch der AfD-Veranstaltung verboten. Sie fürchte um ihren Arbeitsplatz“. Selbstbewusstsein und „Mut zur Wahrheit“ klingen für mich anders. Die Sorge, um ihren Lebensgefährten, den sie auch nicht abgebildet sehen wollte, kann ich nicht nachvollziehen. Bei diesem handelt es sich um eine Person, die 2014 für die AfD bei den Gemeinderatswahlen angetreten ist und mehr Stimmen erhielt, als damals der NPD-Kandidat und mittlerweile abgewählte Christian Hehl.
Was gar nicht geht. Der KIM-Leser Tobias L. bemängelt, dass er von Gegendemonstranten „als Behinderter“ bezeichnet wurde, als er versuchte die Parteiveranstaltung zu besuchen. Seine Forderung per FB-Nachricht lautete, dass die KIM-Redaktion hierüber berichten solle (was wir hiermit getan haben) und des weiteren von dieser Redaktion persönliche Kontaktdaten von den Veranstaltern des Gegenprotests verlange, um seine Kritik noch deutlicher kund zu tun. Diesem weiteren Wunsch konnte ich nicht entsprechen, weil KIM seit 30 Jahren als das maßgebliche linke Print- und Onlinemedium in der Rhein-Neckar-Region agiert und absolut vertrauenswürdig berichtet, aber sich noch nie als beliebige Kontaktbörse disqualifiziert hat.
Ein Beobachter der Geschehnisse kritisierte (sinngemäss): “Die Männer vom CSD Rhein-Neckar machen gerne Party; heute lassen sie die Frauen das Ding alleine machen.” In der Tat, auch ich habe keine mir bekannten männlichen Protagonisten des CSD Rhein-Neckar an diesem Abend in MA-Feudenheim gesehen. Wo waren diese?”
Bildergalerie:
(Bericht und Kommentar: Christian Ratz / Bilder: Christian Ratz und Emrah Durkal)