Corona-Rebellen erstmals in Ludwigshafen aktiv: Unverantwortliche Eltern und „Querdenker“ Hand in Hand mit Rechtsextremisten
Am 09.10.20 fand der erste Aufmarsch von GegnerInnen der Covid19-Pandemie-Schutzmassnahmen in Ludwigshafen/Rhein statt. Aufgerufen wurde dazu in diversen einschlägig bekannten rechtslastigen Telegram-Kanälen. VertreterInnen von „Eltern stehen auf“, „Querdenker 621“ aus dem Rhein-Neckar-Raum und Rechtsextreme machten gemeinsame Sache. Es ging den Protagonisten im Kern nur darum Desinformation zu verbreiten und eine persönliche Fehde mit einem mutmaßlichen Ex-Arbeitgeber öffentlich auszutragen. Die großspurig zuvor angekündigte Öffentlichkeitswahrnehmung verpuffte im Nichts.
Besorgte Eltern?
Vordergründig und fadenscheinig wurde das Wohl von Kindern in Schulen und Kindergärten thematisiert. Abstand halten und Masken tragen, zum Schutz aller Menschen, davon hielten die Protagonisten am 09.10.20 rein gar nichts. Von „Strangulierung“ und „Nötigung“ und der „fehlenden 100%igen Garantie von Herstellern von Schutzmasken, dass diese gegen Covid19 schützen“ wurde schwadroniert. Skandiert wurde lautstark „Schulleitung und Lehrer“ (der Ernst-Reuter-Schule) sollen aus ihren Löchern kommen, um sich zu erklären“.
Angebotene Flyer mit den bekannten stereotypen Inhalten (auch aus dem Hause des Sinsheimer Schwindelarzt Bodo Schiffmann) wurden feilgeboten und fanden jedoch kaum AbnehmerInnen.
Verantwortlich handelnde Eltern und Lehrkräfte sind Alltagshelden – von denen waren keine bei den Corona-Rebellen
Anstatt den Eltern und Lehrkräften in schwierigen Covid-19-Zeiten Respekt und Anerkennung zu zollen, wurde genau gegen diese Personengruppen mobil gemacht. Unverständlich für die breite Öffentlichkeit – jedoch genau dem Plan folgend, den diese Gruppierungen verfolgen: „Aufstand gegen die Regierenden“.
Entgegen der ursprünglichen Ankündigung der Corona-Rebellen wurden nur Reden vor einer Schule in Ludwigshafen-Gartenstadt gehalten. Alle übrigen zuvor angekündigten Punkte entfielen wegen Absage. Dennoch trafen sich Grüppchen von Menschen an den angekündigten Versammlungsorten ohne, dass diese von der Polizei oder der Ordnungsbehörde kontrolliert worden wären. Ein klarer Verstoß gegen das Versammlungsrecht.
Widerliche Bezüge zur NSDAP-Diktatur
Ein Redner vor der Ernst-Reuter-Schule bedankte sich bei den „mutigen AktivistInnen“. Sinngemäß formulierte dieser: „Es wäre nach 80 Jahren wieder soweit. Menschen würden ihren Job verlieren, weil sie sich zu Wort melden…Menschen würden zuhause abgeholt werden, weil sie ihre Meinung sagen.“
Ernst Reuter (1889 -1953) war Mitglied der KPD, der USPD und später der SPD. Ab 1948 war er Oberbürgermeister von Berlin.
Fehlende Abgrenzung nach Rechts
Vollkommen verspielt hatten sich die Protagonisten ihre Glaubwürdigkeit durch die fehlende Abgrenzung und ermöglichte Infiltrierung durch Rechtsextreme.
Kein Problem schienen die Anmelder aus dem Umfeld von Nicole F. (Eltern stehen auf) und den Querdenkern aus Mannheim damit zu haben, dass auch VertreterInnen aus dem rechtsextremen, antiziganistischen Spektrum sich an ihrem letztendlich wirkungslosen, mehrstündigen Aktionstag beteiligten.
Marc M. samt Anhang unterstützte die Aktion am 09.10.20.. Marc M. ist u.a. bekannt als Aktivist in Frankenthal (Pfalz) der rechtsextremen Kleinstpartei „Pro Deutschland“, die sich 2017 aufgrund von rechtsextremistischen Bestrebungen kurz vor deren Verbot auflöste. Den Mitgliedern empfahl die Parteispitze damals den Übertritt zur AfD.
Die Ludwigshafener Unternehmerin Angelika R.-E. macht seit Jahren keinen Hehl aus ihrer Gesinnung. 2017 äußerte sie sich antiziganistisch bei einer öffentlichen Veranstaltung, weil Sinti-Roma-Musiker auftraten. Ab 2018 ist dokumentiert, dass sie an Aufläufen des rechtsextremen Frauenbündnis Kandel teilnahm. Am 09.10.20 nahm sie an der abgesagten Kundgebung vor dem Kindergarten in LU-Maudach teil und verstieß damit, wie alle anderen TeilnehmerInnen auch gegen das Versammlungsgesetz.
Persönliche Fehde gegen den Ex-Arbeitgeber als Auslöser für Corona-Rebellen – Kindergartenkoch gekündigt wegen Teilnahme an Querdenken-Demo in Berlin?
Diese Person, die auch Medienvertretern gegenüber am 09.10.20 feindselig auftrat, behauptete bei YouTube „Opfer zu sein“. Mutmaßlich wurde dieser Person der Job gekündigt, nicht weil er an einer Querdenken-Kundgebung in Berlin teilnahm, sondern weil er sich gegen die Hygieneauflagen seines eventuellen ex-Arbeitsgebers nicht halten wollte. In einem rund 10-minütigen YT-Video beklagt er seine Misere nach der „Kündigung“. Er könne (sinngemäß) jetzt keine Kredite mehr zurückbezahlen…Sein Arbeitgeber sei Schuld und auch alle Kollegen, die in „dennonziert“ hätten,…diesen (seinen ex-Kollegen) unterstellt er „Gangbang-Praktiken“ mit denen sie die Kinder anstecken könnten.“
KIM wird den Betreiber des Kindergartens zu den Umständen befragen.
Fazit:
Der Zenit der „Corona-Rebellen“ scheint wohl im Sommer 2020 überschritten worden zu sein. In Mannheim, Heidelberg sind die „Rebellen“ abgemeldet. Auch in Viernheim, Walldorf und Sinsheim folgen kaum noch Menschen ihren Aufrufen. Auch Dank des andauernden, demokratischen und antifaschistischen Widerstands jeweils vor Ort. Unkritisch sollte man auch weiterhin nicht bleiben, die nächsten Demotermine der „Corona-Rebellen“ stehen schon fest. TeilnehmerInnen, die einem Hippi-Camp der 1970er-Jahren entsprungen sein könnten, machten den 09.10. in Ludwigshafen vollends zum Witz mit „Love, Peace und Happiness“.
(Bericht: c.r. / Fotos: c.r. und wie angegeben)