Brennende Israelfahnen und Pfefferspray: Eskalation bei FreePalestine-Demo in Mannheim [mit Video und Bildergalerie]
Eine Demonstration in Solidarität mit Palästina hat am Samstag ein unfriedliches Ende gefunden. Nach einer Kundgebung auf dem Friedensplatz eskalierte die Lage. Es gab zahlreiche Verletzte und Festnahmen. Die Veranstalter*innen hatten mit wesentlich weniger Teilnehmer*innen gerechnet und auf einen friedlichen Verlauf gehofft. Auf der Veranstaltung prägten jedoch radikale Islamist*innen das Bild. Die Polizei beendete die Veranstaltung vorzeitig.
Hunderte kamen, 150 waren angemeldet
Mit dem Motto „FreePalestineMannheim“ wurde die Kundgebung auf dem Friedensplatz vor allem über Instagram beworben. Es sollte auf die „Unterdrückung des palästinensischen Volkes“ und den aktuellen militärischen Konflikt im Nahen Osten, ausgelöst durch Konflikte um Wohnraum im Jerusalemer Stadtteil Sheikh Jarrah, hingewiesen werden. Die Veranstalter*innen forderten einen Rückzug der israelischen Siedler*innen und ein friedliches Zusammenleben der verschiedenen Religionen. Doch die Forderungen nach Frieden waren später zwischen „Allahu Akbar“-Rufen nicht mehr zu hören.
Die Kundgebung war für 150 Personen angemeldet und schon auf dem Weg zum Friedensplatz war klar zu sehen, dass weit mehr Personen kommen werden. Die Polizei sperrte einzelne Bereiche ab, hielt Ankommende zunächst zurück und ließ sie später doch auf den Platz. Genauer gesagt, auf einen hinteren Teil des Parkplatzes in Höhe Carl-Benz-Stadion.
Video: Eskalation nach FreePalestine-Kundgebung in Mannheim | Linke zu Youtube: https://youtu.be/F0ApBVlxds8
Heterogenes Publikum, viele von außerhalb angereist
Auf und um die Bühne herum waren vor allem junge Menschen zu sehen, die versuchten, die Menge unter Kontrolle zu halten. Einige der Organisator*innen waren auch bei den Black Lives Matter Protesten im letzten Jahr dabei. Es gab zahlreiche Aufrufe von der Bühne herab, friedlich zu bleiben, keine rassistischen und antisemitischen Reden zu halten und keine religiöse Propaganda zu machen. Doch genau das passierte.
Die Kundgebung kippte schnell in religiös-fanatische und antizionistische Hetze. Zwar gab es immer wieder von den Veranstalter*innen Hinweise, auf die „Kindermörder Israel“ Schilder zu verzichten. Kurz darauf skandierte jedoch ein Redner selbst von der Bühne lauthals „Kindermörder Israel“ – die Menge grölte mit.
Mit viel Mühe gelang es den Veranstalter*innen ihr Programm durchzuziehen. Der Inhalt der Reden drehte sich vor allem um die schwierige Situation der Palästinenser*innen in Israel und den Autonomieregionen. Es wurde sich um Einheit bemüht: „Wir danken allen, die heute hier sind und ihre Stimme gegen die Besatzungsmacht Israel erheben.“ sagte eine Rednerin. Dafür gab es Applaus.
Doch immer wieder wurden die – zum großen Teil von Frauen gehaltenen Reden – von „Allahu Akbar“- und anderen Zwischenrufen unterbrochen. Unbeteiligte kletterten auf die Bühne und versuchten, das Programm zu übernehmen. „Wir werden Allah noch preisen, habt Geduld“, sagte einer, der das Mikrofon ergattern konnte. Höhepunkt der Vereinnahmung war eine Art Vorbeter, der offenbar nicht zum geplanten Programm gehörte, aber doch auf die Bühne durfte. Er redete ohne Ende, immer wieder das gleiche: Der Koran sei das einzige Gesetz. Nur daran dürften sich Muslime halten. Das eigentliche Thema der Veranstaltung ging unter.
Zur Wahrheit gehört heute auch, dass ein islamistischer Fundamentalist auf der #Freepalestine-Demo in #Mannheim reden durfte. Wenn man sich gegen Antisemitismus und Fundamentalismus ausspricht, darf man diesen Leuten keine Bühne bieten. Wir sind dann raus.#ma1505 pic.twitter.com/rFpp9xBNxv
— Antifa Report Pfalz (@antifa_rp) May 15, 2021
Ein Islamist auf der Bühne | Quelle: Antifa Report Pfalz auf Twitter
Zwischenzeitlich gab es teils handfeste Auseinandersetzungen unter den teilnehmenden Personen. Regierungstreue Syrer*innen lieferten sich verbale Gefechte mit Erdogan-treuen Türk*innen. Männer mit Hizbollah-Stirnbändern standen sunnitischen Islamist*innen gegenüber. Immer wieder gab es Schubsereien. Die Emotionen kochten hoch. Die Veranstalter*innen suchten Unterstützung bei der Polizei. Diese schritt ein und trennte verfeindete Gruppen auf dem Platz. „Die meisten sind von außerhalb angereist“, sagte später ein Polizeisprecher dem KIM.
Veranstaltungsende mit Knüppel, Pfefferspray und Festnahmen
Gegen 17:30 Uhr beendete die Polizei die Veranstaltung per Durchsage von der Bühne. Alle Menschen auf dem Platz sollten sich in kleinen Gruppen entfernen. Jede Folge- oder Ersatzveranstaltung sei ebenso untersagt. Doch statt einem friedlichen Ende eskalierte die Lage endgültig. Israelfahnen wurden ausgepackt, angezündet und ein Mob junger Männer trampelte wie wild geworden darauf herum. Die Polizei schritt sofort ein und beendete die Aktion mit Schlagstöcken. Es kam zu Gerangel, Festnahmen, Steinwürfen und die Polizei trieb die Menge mit Pfefferspray.
Dabei gab es einige Verletzte. Da die Polizei an verschiedenen Stellen den Platz absperrte, wussten viele Teilnehmer*innen nicht, wie sie das Veranstaltungsgelände verlassen sollten. Manche wurden von der einen Polizeikette zur nächsten getrieben und bekamen Prügel von allen Seiten. Nach und nach bewegte sich ein Großteil der Personen über die Theodor-Heuss-Anlage in Richtung Innenstadt. Es begann ein Katz-und-Maus-Spiel mit nicht genehmigten Demonstrationszügen. Die Polizei setzte an verschiedenen Stellen kleinere und größere Gruppen fest. In der Augustaanlage wurden mehr als 300 Personen festgehalten und erkennungsdienstlich behandelt. In der gesamten Innenstadt löste die Polizei kleinere Ansammlungen auf. Über der Stadt kreiste am Abend ein Hubschrauber. Auch vor der Synagoge in den F-Quadraten musste die Polizei Einsatzkräfte abstellen. (cki)