Interview: Erwin Eckerts Kampf für Frieden und Demokratie

Am Freitag, 21. Okt. 2022 ist der Marburger Historiker und Erwin Eckert Biograf auf Einladung des Erwin-Eckert-Forums (EEF) und des Kirchlichen Dienstes der Arbeitswelt (KDA) nach Mannheim gekommen und sprach zum Thema: „Erwin Eckerts Kampf für Frieden und Demokratie!“

Kommunalinfo führte im Vorfeld der Veranstaltung ein Interview mit Maximilian Heßlein vom KDA Mannheim und Fritz Reidenbach vom Kreisvorstand der VVN-BdA Mannheim.

 

Warum führt der KDA und das EEF eine weitere Veranstaltung zu Erwin Eckert durch?

Erwin Eckert

Max Heßlein: Erwin Eckert gehört zu den Menschen Mannheims, die wir nicht vergessen sollten, weil sie in einer schwierigen und konfliktiven Zeit gegen erhebliche Widerstände und berufliche Nachteile intensiv für die Menschen gerungen haben, die ausgebeutet und geknechtet wurden. Erwin Eckert stritt bis an sein Lebensende für eine bessere Welt. Er tat dies als Christ, als religiöser Sozialist und im weiteren Verlauf seines Lebens als Kommunist, was letztlich zum Verlust seines Amtes innerhalb der Evangelischen Kirche geführt hat. Deswegen steht es auch der Kirche gut an, seiner immer wieder neu zu gedenken. Eckert blieb seinem Glauben ja verbunden, obwohl die Kirche ihm wirklich übel mitgespielt hat.

Fritz Reidenbach: 2021 war der 90. Jahrestag der Entlassung aus dem Dienst der Evangelischen Landeskirche, der für Erwin Eckert gravierende negative Folgen hatte, 2 Jahre vor der Machtübertragung an die NSDAP und Adolf Hitler. Erwin Eckert führte den Kampf gegen die Nazis nun intensiver und außerhalb der Kirche. Nach dem Ausschluss aus der SPD wurde er Mitglied der KPD.

Warum ist die Persönlichkeit Erwin Eckert heute noch so spannend und brisant?

Max Heßlein: Erwin Eckert hat es wie kaum ein anderer geschafft, seinen Glauben und seine Überzeugungen für einen gesellschaftlichen Wandel zusammenzudenken und vor allem auch danach zu handeln. Wer heute seine Reden oder Predigten liest, bekommt ein Gefühl dafür, wie er für die gute Sache gestritten hat. Sein Zielpunkt war die Vorstellung, dass wir Menschen auch in dieser Welt durch alternative Gesellschaftsmodelle dem Reich Gottes schon nahekommen können. Dieses Ziel hat er bis zu seinem Lebensende verfolgt. Übrigens auch heute für die Kirche noch ein lohnenswertes Vorhaben, immer wieder auch über Alternativen nachzudenken..

Fritz Reidenbach: Erwin Eckert hatte große Ausstrahlung auf die Menschen. Seine Predigten waren packend, spannend und bewegten die Menschen, wie dies von Gottesdienstbesuchern geschildert wurde. Auch sein außerkirchliches Engagement für Frieden und Demokratie fand großen Anklang und großen Zuspruch. Er hatte Charisma und war eine Jahrhundertpersönlichkeit.

Hat Erwin Eckert in Mannheim Spuren hinterlassen?

Max Heßlein: Er ist ja sogar im Stadtbild immer noch präsent auf den Erinnerungstafeln an der Hafenkirche und an der Trinitatiskirche, in der er vor allem gepredigt hat. Da die alte Trinitatiskirche im Zweiten Weltkrieg vollständig zerstört wurde, steht die Tafel dort heute am modernen Ersatzbau, in dem nun das Eintanzhaus residiert. Welche Bedeutung Eckert in Mannheim hatte, zeigt übrigens auch sein Wahlergebnis zur OB-Wahl 1949, als er über ein Drittel der Stimmen erreichte und letztlich nur knapp verlor.

Fritz Reidenbach: Mit Sicherheit JA. Er hat den christlichen Glauben mit dem Sozialismus in Zusammenhang gestellt und hat weit über die Kirche hinaus Menschen für aktuelle Themen interessiert. Seine Predigten in der Trinitatiskirche in Mannheim, wo er von 1927-1931 als Religiöser Sozialist eine Pfarrerstelle hatte, waren hochpolitisch und für die Kirchenoberen unbequem.

Aus Marburg kommt Friedrich-Martin Balzer, der bedeutende Eckert Kenner und Autor, der zahlreiche Bücher über das Leben von Erwin Eckert verfasst hat. Zuletzt 2021 zwei Bände zum Thema: “Antifaschismus, Frieden, Demokratie. Reden und Texte (1945-1959). Was ist daran so bedeutend für heute?

Max Heßlein: Deutschland war ja am Ende des Krieges nicht nur äußerlich nahezu zerstört, sondern vor allem moralisch vollkommen desavouiert. An den Reden und dem Nachkriegsleben Eckerts habe ich noch einmal neu gelernt, dass es nach dem Krieg verschiedene Wege gegeben hat, Deutschland wieder innerlich und äußerlich aufzubauen. Es mussten nicht die alten Nazis sein. Und es gab auch andere Überlegungen für die Wirtschaftsordnung, die Wege zur Einheit und zur Bewahrung des Friedens. Auch hier hat Eckert für seine Überzeugungen unerbittlich gestritten.

Fritz Reidenbach: Erwin Eckerts Reden im Badischen Landtag ab 1946 und seine Reden auf Kundgebungen waren Sternstunden der parlamentarischen Debatten über die Zukunft Deutschland nach 12 Jahren NS-Terrorherrschaft. Er trug die Themen auf die Straße, er nahm die Themen von der Straße für seine Debatten auf, wenn es um die demokratische Verfassung ging oder um Fragen der friedlichen und antimilitaristischen Entwicklung ging.

Wie hat Eckert den Kampf gegen die Aufrüstung und gegen die atomare Bewaffnung geführt und was lehrt uns dies führ heute, wenn wir das Aufrüstungsprogramm zu Fall bringen wollen?

Max Heßlein: Er war durch und durch Pazifist. Wie viele seiner Generation hatte er das von den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges mitgenommen. Er ging nicht ohne Begeisterung zur damaligen Reichswehr und kam vollkommen desillusioniert zurück. Eckert wusste, der Krieg schafft nichts als Leid und Verderben. Deswegen musste alles getan werden, um einen neuerlichen Krieg zu verhindern. Er wusste auch, dass ein Dritter Weltkrieg das Ende der Menschheit bedeutete. So warb er über die Blockgrenzen hinweg für Verständigung und den Abbau der Konfrontationen.

Fritz Reidenbach: Er war aktiver Teil der Friedensbewegung und suchte Verbündete. Erwin Eckert selbst engagierte sich im Weltfriedensrat und wurde dafür sogar zu 9 Monaten Gefängnis auf Bewährung von einem Düsseldorfer Gericht verurteilt. Die Adenauer-Regierung tat alles, um die Remilitarisierung und die Westintegration gegen große Widerstände in der Bevölkerung durchzusetzen, genau wissend, was der 2. Weltkrieg aus Deutschland und der Welt an Leid und Schäden angerichtet hatte.

Was erwartet ihr euch von der Veranstaltung, die im Rahmen der „einander Aktionstage“ stattfindet?

Max Heßlein: Dass Erwin Eckert im Bewusstsein der Mannheimerinnen und Mannheimer aus aller Welt und ganz gleich welcher Religion einen Platz hat, wäre mir ein großes Anliegen. Schließlich ist auch heute noch eine bessere Welt möglich. Das hat sich auch 50 Jahre nach seinem Tod (er starb am 11. Dezember 1972) nicht geändert. Und für die hat er sich zeit seines Lebens eingesetzt.

Fritz Reidenbach: Zum einen wollen wir als Erwin-Eckert-Forum die Zusammenarbeit mit dem KDA, jetzt unter der Leitung von Wirtschafts- und Sozialpfarrer Maximilian Hesslein, festigen und das Erwin-Eckert-Forum als Basis für einen christlichen und allgemeinpolitischen Austausch für die nächsten Jahre positionieren. Wir wünschen uns weiterhin Zuspruch von Interessierten und sind offen für aktuelle und theoretische Fragen des Zusammenlebens.