Der neue Mietspiegel der Stadt Mannheim überrascht im positiven Sinne
Der neue qualifizierte Mannheimer Mietspiegel für die Jahre 2023 und 2024 wird mit zwei Monaten Verspätung am 7. Februar vom Gemeinderat voraussichtlich einstimmig „anerkannt“ und wird damit rechtswirksam.
Erstmals seit den 90er Jahren beträgt die Steigerungsrate pro Jahr unter 1%, nämlich 0,7%. Lag die durchschnittliche Miete für 2021/22 bei 8,37 EUR/m², beträgt sie für 2023/24 „nur“ 8,48 EUR/m². Die beiden vorangegangenen Mietspiegel wiesen Steigerungsraten für je zwei Jahre von 9,4 und 8,6% aus.
Weiterhin viel zu hohes Niveau
Selbstverständlich handelt es sich bei den Mietspiegel-Mieten nur um die Netto-Kaltmiete. Das große Problem in den kommenden beiden Jahren werden mehr denn je die Betriebs- oder Nebenkosten sein, für die man bisher grob 30% der Kaltmiete rechnen musste.
Zu behaupten, dass die Durchschnittsmiete auf „nur“ 8,48 EUR/m² steigt, ist absolut gesehen natürlich fast schon zynisch. Denn die auf diesem Niveau zusammenkommende Miete für z.B. eine 85-m²-Wohnung führt zu einer Warmmiete von um die 1.000 EUR, die vom Nettoeinkommen zu bezahlen ist. Für sehr viele Mieter:innen bis „in die Mitte der Gesellschaft“ sind das deutlich mehr als die 30%, die als Mietbelastung allgemein noch für vertretbar gehalten werden.
Von der Höhe der Durchschnittmiete je m² sind die Bewohner:innen kleiner Wohnungen besonders betroffen. 51% aller Mannheimer Haushalte sind Single-Haushalte.
Am teuersten sind Appartements und Kleinwohnungen bis 30 m². Bei ihnen liegen auch die höchsten Mietsteigerungsraten. Die tatsächliche Miete je m² wird in den seltensten Fälle so wie in dieser -Tabelle anfallen. Der Mannheimer Mietspiegel weist seit 2016 ein System von Zu- und Abschlägen auf, um die geforderten Mieten den unterschiedlichen Wohnungsqualitäten wie Baujahr, Lage und Ausstattung korrekt und wiederholbar zuordnen zu können. Die Abschläge können bis zu 25% für Einfachstwohnungen in ungünstiger Lage betragen, die Zuschläge für Neubauwohnungen in bester Lage und mit bester Ausstattung können bis zu 86% ausmachen.
Seit 2009 sind in Mannheim die maximalen Miethöhen für Sozialwohnungen an die Mietspiegelwerte gebunden. Sie dürfen höchstens 90% dieser Werte erreichen. Insofern ist das Ergebnis der Mietspiegelfortschreibung auch für Inhaber von Sozialwohnungen eine gute Botschaft.
Mögliche Gründe für den Rückgang der Mietpreissteigerung
Die Frage erhebt sich, warum nach der lebhaften Mietpreisentwicklung der letzten Jahrzehnte plötzlich ein regelrechter Absturz der Steigerungsrate zu verzeichnen ist:
Hierfür können einige Faktoren zusammenwirken, die hier kurz erörtert werden sollen, die allerdings durchaus spekulativen Charakter haben:
- Die durchschnittlichen Mietpreise sind im Gegensatz zu den älteren Mietspiegeln vor 2016 reine Basispreise, die nur nach Wohnungsfläche unterschieden werden. Früher waren Baujahr und Ausstattung in die Durchschnittsbildung einbezogen. Das heißt konkret: Die inzwischen vielen teuren Neubauwohnungen, die in der Stichprobensammlung entsprechend häufig auftauchen müssen, gehen nur mit ihrem Basiswert in die Durchschnittsbildung ein. Der 20%-Aufschlag für Neubauten fließt hier nicht ein.
- Der neue Mietspiegel ist eine Fortschreibung des vorangegangenen. Es wurden dafür weniger Daten erhoben als bei einer vollkommen neuen Ermittlung, die nur alle vier Jahre fällig ist. Die Systematik und die Werte der Zu- und Abschläge wurde nicht verändert. Das ist insbesondere bei der Ermittlung von ortsüblichen Vergleichsmieten bei Neubauten sicherlich preisdämpfend.
- Die 30%-Sozialquote, die inzwischen aufgrund des 12-Punkteprogramms für preisgünstige Mieten bei vielen Neubauten greift, findet nur teilweise Eingang. Denn bei der Erhebung der statistischen Daten zur Feststellung der örtlichen Vergleichsmiete dürfen nur Mieten herangezogen werden, die unter Bedingungen des „freien Marktes“ zustande kommen: „Ausgenommen ist Wohnraum, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist“, heißt es dazu in § 558 (2) BGB. Dazu gehören auf jeden Fall Wohnungen, die aus Mitteln des Landeswohnraumförderungsprogramms gefördert sind. Auch Grundstückspreisnachlässe durch Übererfüllung der 30%-Quote sind eine solche Förderzusage.
- Eine Auswirkung hat mit Sicherheit die Mietpreisbremse für Kommunen mit „angespannter Wohnungsmarktlage“, zu denen Mannheim seit 2020 gehört.
- Der Marktanteil der GBG-Wohnungen von um die 10% bei den auswertbaren Mieten (also ohne Sozialmieten) wirkt sich deutlich preisdämpfend aus – sehr zum Missfallen des Haus- und Grundstückseigentümerverbandes, der in Mannheim mit einer Klage gegen die Einbeziehung der frei finanzierten GBG-Wohnungen in die Datenbasis des Mietspiegels vor Gericht gescheitert ist.
- Nicht auszuschließen ist, dass die zwei Corona-Jahre ebenfalls einen mietpreisdämpfenden Einfluss hatten. Denn viele Vermietende hatten die Thematik von Stundungs- und Nachlassvereinbarungen wegen mangelnder Zahlungsfähigkeit ihrer Mietenden. In dieser Phase, die immerhin ein Drittel des Betrachtungszeitraums von 6 Jahren ausmacht, dürfte das Thema Mieterhöhung oftmals nicht auf der Tagesordnung gestanden haben. Schlimme Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ausblick auf die Mietpreispolitik der GBG
Die GBG legt aufgrund ihres öffentlichen sozialen Auftrags Wert auf den Abstand ihrer Durchschnittsmiete zum Mietspiegel-Durchschnitt. In der Tat hat sich dieser Abstand in den letzten Jahren vergrößert. Lt. Geschäftsbericht der GBG für das Jahr 2021 betrug die Durchschnittsmiete 6,99 EUR/m², die Mietspiegel-Durchschnittsmiete 8,37 EUR je m².
Die Erhöhung gegenüber dem Vorjahr betrug bei der GBG 3,1%. Für das Jahr 2023 muss die GBG unter der jetzigen Erhöhung des Mietspiegels von 1,3% auf 2 Jahre bleiben, um ihrer Aufgabe als soziales Wohnungsunternehmen der Stadt Mannheim gerecht zu werden. Die Preissteigerungen, die auch vor der GBG nicht Halt machen, sind das Eine, die Überschüsse aus dem Vermietungsgeschäft das Andere, was hier zu berücksichtigen ist.
Thomas Trüper