Rückblick 1. Mai: Gute Beteiligung an den Kundgebungen in der Rhein-Neckar-Region [mit Bildergalerie]
“Solidarität, Vielfalt, Gerechtigkeit” war das Motto der diesjährigen Kundgebungen des DGB zum 1. Mai. 340 000 Teilnehmer*innen bei knapp 500 Veranstaltungen meldete der DGB Bundesvorstand am Mittag des traditionellen Kampf- und Feiertags das Arbeiter*innen und Werktätigen. Im Vorfeld wurde in den Aufrufen Kritik an der “Großen Koalition” geübt: “Wir werden die Bundesregierung drängen, die politischen Weichen in die richtige Richtung zu stellen: Solidarität statt gesellschaftliche Spaltung und Ausgrenzung, klare Kante gegen Rassismus und extreme Rechte.” Wichtige Themen in den Reden zum 1. Mai waren Mitbestimmung und Arbeitsrechte, Tarifverträge und Lohnentwicklung, außerdem Wohnen und soziale Gerechtigkeit.
Unsere Reporter waren am 1. Mai in Mannheim, Heidelberg und Frankenthal und haben Eindrücke von den Gewerkschaftskundgebungen gesammelt.
Mannheim
(cki) Rund 2500 Teilnehmer*innen zählte der DGB in Mannheim. Traditionell war der Treffpunkt zur Demo am Gewerkschaftshaus. Die Demo stellte sich gegen 10 Uhr auf und bildete thematische und organisatorische Blöcke, darunter die Einzelgewerkschaften des DGB, Beschäftigte des Uniklinikums und von GE, der Antikapitalistische Block mit vielen jungen Menschen, DIDF, der kurdische Gesellschaftsverein, Frauengruppen sowie linke und kommunistische Parteien und Organisationen, darunter viele aus der türkischen und kurdischen Community. Die Gewerkschaftsjugend fuhr mit einem LKW und lauter Musik in der Demo. Mehrere Songgruppen kamen zusammen, liefen bei der Demo gemeinsam und sorgten mit Arbeiterliedern für gute Stimmung.
Als die Demonstration gegen 11 Uhr den Marktplatz erreichte, wurden Sie von der Bühne aus von Gewerkschaftssekretärin Miriam Walkowiak begrüßt. Die Band Prallasoundsystem spielte Musik. Das Fest zum 1. Mai füllte sich, die Demonstrierenden konnten auf den Bänken vor der Bühne Platz nehmen und sich an rund 40 Ständen informieren oder mit internationalen Spezialitäten und Getränken versorgen.
DGB Kreisvorsitzender Jens Lehfeldt hielt als erster eine Rede und thematisierte dabei unter anderem die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt. Hauptredner war Andreas Harnack von der IG Bau. Er erläuterte das Motto “Solidarität, Vielfalt, Gerechtigkeit” und sprach über die Werte, für die Gewerkschaften stehen. Kritik gab es an der Groko, aber „viele Vorhaben der neuen Bundesregierung tragen unsere Handschrift“, ergänzte der Gewerkschaftssekretär. In den Bereichen soziale Gerechtigkeit und Bildung gebe es noch viel zu tun. Auch mit Kritik am Populismus von AfD und CSU sparte er nicht. Stattdessen warb er für eine „solidarische, gerechte und weltoffene Gesellschaft“. Sebastian Höhn, Intensivpfleger und Betriebsrat am Uniklinikum schilderte anschließend eindrücklich die durch zu wenig Personal verursachte, schwierige Lage in den Krankenhäusern.
Wolfgang Alles vom überbetrieblichen Solidaritätskomitee erinnerte an die Geschichte des 1. Mai in Mannheim und die Wiederbelebung der Gewerkschaftsdemonstrationen in den 80er Jahren. Für Solidarität über die eigene Berufsgruppe hinaus warb auch Denise Noe, Betriebsrätin bei Mercedes-Benz und aktiv in der IG Metall Jugend. Sie wies auf die Nachwuchsprobleme in vielen Berufsgruppen hin: „Aber was unternehmen die Arbeitgeber dagegen? Jammern, dass das Personal fehlt – ja das können sie alle. Aber sich dafür einsetzen, dass solch harte Arbeit ordentlich entlohnt wird das kann niemand von denen!“ Elisabeth Möller rief in ihrer Rede zum europäischen Aktionstag anlässlich der GE-Aktionärsversammlung auf.
Die Songgruppen von IG Metall, GEgenwehr (ehemals Alstom-Chor) und Trotz alledem, außerdem der 13-jährige Ali, Preisträger bei “Jugend musiziert” mit Geige und Gesang, sorgten im weiteren Programm für musikalische Beiträge. Für viele Teilnehmer*innen ist der 1. Mai wie ein Familientreffen. Die politischen Weggefährt*innen aus den gewerkschaftlichen und linken Organisationen treffen sich in entspannter Atmosphäre, demonstrieren, diskutieren und feiern, viele gemeinsam mit ihren Familien. Einziger Wermutstropfen war das aggressive Auftreten der Polizei, welche die Demonstration durchgehend mit bewaffneten und gepanzerten Trupps und Pferden begleitete. In den letzten Jahren hielt sich die Polizei dezenter im Hintergrund. Dennoch blieb im Laufe des Tages alles ruhig.
Heidelberg
(jb) Vom Bismarckplatz zum Marktplatz zogen ca. 400 Demonstranten von Gewerkschaften, Parteien wie der SPD, der Linken und der MLPD sowie aus Gruppierungen wie dem Sozialistisch-demokratischen Studierendenverband mit dem Slogan “Solidarität, Vielfalt, Gerechtigkeit” durch die Hauptstraße. Nach Angaben der Gewerkschaft nahmen an der Demo rund 400 teil, am zentralen Kundgebungsort vor dem Heidelberger Rathaus waren es dann um die Mittagszeit ca. 700 Teilnehmer.
Der Kreisvorsitzende des DGB, Thomas Wenzel, nannte den „Tag der Arbeit“ auch den “Kampftag arbeitender Menschen” und er gab sich bei seinem Grußwort durchaus kampfbereit. Seine Kampfansagen und die der Hauptrednerin Claudia Dunst von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) kamen an und wurden begrüßt.
Wenzel sprach vom Überbetriebliches Solidaritätskomitee Rhein-Neckar die den Kampf und Widerstand gegen die Globalisierung und den Arbeitsplatzabbau aufgenommen hat. Viele Arbeitgeber u. a. Siemens, Heidelberger Druckmaschinen, Goodyear, ABB, Freudenberg und Universitätsklinikum Mannheim bei denen Arbeits- und Ausbildungsplätze vernichtet wurden und aktuell noch werden.
Der Kampf der Gewerkschaften gehe auch weiter gegen die zunehmende Leiharbeit in Heidelberg, die sich um 276 Prozent (von 2003 bis 2015) mit zunehmender Tendenz gesteigert hätte, gegen prekäre Arbeitsplätze an den Universitäten und für kostenlose Kitas, Kindergärten und ein kostenfreies Studium. Bevor er das Mikrofon an Claudia Dunst weiter gab, sprach sich Wenzel für eine Umverteilung der Vermögenswerte und somit auch für eine Millionärssteuer aus.
Claudia Dunst sorgte für großen Applaus, als sie über die Errungenschaften von Gewerkschaften sprach. “Gewerkschaften sind die Experten für einen gesellschaftlichen Zusammenhalt, sie sind die Kraft des sozialen Fortschritts, und wir haben im letzten Jahr viel erreicht.”
Auch in der Metropol-Region. Sie nannte Beispiele von Gewerkschaftsmitgliedern, die durch Gewerkschaften heute klar bessere Arbeits- und Lebensbedingungen haben.
Frankenthal
(cr) An der vom DGB veranstalteten Kundgebung auf dem Rathausplatz nahmen etwa 400 Menschen teil. Infostände von Die Linke und Aufstehen gegen Rassismus, Weltladen, Bündnis 90/Die Grünen, DGB, SPD und Jusos, sowie NGG unterstützten die Veranstaltung.
Rüdiger Stein (DGB Vorder- und Südpfalz) sprach in seiner Rede die Sachthemen Solidarität, Vielfalt und Gerechtigkeit an. Hervorgehoben wurden die Ansiedelung von Amazon und die kritische Bewertung seitens des DGB zu den nicht tariflich gebundenen Beschäftigungsverhältnissen, sowie der Versuch der Metro-Gruppe auf die Mitarbeiter der Real-Filiale tariflichen Druck auszuüben.
Mairedner war Günter Hoetzl (IGM Ludwigshafen/Frankenthal), der in seiner kämpferisch vorgetragenen Ansprache eine Partei in den Fokus nahm, die nach den Wahlen zum Deutschen Bundestag 2017 dort erstmals vertreten ist. Als „Rechtspopulistisch, demokratiefeindlich und die Gesellschaft spaltend“, ordnete der Redner diese Partei, ohne sie beim Namen zu nennen, ein.
Der Frankenthaler Oberbürgermeister Martin Hebich (CDU) kopierte in seiner wenig empathisch vorgetragenen Rede die Themen seiner Vorredner. Zu oft zu hören war, wenn es um die wichtigen Themen wie Gerechtigkeit, Vielfalt und den Arbeitsmarkt angeht. „man müsste, man sollte, man könnte“.
Die Reden der Gewerkschafter wurden von den BesucherInnen mit großem Applaus quittiert. Dieser blieb nach der Ansprache des OB’s quasi aus. Den rockig-poppigen-musikalischen Rahmen bildeten zwei Bands. Typische Arbeiterlieder wurden von einem gemischten Chor, unter Leitung der Naturfreunde, vorgetragen.