Gerhard Schick geht in die außerparlamentarische Opposition

Gerhard Schick | Bild: © Gerhard Schick

“Für eine Finanzwende engagieren“ – „Gegengewicht zur Finanzindustrie“

Der Mannheimer Bundestagsabgeordnete der GRÜNEN Gerhard Schick legt zum Ende des Jahres sein Bundestagsmandat nieder. Dem Bundestag gehörte er seit 2005 an. Von 2007 bis 2017 war er der finanzpolitische Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion.

Ohne Frage: Der promovierte Volkswirt Gerhard Schick hat sich durch seine Fachkompetenz Anerkennung über die Parteigrenzen hinaus erworben. N-TV schreibt von „einem der profiliertesten Finanzpolitiker Deutschlands“. Seine Fähigkeit bestand nicht nur darin, für seine Positionen zu streiten, sondern auch andere Meinungen wahrzunehmen und sich damit auseinanderzusetzen. Das ist im herrschenden Politikbetrieb nicht unbedingt üblich. Das macht ihn zu einem streitbaren, aber angenehmen Zeitgenossen.

Innerhalb des Farbspektrums bei den GRÜNEN gilt Schick eher als links. Dass er trotzdem das finanzpolitische Sprecheramt so lange innehatte, ist sicherlich seiner unbestrittenen Fachkompetenz geschuldet. Dass er dieses Amt seit der jetzigen Legislaturperiode nicht mehr innehat und dass er das angestrebte Amt des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden nicht erreichen konnte, sagte auch etwas aus über die politische Ausrichtung der GRÜNEN. Wäre es tatsächlich nach der Bundestagswahl 2017 zu der von den GRÜNEN angestrebten Regierungskoalition mit CDU/CSU und FDP gekommen, wäre es m.E. äußerst unwahrscheinlich gewesen, dass Gerhard Schick mit einem Amt ausgestattet worden wäre, wo er etwas hätte bewegen können. Wer Gerhard Schick kennt, weiß, dass er kein Anhänger von Schwarz-Gelb-Grün ist. Eher für Rot/Rot/Grün. Aber in diese Richtung bewegt sich momentan sehr wenig.

Dass Gerhard Schick daraus die Konsequenzen zieht, um tatsächlich etwas zu bewegen, ist nachvollziehbar. Dass er hierbei sein Bundestagsmandat niederlegt, ehrt ihn und ist in der heutigen Politiklandschaft nicht selbstverständlich . Vor allem bewegt Schick, dass seit der Finanzkrise 2008 mit dem Zusammenbruch der Lehman-Bank praktisch nichts passiert ist. Jederzeit könne eine solche Finanz- und Wirtschaftskrise wieder ausbrechen. Der Finanzbranche müsse etwas entgegengesetzt werden. (siehe untenstehende Meldung).

Deswegen hat Gerhard Schick den gemeinnützigen Verein „Bürgerbewegung Finanzwende e.V.“ gegründet. Darüber haben Mannheimer Morgen und verschiedene andere Zeitungen berichtet.

Die Süddeutsche Zeitung berichtet, und das ist interessant, wer alles im Verein noch sitzt. Da sind Martin Hellwig (ehemaliger Direktor des Max-Planck-Instituts für Gemeingüter), Peter Bofinger (Mitglied des Sachverständigenrats), Rainer Lenz (Vorstand Finance Watch), Christoph Bautz (Vorsitzender von Campact), Antje Schneeweiß (Südwind Institut), Peter Eigen (Gründer von Transparency International) und Verbraucherschützer wie Axel Kleinlein.

Dem überparteilichen Zusammenschluss sollen sich auch Norbert Blüm (CDU), Gesine Schwan (SPD), Gerhard Baum (FDP) und Axel Troost (LINKE) angeschlossen haben, aber auch der DGB und Kirchenvertreter, wie der Landesvorsitzende der EKD, Heinrich Bedford-Strohm, der in der SZ zitiert wird: „Profit ohne Wertschöpfung – das charakterisiert die Finanzmärkte heute viel zu oft. Es treibt unsere Gesellschaft auseinander statt eine nachhaltige Entwicklung zu unterstützen.“

Der Verein ist Teil des internationalen Finance Watch Netzwerkes. Die Finanzierung soll für drei Jahre gesichert sein und von der Schöpflin-Stiftung, der Stiftung Finanzwende, der Hans-Böckler-Stiftung und der European Climate Foundation unterstützt werden. „Ob die Idee aber dauerhaft trägt, hängt von der Bereitschaft von Bürgern ab, sich für eine Finanzwende zu engagieren“, so Schick.

Es soll nicht nur um relativ abstrakte Fragen, wie die Regulierung der Finanzmärkte gehen, sondern auch um konkrete soziale Fragen wie die Regulierung des Wohnungsmarktes. „Wohnungen haben sich von einem Gebrauchsgut zu einem international handelbaren Anlageobjekt entwickelt. Wir plädieren dafür, die Handelbarkeit von Wohnraum einzuschränken“, sagt Schick.

Es bleibt zu wünschen, das der von Gerhard Schick ins Leben gerufene Verein tatsächlich in diesem Sinne etwas bewirken wird und sich zu einem Ansprechpartner für zivilgesellschaftliche Organisationen entwickelt.

(Roland Schuster)

 

 

Mitteilung von Dr. Gerhard Schick auf Facebook 12.09.2018:

In den 10 Jahren seit der Lehman-Pleite, dem Höhepunkt der Finanzkrise, ist es nicht gelungen, die Finanzmärkte wieder in den Dienst der Gesellschaft zu stellen. Schuldenkrisen, Betrug und Steuertricks sind nach wie vor an der Tagesordnung. Deswegen nehme ich jetzt mit zahlreichen prominenten und kundigen MitstreiterInnen einen neuen Anlauf mit der Bürgerbewegung Finanzwende, deren Vorstand ich seit Juli bin.

Ziel wird es sein, überparteilich und aus der Zivilgesellschaft he…raus ein Gegengewicht zur Finanzlobby zu bilden, mit Verbraucherinformation, Studien sowie vor allem mit Kampagnen, die Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, in Finanzmarktfragen Position zu beziehen.
Weil der Aufbau einer solchen überparteilichen Organisation nicht mit einem Bundestagsmandat vereinbar ist, werde ich zum 31.12.2018 von meinem Bundestagsmandat zurücktreten.

Auf meiner kommenden Veranstaltung am Dienstag, den 18.9. im Bürgerhaus Neckarstadt in Mannheim (Hervorhebung durch die Redaktion) werde ich einerseits erläutern, warum die Finanzkrise noch lange nicht vorüber ist, und andererseits meine Entscheidung persönlich darlegen. Weitere Informationen dazu findet Ihr auch auf meiner Homepage unter dem Link: https://www.finanzwende.de/mitmachen/kampagnen/appell-zur-ueberwindung-der-krise/ Ich möchte mich an dieser Stelle schon herzlich bei meinem Landesverband und dem Mannheimer Kreisverband Grüne Mannheim für die Unterstützung und gute Zusammenarbeit in den letzten Jahren bedanken – dafür wird es aber auch persönlich in den nächsten Monaten Raum geben.