Kommentar: Die neuen Investoren auf Turley – „Das Projekt rechnet sich. Deshalb machen wir es“
Die Auseinandersetzung um den Grundstücksverkauf Tom Bock an die Tipico-Gründer Oliver Voigt, Dieter Pawlik und Mladen Pavlovic sowie an den Anwalt Wolfgang Kuentzle wird allmählich zur Posse. Während die CDU sich merklich zurückhält – sie hat ja gegen private Grundstücksgeschäfte der Kommune nichts einzuwenden. Sie fordert jetzt nur die Vorlage der Aufsichtsratsprotokolle, in deren Besitz sie ja als ständiges Mitglied sein muss, im Hauptausschuss, damit sie „gegenüber den zahlreichen Bürgerfragen auskunftsfähig“ werde. Der Hauptausschuss allerdings muss laut Gemeindeordnung nicht-öffentlich tagen, wenn es um Angelegenheiten privater Dritter geht. Die Grünen fordern die Stadt jetzt ebenfalls auf, über den „Umgang mit Grundstücken“ zu berichten. Sie fragen dabei Dinge ab, die sie im Aufsichtsrat wie ML, CDU und SPD mitentschieden haben und die teilweise auch durch den Gemeinderat gegangen sind (Investorenliste Franklin und Zuordnung der entstehenden Wohnungen zu den Marktsegmenten). Die ML fordert einen Akteneinsichtsausschuss zu den Turley-Geschäften der MWSP. Einen solchen Ausschuss sieht die Geschäftsordnung des Gemeinderats jedoch nur für Akten des Gemeinderats und nicht für privatrechtliche Unternehmen der Stadt vor. Jetzt hat auch noch die AfD dieses Akteneinsichtsthema entdeckt und plakatiert groß. Hat irgendjemand aus diesen Reihen bisher den Verkauf an Investoren grundsätzlich kritisiert? Man erschrickt jetzt über die Preisbildung der Ware Baugrundstück. Die SPD, die Schaden von der MWSP abwenden will, fordert nun – nachdem die Ware Grundstück weitergehandelt wurde – ganz mutig von dem Investor, er solle die Wohnungen, die er bauen möchte, doch bitte preisgünstig bauen und – freiwillig – die 30%-Sozialquote einhalten, wozu ihn niemand wird zwingen können, auch nicht die von der SPD eilends aufgelegte Unterschriftenaktion. So ist es eben, wenn man privatisiert, was besser in öffentlicher Hand bliebe. Man darf jetzt nur gespannt sein, ob 2012 die MWSP – als niemand über irgendwelche Klauseln gegenüber Tom Bock, sondern nur gegenüber den Wohngruppen sprach – doch irgendwelche sanktionsbewehrte Auflagen machte. Am 9.4. will der OB zunächst den (nicht öffentlichen) „Ältestenrat“ informieren.
Es müssen politische Konsequenzen gezogen werden, und diese müssen an der bisher geplanten Privatisierung städtischer Flächen ansetzen, auf der letzten Großbaufläche Spinelli. Dann muss man nicht auf Knien Investoren anbetteln, doch bitte preisgünstige Wohnungen zu bauen.
Inzwischen hat die Rhein-Neckar-Zeitung (RNZ) Dieter Pawlik interviewt (2.4.19). Der bestätigt, dass hier Leute mit viel zu viel Geld unterwegs sind, um langfristig ordentliche Rendite zu machen: „. Das Areal und die Entwicklungsmöglichkeit, sprich der Bau von Wohnungen und deren Vermietung, passte zu unseren Plänen. Wir wollten unser Geld sinnvoll anlegen. Wir leben alle im badischen Raum. Uns hat gefallen, dass es ein Investment in der Region ist. Das findet man nicht jeden Tag.“ Es geht also um Anlage vorhandenen Eigenkapitals. Insofern ist der Wohnungsbau in der Bilanz nur ein Aktivtausch von Flüssiggeld zu Anlagevermögen. Mieteinnahmen sind direkter Zins auf das Eigenkapital. Da braucht man sich über die Profitrate keine Sorgen zu machen. Auf die Frage, ob der allseits diskutierte Kaufpreis von 36 Mio. Euro stimme, antwortet Pawlik ganz cool: „Ich werde das nicht kommentieren, weder dementieren noch bestätigen. Dass ein angeblicher Kaufpreis, der zwischen zwei Privatinvestoren verhandelt wird, so heftig diskutiert wird, verwundert mich. Wer sich mit Immobilen beschäftigt, der weiß, dass die Preise in den vergangenen Jahren explodiert sind. Da ist für uns völlig uninteressant, was Tom Bock irgendwann einmal bezahlt hat. Das Projekt rechnet sich. Deshalb machen wir es.“ Pawlik bestätigt, dass man „etwa 300 Wohnungen bauen“ wolle. „Schon komisch, wer alles glaubt, beurteilen zu können, was sich für uns rechnet und was nicht. Wir haben kein Interesse an Luxuswohnungen, weil wir nicht glauben, dass das funktioniert. Unser Interesse ist die langfristige Geldanlage. Wir wollen Werte schaffen. Tom Bock hat die schnelle Mark gesucht. Das hat nicht geklappt. Wir kalkulieren mit ortsüblichen Mieten und gehen davon aus, dass wir die Wohnungen zu ortsüblichen Mietpreisen anbieten.“ Letzteres ist inzwischen leider eine Drohung: 12,50 bis 14 Euro/m². Man stehe mit der Stadtspitze über die Planungen in regelmäßigem Kontakt und habe auch schon die Fraktionsvorsitzenden informiert. Pawlik: „Mein Eindruck: Sie waren angetan von unseren Plänen.“ Zu der Option „100 Wohnungen zu 7,50 Euro/m² Kaltmiete“ äußert der Investor: „Wir werden sehen, was die Gespräche ergeben. Wir planen seriös und beteiligen uns nicht an Spekulationen im Wahlkampf.“ Hauptsache „es rechnet sich“!
Thomas Trüper, Stadtrat DIE LINKE