Betr.: Rojava-Demo: Demonstrationsrecht erfolgreich durchgesetzt – ein Kommentar
Das Bündnis „Stoppt den türkischen Angriffskrieg in Nordsyrien! Solidarität mit Rojava!“ hat erfolgreich das Demonstrationsrecht verteidigt.
Zur Erinnerung:
Die Stadt Mannheim hat die Kundgebung zwar genehmigt, die Demonstration jedoch 2 Tage zuvor verboten. Begründet wurde das Verbot in einer 44-seitigen Verfügung. Obwohl die Veranstalter große Kooperationsbereitschaft gezeigt und ein Sicherheitskonzept vorgelegt haben, ist die Stadt Mannheim davon ausgegangen, dass ein störungsfreier Ablauf der Demonstration nicht gewährleistet sei. Insbesondere bestünde die Gefahr, dass nationalstaatliche Türken und Kurden aneinander geraten und es zu einer Eskalationsspirale kommt.
Gegen das Verbot hat der Anmelder und Versammlungsleiter über Rechtsanwalt Urbanczyk Widerspruch bei der Stadt Mannheim eingelegt und aufschiebende Wirkung beim Verwaltungsgericht Karlsruhe beantragt. Der Erfolg des Antrags ist letztlich auch der gründlichen Arbeit von RA Urbanczyk zu verdanken.
Das Verwaltungsgericht ist der Argumentation der Stadt Mannheim in wesentlichen Teilen nicht gefolgt. So konnte die Demonstration wie geplant durchgeführt werden.
Das Gericht rügte letztlich die Begründung der Stadt als ziemlich substanzlos, da zu pauschal und zu unkonkret.
„Nicht ausreichend sind etwa formelhafte, also für beliebige Fallgestaltungen passende Wendungen und pauschale Argumentationsmuster. Es bedarf einer auf die Umstände des konkreten Falls bezogenen Darlegung des besonderen Interesses gerade an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes“.
Die massive Gefährdung der Sicherheitslage konnte das Gericht nicht erkennen:
„Bei objektiver Betrachtung (…) lagen keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme einer unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit in Form einer Gefährdung von Leib und Leben von Dritten, Polizisten und Demonstrationsteilnehmern sowie Eigentum durch die Durchführung der geplanten Versammlung als Aufzug (…) vor.“
In einer Pressemitteilung hat das Bündnis erklärt:
„Ein weiterer und vielleicht in dieser Sache entscheidender Punkt: Der Veranstalter konnte
darlegen, dass die kurdische Seite trotz der aufgeheizten Stimmung überhaupt nicht an einer
Gewaltspirale in Mannheim interessiert ist. An einer solchen Auseinandersetzung ist ausschließlich
die Türkei interessiert, die jeglichen politischen Ausgleich verhindern will. Deshalb wird die
kurdische Seite mitnichten die Mannheimer Erklärung für Toleranz und Vielfalt in Frage stellen, noch den notwendigen Dialog mit der türkischen Seite aus dem Weg gehen.“
Dass die Stadt Mannheim trotzdem so entschieden hat, ist auch deswegen bedauerlich, weil am
vergangenen Samstag am 19. Oktober tausende Menschen bei Regionaldemonstrationen friedlich
und weitgehend störungsfrei in 10 Städten in Deutschland demonstriert haben. Umso mehr freuen wir als Bündnis darüber, dass das Verwaltungsgericht Karlsruhe diese Fehlentscheidung wieder korrigiert hat.
Dass die Demonstration wider Erwarten der Stadt Mannheim völlig friedlich geblieben ist, mögen manche auf den hohen Polizeieinsatz geschoben haben, der bei über sechs Hundertschaften gelegen haben dürfte. Wer aber genau hingesehen hat und die zwar kämpferische aber absolut friedliche Grundstimmung der Demonstration erlebt hat, wir feststellen, dass für den friedlichen Ablauf letztlich andere Faktoren entscheidend waren.
Am Schluss hat man dann doch noch die Kurve gekriegt, auf der bewährten Basis „man redet miteinander“. Dass es trotz immenser Anspannung auf allen Seiten gelungen ist, diese Veranstaltung so durchzuführen, ist letztlich dann doch auch ein Stück verantwortlicher und produktiver Kooperation der verschiedenen Seiten – Veranstalter, Stadt, Polizei.
Roland Schuster
Anmelder und Versammlungsleiter der Veranstaltung am 26. Oktober 2019 für das Bündnis
„Stoppt den türkischen Angriffskrieg in Nordsyrien – Solidarität mit Rojava“