Auschwitz-Gedenktag: „Faschismus und der Holocaust“
Am 27.01.20 jährte sich zum 75. Mal die Befreiung des Konzentrationslager Auschwitz. Vielerorts wurden um dieses Datum herum Gedenkveranstaltungen abgehalten. In Ludwigshafen/Rhein luden verschiedene Organisationen zu einem Vortrag an diesem Tag ein. Horst Haenisch (Soziologe und Autor aus Hannover) referierte zum Thema „Faschismus und der Holocaust“ – ein Versuch der Erklärung. Rund 50 Menschen folgten der Einladung und nahmen engagiert an der Diskussion teil.
Grußworte:
„Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste, lieber Horst Haenisch,
ich begrüße Sie im Namen der veranstaltenden Organisationen zu unserer Veranstaltung mit dem Titel „Faschismus und der Holocaust – Versuch einer Erklärung“.
Heute am 27. Januar gedenken wir der Befreiung des KZ Auschwitz 1945 durch die Rote Armee.7.000 Insassen konnten damals befreit werden. 1 Mio. 100 tausend Menschen wurden von den Nazi-Verbrechern systematisch, meist durch Giftgas, in Ausschwitz vernichtet, ermordet.Ausschwitz war das größte von etwa 2.000 Konzentrations- und Arbeitslagern, die von den Faschisten errichtet wurden. Die deutsche Industrie, besonders die IG Farben AG (BASF, Bayer und Hoechst), betrieb dort auf einem riesigen Areal kriegswichtige Großprojekte und entwickelte Auschwitz zur Drehscheibe bei der Organisation der Zwangsarbeit für das Deutsche Reich. Laut einer aktuellen Umfrage von Infratest-Dimap sprechen sich 60 % der Befragten dafür aus, dass die Gedenkarbeit an die Verbrechen der NS-Zeit fortgeführt wird. Nach Parteizugehörigkeit befragt antworteten z.B. Mitglieder der AfD mit 72%, dass ein Schlussstrich unter die NS-Zeit gezogen werden solle. Dahingegend sagten 82% der Mitglieder der Partei Die Linke, dass kein Schlussstrich unter dieses schwärzeste Kapitel deutscher Geschichte gezogen werden darf.
Ich wünsche Ihnen, uns Allen, eine interessante und nachdenklich stimmende Veranstaltung.
Und übergebe das Wort an Horst Haenisch.“
- Quelle: D/W -Infratest Dimap 25.01.20
Vergleiche zwischen NSDAP und AfD
Der Referent spannte seinen Vortrag thematisch sehr weit. Horst Haenisch begann mit der Weimarer Republik und den auf Reichskanzler Bismarck ausgeübten Druck seitens der NSDAP – in persona – Adolf Hitler und den Sohn Bismarcks auf seinen Vater.
Die NSDAP stand im Grunde mit nur wenig da, beim Wahlkampf 1933. Im Wahlkampfprogramm wurde sich auf die großen Themen konzentriert: „Was kann man aus den Nachwehen der Weltwirtschaftskrise maximal herausholen?“, „Der politische Feind sind die Kommunisten“ und „Und das sonstige Parteien-Durcheinander“ (vgl. AfD-Vokabular Altparteien).
Der „Jude“ wurde in der offiziellen NSDAP-Wahlpropaganda für die Wahlen 1933 nicht einmal erwähnt. Die Hetze gegen diese Bevölkerungsgruppe besorgte der NSDAP-nahe „Stürmer“ (vgl. Neurechte Medien pro AfD, themenübergreifend).
Haenisch legte in seinen Ausführungen nahe, dass sich die AfD von der DNA her gar nicht so weit entfernt von der NSDAP befindet.
In puncto der Entnazifizierung nach 1945 merkte Haenisch an, dass sich die Wissenschaft bisher kaum mit dem antifaschistischen Widerstand beschäftigt hat. Nach Ansicht des Referenten erhielten rd. 70% der durch die Entnazifierungsprozesse betroffen Menschen eine Amnestie. Die Priorität der juristischen Spruchkammern lag darauf, die Nazi-Verbrecher rein zu waschen. Die Kriterien der Nürnberger-Prozesse wurden sogar erweitert. Beispielhaft genannt seinen die Mitglieder der SA (paramilitärische Sturmabteilung der NSDAP; vgl. Uniter, Identitäre Aktion/Bewegung, Prepper-Szene), die als Mitläufer eingestuft wurden.
Beim Thema Antisemitismus machte der Referent ein weites Tor auf. Den latenten und seit Jahrzehnten trotz der Shoa in der BRD zu oft sichtbarem Antisemitismus (Anschlag in Halle 2019) – den hausgemachten. Und den Krypto-Antisemitismus, der aus dem Geheimen heraus agiert (oft anonym in sozialen Netzwerken). Eingeschlossen bei dieser Kategorie sind auch Israel-Kritiker (Beispiel: BDS – Boycott, Divest, Sanction).
Was Umfragewerte angeht ist der Referent auch klar und mahnt zu hinterfragen, welche Kriterien bei Auswertungen angelegt werden. 40% der Deutschen würden Israel als Staat kritisieren. Sind dies alles Antisemiten? Nur 5% der Deutschen wollen nicht, dass ein Mensch jüdischen Glaubens in die Familie durch Heirat eintritt. Wo liegt die Trennschärfe bei den Umfragekriterien?
Ein Teilnehmer fasste den Abend bei der Diskussionsrunde so zusammen:
„Hätten es die Nazis 1933 nicht an die Macht geschafft, hätte es den Holocaust nicht gegeben.“
Eingeladen zu dieser Form einer Gedenkveranstaltung hatten:
Die Linke Ludwigshafen und Rheinpfalz-Kreis, Ludwigshafen setzt Stolpersteine e.V., Kulturzentrum Das Haus, Omas gegen Rechts Rhein-Neckar und Aufstehen gegen Rassismus Rhein-Neckar.
(Bericht: Rick de la Fuerte / Fotos: Aufstehen gegen Rassismus Rhein-Neckar und von Privat)