MdB Akbulut: Corona-Krise verschärft die soziale Ungleichheit
Kommentar von Gökay Akbulut – Mannheimer Bundestagsabgeordnete der LINKEN
Die Corona-Krise verschärft die soziale Ungleichheit
Während die Bundesregierung, Länder und Kommunen mit verschiedenen Maßnahmen und Gesetzen versuchen die Corona-Pandemie einzudämmen, sind die Auswirkungen gerade für Menschen in prekären Lebenslagen verheerend. Arme Menschen sind häufiger chronisch krank, leben isoliert und sind oftmals höheren Gesundheitsrisiken ausgesetzt. Sie leben unter schlechteren Wohnverhältnissen und haben weniger Möglichkeiten, um sich ausreichend zu schützen. Auch wenn das
„Wir“ in Zeiten von Corona in den Mittelpunkt gestellt wird, sind die Auswirkungen für die benachteiligten gesellschaftlichen Gruppen gravierend. Fakt ist, dass die Krise alle aber in unterschiedlicher Form und Härte trifft.
Daher ist das Gebot der Stunde Interessen und Forderungen zu bündeln um eine solidarische Lösung der Corona-Krise durchzusetzen.
Erwerbslose, Menschen die von Armutsrenten leben, Alleinerziehende, abhängig Beschäftigte, insbesondere im Niedriglohnsektor, Soloselbstständige, Kleinst- und Familienunternehmen, sowie Kulturschaffenden sind besonders von dieser Krise betroffen.
Wohnungslose Menschen oder Geflüchtete in Sammelunterkünften dürfen hierbei nicht vergessen werden. Die Ansteckungsgefahr für Obdachlose, sowohl auf den Straßen, als auch in den Sammelunterkünften, ist besonders hoch.
Viele Menschen leben in Angst und Unsicherheit und wissen nicht, wie es weitergehen soll. Sie haben kaum Rücklagen oder andere Ressourcen um einige Monate zu überbrücken. Aber auch Gastronomie, Großhandel und Baugewerbe, und auch Hotels, Reisebüros, Automobilbranche sowie das Gesundheitswesen, Einzelhandel und persönliche Dienstleister wie Friseure oder Kosmetiker stehen vor schwierigen Zeiten.
Um eine drohende Insolvenzwelle und wirtschaftliche Einbrüche abzuwenden, haben Bund und Länder Rettungsschirme für Unternehmen aufgelegt. Inwieweit der Rettungsschirm der Bundesregierung in Höhe von 50 Milliarden Euro für Kleinstunternehmen wirken wird, ist fraglich.
Ein umfassendes Investitionspaket und Maßnahmen sind notwendig, um die Menschen gesundheitlich und finanziell zu schützen. Es wurden eine Reihe von Maßnahmen in den letzten Wochen von den Kommunen, Ländern und der Bundesregierung verabschiedet: u.a. Kurzzeitarbeitsgesetz, Rettungsschirme für Unternehmen, Aufhebung von Stromsperren und Zwangsvollstreckungen, Streichung von Kita-Gebühren, Verbot von Kündigungen von Mietverhältnissen usw.
Obwohl die Maßnahmen für die verschiedenen Bereiche begrüßenswert sind, wirken sie derzeit wie ein Flickenteppich. Vor allem ist unklar welche Folge-Effekte nach der Corona-Krise in den einzelnen Bereichen eintreten werden.
Im Zeitraum 1. März bis 30. Juni, soll bei Hartz IV Empfängern die Vermögensprüfung und Prüfung der Höhe der Wohnungsmiete für 6 Monate wegfallen. Eine Aufstockung der Hartz IV Sätze oder Zuschläge zur Überwindung der Corona-Krise ist derzeit nicht vorgesehen. Da viele Job-Center geschlossen haben und die Kundenhotlines überlastet sind, ist es wichtig hier Anträge schnell und ohne große Hürden zu bewilligen.
Das Kurzarbeitsgesetz ist für viele Beschäftigte unzureichend, da 60 % bzw. 67 % des Nettolohns die laufenden Lebenskosten nicht decken. Beschäftigte die auf Mindestlohnniveau arbeiten müssten schnell und unbürokratisch mindestens zur Grundsicherung aufstocken können. Die Forderung einiger Gewerkschaften das Kurzarbeitsgeld auf 90 % anzuheben ist sehr zu unterstützen.
In Baden Württemberg mussten ca. 42 % der Tafeln geschlossen werden. Aufgrund der Hamsterkäufe konnten viele Supermärkte, Bäckereien usw. nichts mehr liefern. Außerdem konnte der Schutz von ehrenamtlichen Mitarbeitern nicht mehr gewährleistet werden. Die Landesregierung darf Notdürftige nicht verhungern lassen und sollte Alternativen wie z.B. Lebensmittelgutscheine einführen.
Wie oft sind es Frauen die in Krisenzeiten großen Belastungen ausgesetzt sind. Verkäuferinnen und Pflegerinnen müssen unter schwierigen Arbeitsbedingungen und enormen Druck arbeiten. Berufe in sozialer Arbeit, Gesundheit, Pflege & Erziehung, sowie haushaltsnahe Dienstleistungen müssen dringend aufgewertet werden! Das gilt auch für Verkaufspersonal.
Beeindruckend ist vor allem das ehrenamtliche Engagement der Bevölkerung die innerhalb kürzester Zeit Hilfe organisiert haben. Seit Beginn der Corona-Pandemie wurden in vielen Städten und Regionen Deutschlands verschiedene Formen von Hilfsstrukturen gebildet. Kirchen, Sozialverbände, Parteien, Gewerkschaften und viele andere bieten Einkäufe für die Nachbarn, Betreuungsangebote für Kinder, Telefon-Hotlines und vieles mehr für Hilfe und Schutzbedürftige an. Auch in Mannheim wurden innerhalb kürzester Zeit verschiedene Hilfsstrukturen aufgebaut.
Vielen Dank an alle die sich für eine soziale und solidarische Gesellschaft einsetzen. Hier eine Auswahl:
Ewwe Longt‘s:
In der Neckarstadt gibt es durch das Ewwe Longt‘s ein Hilfsdienst: Von 12-15 Uhr können sich Menschen unter 01746678971 melden um Unterstützung bei Einkäufen und Botengänge zu erhalten.
ALLE für ALLE (Jugendorganisationen der Parteien):
Unter dem Motto „Alle für Alle“ bieten die Parteijugenden von FDP, den Grünen, der Partei Die LINKE und der SPD Hilfe an: Botengänge, Kinderbetreuung; Hunde ausführen unter 01523 6976167 oder unter allefueralle.mannheim@gmail.com kann man sich melden.
Diakonie Mannheim:
Die Diakonie Hilft unter dem Motto “Kirche hilft: Brot und mehr”.
Unter: 0175/ 3463-4584 (Mo.-Fr. jeweils von 9:00 bis 14:00)
IG Metall:
IG Metall bietet von Zeit zu Zeit Live-Streams an und informiert über die Situation:
https://www.facebook.com/IGMetall.Mannheim
Nachbarschaftshilfen:
In vielen Hausfluren sieht man Aushänge von Privatpersonen die anbieten, ihre Nachbarn aus Risikogruppen zu unterstützen. Virtuell werden solche Angebote und Hilfsgesuche ach in der Facebook-Gruppe „Mannheim Hilft“ gesammelt.
https://www.facebook.com/groups/669949203778414
Stadt Mannheim: Die Stadt Mannheim hat eine telefonische Info-Hotline (0621 293-2253) rund um das Thema Coronavirus geschaltet.
Gökay Akbulut
Pressemitteilung der LINKEN Mannheim
Corona bringt Kliniken in Bedrängnis – Fallpauschalensystem gehört abgeschafft!
Die Bundesregierung hat zur Eindämmung des Corona-Virus beschlossen, alle planbaren Operationen und Eingriffe in den Krankenhäusern auf unbestimmte Zeit auszusetzen. Das betrifft auch die drei Mannheimer Krankenhäuser, die die finanziellen Einbußen nun kompensieren müssen.
Dazu die Mannheimer LINKE-Stadträtin Hanna Böhm: “Diese Regelung ist notwendig, um ausreichend Kapazität für schwererkrankte Corona-Infizierte zu schaffen. Speziell die Beatmungsgeräte sind gefragt. Durch das Fallpauschalensystem bedeuten die ausgesetzten Eingriffe und Operationen allerdings Einnahmeneinbußen, die beispielsweise das Uniklinikum schwer treffen werden. Durch die Einführung der Fallpauschalen wird jede Behandlung zu einem bestimmten Abrechnungswert vergütet. Es kann doch nicht sein, dass Krankenhäuser, um nicht in die roten Zahlen zu rutschen, auf “profitable” Operationen angewiesen sind. Statt Wettbewerb und Marktkonkurrenz brauchen wir eine Krankenhausfinanzierung, die die Krankenhäuser in die Lage versetzt, ihrer eigentlichen Aufgabe gerecht zu werden. Die Bundesregierung muss die Mannheimer Krankenhäuser nun mit finanziellen Ausgleichsleistungen unterstützen.”
Gökay Akbulut, Bundestagsabgeordnete für DIE LINKE: “Die Corona-Krise trifft in Deutschland auf ein kaputt gespartes Gesundheitssystem und einen gravierenden Pflegenotstand. Die Beschäftigten im Gesundheitssektor haben schon vor Corona Überstunden geschoben, die Situation hat sich nun deutlich verschärft. Als Sofortmaßnahme schlagen wir als LINKE vor, die Löhne der Beschäftigten in der Pflege um pauschal 500 Euro im Monat zu erhöhen. Wir müssen unser Gesundheitssystem dauerhaft krisenfest machen. Dazu braucht es ausreichende Investitionen, immerhin hat sich in den letzten Jahren ein Investitionsstau von rund 30 Milliarden Euro angesammelt. Es wird endlich Zeit, vom Credo der Profite durch Privatisierung in der Gesundheit wegzukommen. Das Fallpauschalensystem gehört abgeschafft und durch eine bedarfsdeckende Finanzierung ersetzt. Corona muss ein Weckruf werden.”
Mannheim, den 22.03.2020
Ansprechpartner bei Rückfragen:
Sahra Mirow (Mitarbeiterin Wahlkreisbüro Akbulut), 0621/12508777, goekay.akbulut.ma02@bundestag.de
Dennis Ulas (Kreissprecher DIE LINKE Mannheim), 0160/95157963, dennis-ulas@web.de
Anmerkung der Redaktion:
Außer den hier veröffentlichten Stellungnahmen gibt es natürlich noch viele andere und erwähnenswerte Stellungnahmen und Initiativen. Wir weisen in diesem Zusammenhang auf die Kampagne für die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen (www.labournet.de) und auf eine Unterschriftensammlung von ver.di für eine Petition für 90% Kurzarbeitergeld hin.