Verkehrsversuch im Mannheimer OB-Wahlkampf: Von der Überhol- auf die Standspur
Skurriles Wahl-Theater
In den nächsten Wochen bis zum 18. Juni und vermutlich bis zum 9. Juli 2023 werden sich die Skurrilitäten im kommunalpolitischen Raum häufen. Es geht jedenfalls schon jetzt sehr unterhaltsam los.
Da sucht einer Anschluss an den Profifußball, um sich ein bisschen zusätzlichen Glanz zu holen. Das Verlangen nach einem neuen Stadion mit 15.000 Plätzen und davon 2.500 VIP-Plätzen ist schon irre genug. Aber dann erklärt der Oberbürgermeisterkandidat dem Vereinspräsident, dass man besser auf 20.000 Plätze gehen sollte, und dieser lässt sich rasch überzeugen. Wer bietet mehr? Die Stadt hat ja sonst keine Probleme und selbst wenn der Vereinspräsident die Millionen für einen Neubau auf dem Konto haben sollte, muss die Stadt einen ordentlichen Teil dazu beitragen, selbst wenn es „nur“ um das Grundstück und die Infrastruktur um ein Stadion herum gehen sollte.
Der Kandidat, auch bekannt als Kämmerer der Stadt, kennt die Kassenlage wie kein Zweiter und geht trotzdem in den Überbietungswettbewerb. Im Zeichen des Wahlkampfs ist nichts unmöglich. Das alleine ist schon unterhaltsam genug und postillonreif. Dass aber ausgerechnet der Sicherheitsdezernent und Kandidat nun sein Herz für Fußballfans in Rollstühlen entdeckt, ist wirklich schräg.
Schaut man auf die Straßen und die Gehwege der Stadt und kennt die Situation der Menschen in Rollstühlen beim Versuch, sich im öffentlichen Raum zu bewegen, dann kann man nur noch staunen. Der Bürgermeister ist immerhin seit rund 15 Jahren auch für Sicherheit und Ordnung zuständig! Der ruhende Verkehr fällt also in seine ureigenste Zuständigkeit. Trotz des Erlasses zur konsequenten Überwachung und Sanktionierung von Ordnungswidrigkeiten im ruhenden Verkehr des baden-württembergischen Verkehrsministeriums und trotz der Straßenverkehrsordnung als geltendem Recht, ist nicht nur für Menschen in Rollstühlen und mit Rollatoren das Vorwärtskommen auf den Gehwegen eine Katastrophe. Da wären doch diese Hausaufgaben erstmal zu erledigen, bevor der Kandidat sich zum Kämpfer für bessere Sicht und besseren Zugang in das Profistadion aufschwingt. Aber jetzt ist natürlich keine Zeit Ernst zu machen, jetzt wird gewahlkrampft.
Das geltende Recht hat der Kandidat allerdings beim Abbruch des Verkehrsversuchs für sich reklamiert und spricht das Wissen darum anderen ab. In den Sitzungen des Gemeinderates hält er sich zum Thema fein zurück. Bei den Reden vor seinen Unterstützer*innen wirft er aber dem Lager der Konkurrenzen „die einseitige Verbrämung des Pkw als einen Fehler“ vor. Eine Mobilitätswende speziell in der Innenstadt sei zwar notwendig, aber er verrät uns nicht ,wie diese aussehen soll, auch wenn er in seiner jetzigen Funktion als Erster Bürgermeister viel hätte dazu beitragen können, um den „schwächeren“ und umweltfreundlicheren Verkehrsteilnehmer*innen zu ihrem Recht zu verhelfen.
Vielleicht erinnert sich seine Partei mittlerweile ungern an ihren ehemaligen Maskenfürsten Löbel, aber immerhin hatte dieser 2019, vor lauter Angst nach dem Ergebnis der Kommunalwahl im gleichen Jahr, eine von den Grünen abgeschaute Kampagne für Fußgängerzonen in der Fressgasse und der Kunststraße initiiert. Der damalige Antrag der CDU sah vor, diese bis zur Eröffnung der Bundesgartenschau im April 2023 einzurichten. Am Ende wurde es, gegen die Stimmen der CDU „nur” der Verkehrsversuch. Diesen wiederum bekämpfte die CDU mit großer Vehemenz und die Rechtsabteilung des Kandidaten und Bürgermeisters suchte wohl die Chance diesen aus rechtlichen Gründen zu beenden.
Der letzte Akt dieses Theaterstücks steht noch aus. Aber schon jetzt könnte man die Schwarze Schmierenkomödie für den Negativpreis „die Goldene Himbeere” nominieren.
Gerhard Fontagnier
Nominierung Löbel zum Bundestagskandidaten Oktober 2020 mit 86%:
https://www.dropbox.com/s/rf15x2zvgp5paxi/specht26102020.mov?dl=0
Video zur Löbel-CDU Kampagne und zum Antrag Fußgängerzonen:
https://www.facebook.com/cdu.mannheim.de/posts/pfbid0h7WUfmfbLv9u2SRM4sPpsG4WjHR2V53MEoLVYG9sb8mXXGYjAF22BzShWENaNorwl