Ein Jahr nach dem tödlichen Polizeieinsatz: Demo gegen Polizeigewalt in Mannheim [mit Bildergalerie und Video]
Zum Jahrestag des tödlichen Polizeieinsatzes auf dem Marktplatz demonstrierte die „Initiative 2. Mai“ erneut gegen Polizeigewalt. Immer noch seien die Täter nicht verurteilt, immer noch erhielten sie ihr Gehalt und würden von den Behörden in Schutz genommen, während die Angehörigen des Opfers keine Unterstützung erhielten, so die Kritik der Initiative.
Tödliche Polizeigewalt mit vielen Zeug*innen
Vor einem Jahr kam es zu einem Polizeieinsatz mit tödlichen Ausgang. Mitarbeiter des ZI (Zentralinstitut für seelische Gesundheit) hatten die Polizei gerufen, da sich ein Patient entfernt hatte. Am Marktplatz kam es zum Vorfall, der für den Patienten tödlich ausging. Ein Polizist führte ihm nach bisherigen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft so schwere Verletzung zu, dass er Blutungen in den oberen Atemwegen erlitt und in Folge einer Fixierung am Boden an seinem Blut erstickte. Der Vorfall löste große Bestürtzung aus, da er von zahlreichen Passant*innen beobachtet und gefilmt wurde und es nach Aussage vieler Zeug*innen offensichtlich keinen Grund für die brutale Polizeigewalt gab.
Ein Jahr danach gibt es immer noch keinen Prozess gegen die beiden beteiligten Polizisten. Einer ist suspendiert, erhält also weiterhin seine Bezüge, der zweite wird wieder im Innendienst eingesetzt. Die Polizeigewerkschaft stellt sich schützend hinter die Beschuldigten.
Demonstration zum Markplatz
Zur Demonstration am Jahrestag kamen rund 300 Menschen. Sie trafen sich zur Kundgebung auf den Planken gegenüber des Wasserturms und zogen über den Paradeplatz bis zum Tatort am Marktplatz. In den Redebeiträgen wurde neben der zögerlichen juristischen Aufarbeitung auch das Verhalten des Polizeipräsidenten kritisiert.
Die Rolle von marginalisierten Gruppen in der Gesellschaft und deren überproportional große Gefahr, Opfer von polizeilichen Repressalien und Gewalt zu werden, ordnete ein Redner als Folge kapitalistischer Ökonomie ein. Arme Menschen, Migrant*innen, Geflüchtete, People of Color, aber auch Behinderte und psychisch Kranke sind überdurchschnittlich häufig betroffen von Gewalt. Eine Rednerin kritisierte, dass bei Konflikten mit psychisch Kranken häufig die Polizei gerufen werde, obwohl diese in der Regel keine Kompetenzen im Umgang mit den Erkranungen habe und es deshalb häufig zu unnötiger Gewalt komme. Es brauche weniger Polizei und mehr Sozialarbeiter*innen.
Zur Sprache kam auch ein anderer Vorfall, der sich erst wenige Tage vor der Demonstration ereignete. Vier Teilnehmer eines Jugendaustausch wurden bei einem Polizeieinsatz von einem Sondereinsatzkommando vorübergehend festgenommen. Sie beklagen körperliche Gewalt und Demütigung, obwohl sie völlig unschuldig seien. An die Polizei wurde der Vorwurf gerichtet, dass dieses brutale Vorgehen nur aufgrund der dunklen Hautfarbe der vier jungen Männer so exszessiv ausgeübt wurde. Die Polizei bestätigte zwischenzeitlich den Vorfall, weist aber die Kritik von sich. Kommunalinfo wird dazu in einem weiteren Artikel berichten.
Blumen und Kerzen am Tatort
Nach der Abschlusskundgebung am Marktplatz wurde eine Schweigeminute für den Toten abgehalten. Viele gingen anschließend zum Tatort vor einem Geschäft am Quadrat G2, legten Blumen und Botschaften ab oder zündeten eine Kerze an. (cki)
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