Endlich: Stadt Mannheim lässt rechtsextreme Wahlplakate abhängen
Staatsanwaltschaft auf dem rechten Auge blind?
In der Relaisstraße in Mannheim-Rheinau hängen sehr gut sichtbar Plakate der rechtsextremen Organisation „Der III. Weg“. Auch an anderen Stellen in Mannheim hängen Plakate dieser Organisation und der NPD. Die Aussagen der Plakate („Für Volksverräter reserviert“, „Migration tötet“, „Multikulti tötet“) riefen Bürger und örtliche Politiker auf den Plan.
Nun hat die Stadt Mannheim reagiert und das kostenpflichtige Abhängen dieser Plakate verfügt, sollten die Plakate nicht bis heute von diesen Organisationen selbst abgehängt werden.
Die öffentliche Sicherheit sei gefährdet. In der Begründung schreibt die Stadt Mannheim: „Solche Plakate sind geeignet, den öffentlichen Frieden zu gefährden; es werden Ängste gegen Migranten und ethnische Gruppen geschürt, indem diese pauschal als kriminell und Schwerststraftäter gebrandmarkt werden.“
Die Staat Mannheim hat schon seit einer Woche diese Verfügung in der Schublade. Nach der Stellungnahme der Schwerpunktstaatsanwaltschaft Karlsruhe (Staatsschutz), die einen Anfangsverdacht wegen Volksverhetzung verneinte, hatte die Stadt von einer entsprechenden Verfügung zunächst abgesehen.
Inzwischen gibt es aber eine gegenläufige Entscheidung der Oberverwaltungsgerichts Chemnitz, das dem konkreten Plakat („Multikulti tötet“) sehr wohl volksverhetzenden Charakter beigemessen hat. Diese Änderung der Rechtslage dürfte nun dazu führen, dass außer der Stadt Mannheim auch andere Kommunen diese Plakate abhängen lassen.
Bemerkenswert ist der Fall Pfinztal:
Die nordbadische Gemeinde im Landkreis Karlsruhe hat schon vor einigen Tagen 15 Plakate der Partei „Die Rechte“ entfernen lassen. Die sehr auffälligen Plakate („Israel ist unser Unglück“ und „Wir hängen nicht nur Plakate“ in großer Schrift und in klein „Wir kleben auch Aufkleber“) empörte viele Bürger. Nach der Entfernung der Plakate organisierte „Die Rechte“ eine Demo in Pfinztal und plakatierte erneut. Doch auch diese neuen Plakate ließ die Stadt wieder entfernen. Die Stadt hat Strafanzeige wegen Volksverhetzung gestellt und sieht sich von den übergeordneten Behörden im Stich gelassen. Auch hier stellte die Staatsanwaltschaft Karlsruhe die Ermittlungen ein, da sie einen volksverhetzenden Charakter nicht gegeben sah.
So erfreulich es nun ist, dass die Stadt Mannheim diese widerwärtigen Plakate abhängt, desto negativer ist das Verhalten von Teilen der Justiz zu beurteilen, in diesem Fall der Staatsanwaltschaft Karlsruhe, die ja auch Teil der Exekutive ist, das heißt des Landes Baden-Württemberg.
Zu Recht fordern Bürger und einzelne Politiker, dass hier Handlungsbedarf besteht. Der Mannheimer SPD-Landtagsabgeordnete Weirauch fordert mehr Entschlossenheit gegenüber verfassungsfeindlicher Wahlwerbung: “Es reicht nicht, immer nur an die Zivilcourage der Bürger zu appellieren, auch die staatlichen Institutionen müssen hier mit guten Beispiel vorangehen”. Stadtrat Thorsten Riehle , der in der vergangenen Woche im Sicherheitsausschuss des Gemeinderats die Stadt aufgefordert, gegen die Plakate auf der Relaisstraße in Rheinau vorzugehen, erklärt: „Solche Plakate gefährden den öffentlichen Frieden in unserer Stadt. Das hat nichts mit Toleranz und Vielfalt, für die wir zurecht einstehen, zu tun, sondern mit rechtsradikalem Gedankengut, das nicht in unsere Stadt gehört“. Die Sprachwissenschaftlerin und Stadträtin Heidrun Kämper hat einen eindeutigen rechtsextremen Bezug der Plakate hergestellt:
„ Der Ausdruck Volksverräter war im Regime der Nationalsozialisten eine Legitimationsvokabel, mit der Menschen zum Tode verurteilt wurden, weil sie in der NS-Lesart sich gegen die Volksgemeinschaft vergangen haben.”
Hierüber sollte ein parteiübergreifender ein Konsens in Mannheim und anderswo erzielt werden.
Auch die Justiz als dritte Gewalt muss aber ab einem gewissen Punkt kritisch beurteilt werden. Die Rechtsauffassung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe ist zumindest befremdlich. Um zur Ausgangsfrage zurückzukehren: „Staatsanwaltschaft auf dem rechten Auge blind?“
Roland Schuster – 24. Mai 2019