“Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte”: Einspruch zurückgezogen – Strafbefehl akzeptiert
Am 12.08.19 wurde der Einspruch gegen einen Strafbefehl wegen „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ am Amtsgericht Mannheim verhandelt. Die Aussagen der vor Gericht angehörten Zeugen widersprachen sich in Teilen extrem. Nachdem nicht alle Zeugen am ersten Verhandlungstag gehört werden konnten, wurde die Verhandlung auf den 29.08.19 vertagt. Dazu kam es nicht mehr, nachdem sich Verteidigung und Staatsanwaltschaft aussergerichtlich geeinigt hatten. (Az: 29Cs806Js5199UG)
Rückspiegel:
Am 16.11.18 berichtete KIM über eine Kundgebung gegen die damals in Mannheim eingeführte Videoüberwachung. Ein KIM-Reporter war damals vor Ort und dokumentierte Geschehnisse, welche auch Gegenstand der Verhandlung waren.
Ungutes Klima, Einschüchterungsversuche – Zeugen widersprechen sich
Der vorsitzende Richter Fritz und der Vertreter der Staatsanwaltschaft Reinhard machten mit ihrem Auftreten von Anfang an deutlich, dass sie eine strikte Politik verfolgen. Mehrfach wurden Besucher der öffentlich geführten Verhandlung – augenscheinlich anstandslos- darauf hingewiesen, dass Fotografien und Handy-Filmaufnahmen im Gerichtssaal verboten ist und, sich Abweichungen hierzu zum Ausschluss von der Verhandlung und dem Herbeirufen von Justizbeamten führen könnte.
Clemens Leibig (*) hatte Einspruch gegen einen Strafbefehl eingelegt. Er war beschuldigt worden „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ an besagtem 16.11.18 begangen zu haben.
Ihm war zur Last gelegt worden „unrechtmäßig möglicherweise Foto-/Film-/Tonaufnahmen mit einem Smartphone gefertigt zu haben, als er Übergriffe von Polizeibeamten auf einen Dritten fertigte“ und „sich gegen eine Feststellung seiner Identität“ gewehrt zu haben.
Dieser Vorwurf konnte durch Zeugeneinlassungen nicht erbracht werden. Als beweisführendes Mittel der Staatsanwaltschaft Mannheim konnte das angeführte Smartphone keinem Besitzer zugeordnet werden. Daten konnten von Seiten der Polizei nicht ausgelesen werden. Zeugen gaben vor Gericht zu Protokoll, dass der Beschuldigte seinen Personalausweis spätestens in einem Wettbüro in der Mittelstraße gezeigt hätte (NB: nach der Ingewahltnahme durch Polizeikräfte)
Faktisch festzustehen schien am Verhandlungstag, nachdem der Beschuldigte und Zeugen der anklagenden Staatsanwaltschaft Mannheim sowie der Verteidigung vor Gericht ausgesagt hatten, dass die Aussagen sich in vielen, auch für der vorsitzenden Richter, diametral gegenüberstanden, dass die Verhandlung mit weiteren Zeugen zur Entlastung von Clemens L. weitergeführt werden sollte. Als neuer Verhandlungstermin wurde der 29.08.19 vom Gericht bestimmt. Zwei neue Zeugen, aus den Reihen der Polizei sollten vor Gericht vernommen werden.
Verteidigung und Staatsanwaltschaft einigen sich – Privatleben geht vor
In einem Telefonat mit der KIM-Redaktion teilte der Rechtsanwalt Elmar Herding, am 30.08.19, der die Interessen von Clemens L. vertritt mit, dass sein Mandant den Einspruch gegen den Strafbefehl (€ 750,-) zurückzieht.
Begründet wurde diese Entscheidung durch den Anwalt damit, dass sein Mandant, der inzwischen als Arzt an einer Klinik in Norddeutschland beschäftigt ist, mit diesem Kapitel abschließen möchte. Zudem wäre bei der Weiterführung des Verfahrens vor dem Amtsgericht Mannheim wegen eines noch anhängenden Vorwurfs bei einem Berliner Gericht, wegen einer möglichen Beteiligung an einer Sitzblockade gegen eine Neo-Nazi-Demo, im Risiko. Das Risiko könnte eine Gesamtstrafenbildung von 90 Tagessätzen oder mehr bedeuten. Ab 90 Tagessätzen erfolgen Einträge u.a. ins Führungszeugnis. Dieses Risiko für Clemens L. sollte laut Anwalt durch die Rücknahme des Einspruchs reduziert werden.
(*)Name von der Redaktion geändert
(Bericht: Christian Ratz / Fotos: KIM-Archiv)