Solidarisch nicht alleine: Der 1. Mai im Netz und auf der Straße [mit Bildergalerie und Video]

Kundgebung mit Abstand auf dem Marktplatz

Die Absage der traditionsreichen Veranstaltungen zum 1. Mai schmerzte auch viele Gewerkschafter*innen in Mannheim. Schon früh hatte der DGB angekündigt, dass Demo und Fest auf dem Marktplatz im Corona-Jahr 2020 nicht stattfinden können. Stattdessen gab es einen Livestream, der Protest wurde ins Netz verlagert. Das Motto sollte Mut machen: Solidarisch ist man nicht alleine.

Im Zuge der jüngsten Entwicklungen, wonach politische Versammlungen unter besonderen Sicherheitsmaßnahmen durch die Behörden gestattet werden müssen, hatte sich ein Aktionsbündnis 1. Mai gebildet, initiiert von Gewerkschafter*innen und politisch Aktiven, das zu einer bewusst klein gehaltenen Kundgebung auf dem Marktplatz aufgerufen hatte.

DGB Veranstaltungen im Netz

DGB Regionsvorsitzender Lars Treusch beim Livestream aus dem Capitol | Bild: Screenshot Facebookseite DGB Nordbaden

Eigentlich bietet die Corona-Krise viele Anlässe, die Forderungen der Gewerkschaften auf die Straße zu tragen. Steigende Arbeitslosigkeit, Streit um die Höhe des Kurzarbeitergeldes, das Ringen um staatliche Hilfen und die politische Diskussion um die Abwägung zwischen Freiheit der Wirtschaft und Gesundheitsschutz der Bevölkerung, insbesondere natürlich der Beschäftigten in Risikoberufen.

Der DGB verlagerte seine Botschaften komplett ins Netz. Am Vorabend gab es einen Livestream mit Botschaften von Gewerkschafter*innen, dem Oberbürgermeister und einem Kulturprogramm aus dem Capitol. Am Morgen des „Tag der Arbeit“ folgte das Hauptprogramm des DGB zunächst mit einer Stunde Programm des Landesverband Baden-Württemberg. Anschließend gab es den professionell gestalteten Stream aus Berlin. Trotz aller Mühen und des hohen Aufwands, muss man feststellen, dass eine digitale 1. Mai Feier kein würdiger Ersatz für bewährte Traditionen der Gewerkschaften ist. Die Klickzahlen der Videostreams lassen vermuten, dass man mit der digitalen Variante nur einen Bruchteil der Menschen erreichen konnte, die sonst zu tausenden auf die Gewerkschaftsfeste in den Städten strömen.

Aktionsbündnis 1. Mai auf der Straße

Im Interview betonte Mitorganisator Wolfgang Alles vom Aktionsbündnis 1. Mai, man wolle mit der Kundgebung am Nachmittag keine Konkurrenzveranstaltung zu den Internet-Aktivitäten des DGB machen. „Es ist ein kleiner Versuch, in der Öffentlichkeit Flagge zu zeigen“. Bei der Planung seien DGB und Einzelgewerkschaften im Vorfeld informiert worden. Und tatsächlich fanden sich auch Mitglieder der DGB-Gewerkschaften auf dem Marktplatz ein.

Mit Abstand, Mundschutz und weiteren Sicherheitsmaßnahmen bemühten sich Veranstalter*innen und Teilnehmer*innen, eine verantwortungsvolle Kundgebung im Sinne des Infektionsschutzes durchzuführen. Erfahrung brachten viele schon von einer Aktion der Initiative Seebrücke mit, die einige Tage zuvor stattgefunden hatte (KIM berichtete).


Videobeitrag: Interview mit Wolfgang Alles, Mitorganisator des Aktionsbündnis 1. Mai

„Lindner, Gauland, Schäuble, Palmer und Co gefährden Menschenleben für die Wirtschaft“

Bei der Kundgebung auf dem Marktplatz sprachen unter anderem Helmut Schmitt, zum Thema Betriebsratsmobbing, Daniel Leuthner (Bombardier) über mögliche Wege aus der Wirtschaftskrise, Maria Rigot (Bündnis gegen Abschiebungen) über die Situation der Geflüchteten, Hedwig Sauer-Gürth (Friedensplenum) zu den geplanten Anschaffungen von Kampfflugzeugen durch die Bundesregierung und Roland Schuster (Initiative Solidarität mit Rojava) über die politische Situation zum 1. Mai in der Türkei und den kurdischen Gebieten. Musikalisch wurde die Veranstaltung von Bernd Köhler und anderen begleitet.

Redner*innen der Kundgebung am 1. Mai

Moderator Wolfgang Alles betonte anschließend im Gespräch mit dem KIM, dass man die Lockerungen in der Corona-Krise genau beobachten müsse: „Die wirklich Gefährlichen sind Lindner, Gauland, Schäuble, Palmer und Co.“ Sie würden für die Interessen der Wirtschaft Menschenleben gefährden. Der Schutz der Menschen und ihrer Gesundheit müsse aber im Vordergrund stehen.

An der Kundgebung des Aktionsbündnis 1. Mai nahmen ca. 200 bis 300 Menschen teil. Sie wurde nach etwas mehr als einer Stunde beendet.

… und der Rest des Tages

Die Kundgebung des Aktionsbündnis 1. Mai war nicht die einzige an diesem Tag. Zur Vollständigkeit muss noch eine Kundgebung Marxistisch-Leninistischer Parteien am Vormittag erwähnt werden, an der gut 100 Personen teilnahmen, die mit roten Fahnen über den Marktplatz verteilt standen. Am späteren Nachmittag versammelten sich auf dem Marktplatz 20 bis 30 Personen, die dem Milieu der „Corona-Leugner*innen“ zugeordnet werden müssen. Diese Versammlung war nicht angemeldet und wurde nach ca. einer halben Stunde von der Polizei beendet. Über die Bewegung der „Corona-Leugner*innen“ oder “Corona-Rebellen” laut Selbstbezeichnung wird KIM in einem weiteren Artikel berichten.

(Text: cki / Bilder: cki/hr)

 

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