ALTER in MA-Neckarstadt: Am Ende oder geht es doch weiter?

Verwirrung in der Neckarstadt-West

In den Medien wird der Eindruck erweckt, dass das Projekt ALTER alternativlos stirbt. MM: „Das ALTER stirbt für immer“, Rhein-Neckar-Fernsehen: „Ende September gehen bei ALTER am Alten Messplatz die Lichter aus. Auch eine vor kurzem über change.org initiierte Petition schlägt in die gleiche Kerbe. Liest man die die eigentlichen Artikel von MM und RNF, erfährt man, dass es doch irgendwie weitergeht. Was ist also geplant?

Wie weiter mit ALTER?

Zunächst war vor sechs Jahren das Projekt ALTER auf dem Alten Messplatz in der Mannheimer Neckarstadt nur als eine temporäre Zwischennutzung gedacht. Doch aus dem ursprünglich als Provisorium angedachten Projekt ist ein Erfolgsmodell geworden.

Was ist Alter?

ALTER ist ein gemeinwohlorientiertes Projekt mit kostenlosen Sport- und Kulturangeboten. ALTER ist ein öffentlicher Raum. Für die Bespielung der Tischtennisplatten und Basketball-Körbe können Schläger bzw. Bälle entliehen werden. Es gibt ein Kiosk, es besteht jedoch kein Konsumzwang, Essen und Getränke können mitgebracht werden. So hat sich aus ALTER ein beliebter Treffpunkt für Menschen weit über die Neckarstadt hinaus gebildet.

Wie ist ALTER entstanden?

Auch wenn es für Außenstehende den Anschein hat, als sei Alter von selbst, von „unten“ oder von den Menschen in der Neckarstadt von selbst entstanden, die sich eine brach liegende Fläche als öffentlichen Raum einfach angeeignet haben, so ist die Entstehungsgeschichte doch eine andere. ALTER ist erfunden worden von Leuten aus der Kulturszene in Zusammenarbeit mit der Stadt Mannheim, die von LOS, der lokalen Stadterneuerung der Stadt und der städtischen Gesellschaft MWSP vertreten wurde. 2018 wurde der gemeinnützige Verein POW gegründet, der seither mit finanzieller Hilfe der MWSP sowie der Stadt Mannheim das Projekt betreibt und weiterentwickelt.

ALTER beschreibt sich selbst so:

„Das Prinzip: Jeder ist willkommen und niemand soll hier zum Konsum gezwungen werden. ALTER ist weder exklusiv noch gewinnorientiert. Mit dieser Faustregel reißt die Fläche soziale Barrieren ein und gibt der Neckarstadt das, was sie dringend braucht: öffentliche Sport- und Betätigungsflächen, die von unterschiedlichen Milieus gemeinsam genutzt und geprägt werden.“

ALTER ursprünglich nur Übergangsprojekt

ALTER war ursprünglich von der Stadt als ein Übergangsprojekt angesehen worden bis das Gelände bebaut wird. Das Gelände war zeitweise als Grundstück für eine neue Stadtbibliothek mit einer Leuchtturmfunktion für die Stadtentwicklung vorgesehen. Nachdem dieses Projekt (aus meiner Sicht leider) mehrheitlich im Gemeinderat begraben worden ist, war das Gelände frei für ein neues Projekt, ein neues Gebäude für das FDS Forum Deutsche Sprache des Leibniz-Instituts für deutsche Sprache. Zum FDS weiter hinten. Der geplante Baubeginn wurde mehrfach verschoben von März 2023, dann September 2023 auf August 2024. Frühestens 2026 ist mit der Fertigstellung zu rechnen.

ALTER etabliert sich als ein Erfolgsmodell

Nachdem ALTER sich immer mehr zu einem gesellschaftlichen Erfolgsmodell entwickelt hat, wurden die Stimmen für den Erhalt des Projekts aus der Bürgerschaft und auch aus dem Bezirksbeirat und Gemeinderat immer lauter.

Diese Stimmen wurden letztlich von der Stadt gehört und die Planung wurden entsprechend angepasst. Das heißt eine Planung mit dem Gebäude für das FDS und für ALTER. Das FDS soll vor allem auf dem momentan als Parkplatz genutzten Gelände entstehen. Um einen freien Zugang zum Neckar zu ermöglichen, muss Alter allerdings zur Kurpfalzbrücke verschoben und um ca. ein Drittel verkleinert werden. Der viel Raum beanspruchende Pump-Track muss weichen, Tischtennisplatten müssen verschoben werden. Die Basketball-Fläche ist während der Bauphase gefährdet. M. E. kann die Fläche gleichfalls verschoben und erhalten werden. Mit dem OASE-Holzhaus entsteht ein neues Gebäude für Veranstaltungen. Das neue Projekt, das nun OASE und nicht mehr ALTER heißt, wird weiterhin von POW betrieben. Aus ALTER ist OASE geworden. Diese Umbenennung hat nicht unbedingt für Klarheit gesorgt.

Zustimmung und Proteste

Das neue Konzept wurde mehrfach öffentlich vorgestellt, vom Bezirksbeirat und Gemeinderat gab es hierfür Zustimmung. Die Detailplanung ist noch nicht abgeschlossen.

Aber es gab nicht nur Zustimmung. Im Internet über change.org kursiert eine Petition „ALTER stirbt: Für den Erhalt von ALTER!“ und wird inzwischen von 5.800 Personen unterstützt. (Stand: 25.08.2023)

FDS als Prestigeprojekt?

Im Text der Petition wird behauptet, dass ALTER alternativlos dem FDS weichen müsse. Es ist keine Rede von OASE als Nachfolgeprojekt. Dem Projekt „Forum deutsche Sprache“ wird Zynismus unterstellt, da es in einem Stadtteil entstehen solle, „in dem beinahe 70% in der deutschen Sprache nicht oder nur teilweise zuhause sind“.

Das FDS, das auch im Internet nachverfolgt werden kann, soll nach eigener Darstellung gerade kein abgeschlossener Ort des deutschen Bürgertums werden, sondern ein öffentlicher Ort der Begegnung und Interaktion im Stadtteil. Eine öffentliche Dauerausstellung ist geplant. Anders- und Vielsprachigkeit und die Wirkungen auf die deutsche Sprache sollen nicht ausgegrenzt, sondern thematisiert werden. Es ist kein ausgrenzendes Prestigeprojekt, sondern ein integratives Projekt, das sich an die Bevölkerung wendet. Das Konzept des FDS ist einspannendes Vorhaben, und vielmehr als ein zunächst befürchteter müder Abklatsch der nicht gebauten neuen Stadtbibliothek. Es wurde im Bezirksbeirat und Gemeinderat sehr positiv aufgenommen. Der Behauptung der Petition geht m.E. ins Leere.

Probleme beim Übergang von ALTER zu OASE – POW e.V. braucht Unterstützung

Trotzdem ist nicht alles in Butter. Pow e.V. schlägt ganz im Gegenteil Alarm.

In einer Pressemitteilung von POW vom 23.08.2024 heißt es u.a.:

„ALTER geht. Ein Ausblick.

Nachdem der Baubeginn nun für Ende August 2024 geplant ist, sah sich der Vorstand um Julia Alicka und Florian Budke mit der Tatsache konfrontiert, dass dem Verein nach den Wintermonaten tatsächlich nur noch zwei bis drei produktive und bespielbare Monate im Jahr 2024 zur Verfügung stehen. Daher wurde einstimmig beschlossen, das Projekt ALTER wie ursprünglich geplant im Herbst 2023 zu beenden.

Wie geht es weiter?

Das weitere Vorgehen ist derzeit noch offen. Der Vorstand ist im regen Austausch mit Vertreter:innen der Stadt und Politiker:innen aus dem Gemeinderat.

Klar ist, dass eine rein ehrenamtliche Weiterführung nicht mehr ohne weiteres möglich ist. „Wir haben viele Ideen und Ansätze, aber wir brauchen intern auch die Zeit und vor allem auch die Mittel, um diese auf der verkleinerten Fläche des Brückenkopfes erfolgreich weiterzuentwickeln, also eine kreative produktive Pause”, so Alicka. Das erfolgreiche Projekt hat bei allen ehrenamtlichen Akteur:innen nicht nur schöne Spuren hinterlassen und so fordert der Vorstand, dass es nun auch an der Stadt ist, die Zwischennutzung nicht nur verbal, sondern auch finanziell zu einer Mannheimer Institution zu machen. „Was wir über sechs Jahre ehrenamtlich ermöglicht haben, können wir kapazitätsmäßig nicht mehr mit Beruf, Familie und Freizeit in Einklang bringen““.

ALTER bzw. OASE ein Erfolgsmodell mit Problemen, die gelöst werden müssen

Nach Meinung von POW und so hat sich Florian Budke als Vorstand auch gegenüber dem Kommunalinfo geäußert, kann es mit ALTER bzw. POW weitergehen. Aber dafür müsse die Unterstützung der Stadt aufgestockt werden. Außer Unterstützung für den kulturellen und sportlichen Sektor bedarf es der Unterstützung durch Sozialarbeit z.B. mit Obdachlosen oder der Unterstützung bei der Flächenreinigung. Dies könne nicht durch ehrenamtliche Arbeit bewerkstelligt werden. Über die Detailplanung, was auf dem Areal gemacht wird, müsse gesprochen werden. Nach der Sommerpause will POW ein Positionspapier vorstellen und mit der Stadtgesellschaft, der Stadt, dem Gemeinderat und dem Bezirksbeirat in einen produktiven Austausch treten.

POW e.V. bedarf also der dringenden Unterstützung. Dann hat auch OASE, das Nachfolgeprojekt von ALTER, eine Zukunft.

Roland Schuster, Bezirksbeirat Neckarstadt-West DIE LINKE