Haushalt der Stadt Mannheim: Etatrede von Nalan Erol, Fraktionsvorsitzende der LTK Fraktion
Mannheim braucht auch in Zeiten knapper Kassen Zusammenhalt und eine sozial-ökologische Transformation
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
sehr geehrte Herren Bürgermeister,
meine Damen und Herren,
wir sind froh, wieder einen Haushalt in seiner alten Form für zwei Jahre zu beschließen. Doch erneut wird der Haushalt durch äußere Faktoren wie die Regierungskrise, Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, steigende Preise für Energie, Lebensmittel und im Bausektor, eine schwache Konjunktur und den Fachkräftemangel belastet. Das Universitätsklinikum ist weiterhin ein riesiger Kostenfaktor mit unkalkulierbaren Risiken.
Dazu kommt ein Steuersystem, das die Kommunen benachteiligt. Der Stadt werden immer neue Aufgaben übertragen, ohne dass Bund und Land für die entsprechende finanzielle Ausstattung sorgen. Dabei hat Mannheim ohnehin schon im wahrsten Sinne des Wortes viele Baustellen zu bewältigen: Marode Straßen, Brücken und Schulen sowie der Klimaschutz und die Klimafolgenanpassung erfordern hohe Investitionen. Wir begrüßen, dass die Verwaltung im Haushaltsentwurf dafür hohe Aufwendungen vorsieht. Denn nur so kann das Leben in Mannheim funktionieren.
Doch zu einer funktionierenden Stadt gehören auch die gesellschaftlichen Voraussetzungen. Um den Zusammenhalt der Stadtgesellschaft zu sichern, müssen alle Bürgerinnen und Bürger in ihrer Vielfältigkeit einbezogen werden, egal welcher Religion oder Kultur, ob jung oder alt, ob arm oder finanziell abgesichert. Wir müssen verhindern, dass wir uns zu weit vom Ziel „Mannheim für alle“ entfernen. Deshalb blicken wir mit großer Sorge auf drohende Einschränkungen der sozialen Leistungen und Angebote. Die Stadt ist weiterhin in der Pflicht, die Teilhabe und Bildungschancen der schwächeren Teile der Gesellschaft zu verbessern. Wir dürfen uns auch nicht damit zufrieden geben, dass immer noch sehr viele Menschen wohnungslos und/oder auf Tafeln angewiesen sind.
Tierschutz und Tierwohl sind inzwischen als politische Ziele anerkannt, doch es besteht auch hier kein Grund nachzulassen. Manche gute Initiative wie das Stadttaubenmanagement muss langfristig finanziell hinterlegt und umgesetzt werden. Ganz im globalen Trend liegt die vegane Option in Kantinen von Schulen, Betrieben etc. als freie Entscheidungsmöglichkeiten für Tierschutz und Klimaschutz.
„Sicherheit geben in stürmischen Zeiten“ ist der Titel der Etatrede des Herrn Oberbürgermeisters. Man möchte meinen, er beziehe sich auf die dramatischsten Krisen unserer Zeit: die Klimakrise und die Gefährdung der biologischen Vielfalt. Die Flutkatastrophen in diesem Jahr haben uns deutlich gemacht, dass wir unsere Zukunft nur gestalten können, wenn wir unsere Lebensgrundlagen auch vor Ort erhalten. Das muss im Haushalt abgebildet werden. Es liegt an uns, die richtigen Schwerpunkte zu setzen. Lassen Sie uns gemeinsam in eine bessere Zukunft investieren!
Bildung beginnt nicht erst in der Schule
Fangen wir bei den Kleinsten an: Die Kürzung der Betreuungszeiten in den Kitas ist für uns nicht hinnehmbar. Wir erwarten von der Verwaltung, dass sie alles tut, um die Betreuungszeiten wieder auszuweiten – für eine gute vorschulische Bildung vor allem für Kinder aus sozial benachteiligten Haushalten und für die Planbarkeit des Berufslebens der Eltern. Die Hauptursache für die Kürzung ist der Mangel an ausgebildeten Erzieher*innen. Hier sehen wir als wichtigstes Mittel, den Beruf und die Ausbildung dorthin attraktiver zu gestalten. Gute Arbeitsbedingungen und eine gute Bezahlung sind wesentliche Faktoren bei der Berufswahl. Die von uns beantragte Arbeitsmarktzulage, die leider keine Mehrheit gefunden hat, wäre eine Maßnahme, die in anderen Städten längst angewendet wird.
Ich beteilige mich am Lenkungsausschuss Kitaausbau, der ebenfalls eine seit langem überfällige Entwicklung in die richtige Richtung darstellt. Doch was nützen die besten Kita-Planungen, wenn sie von Investoren aus reinem Profitinteresse ausgeführt werden? Wenn die Einrichtungen dann Gebühren erheben, die für die meisten Eltern unerschwinglich sind? Deshalb fordern wir mehr Kitas in der Hand der Stadt oder anderer gemeinwohlorientierter Träger. Wir kritisieren in diesem Zusammenhang auch die Kirchen für ihren Rückzug aus dieser Aufgabe. Ein Mangel an Krippen- und Kitaplätzen und hohe Elterngebühren öffnen die Bildungsschere weiter, anstatt sie für maximale Chancengleichheit zu schließen.
Bildungsgerechtigkeit macht sich auch am Schulangebot fest. Längeres gemeinsames Lernen und ein breiteres Angebot an Bildungswegen erhöhen die Chancen auf bessere und höhere Bildungsabschlüsse. Deshalb begrüßen wir die Rückkehr zu G9 und fordern unvermindert die beschleunigte Errichtung einer „zweiten IGMH“ oder einer Gemeinschaftsschule mit gymnasialer Oberstufe im Mannheimer Süden. Die große Zahl abgelehnter Bewerber*innen an der IGMH spricht Bände. Die neue Gemeinschaftsschule auf Spinelli – hoffentlich im geplanten Zeitplan fertig – ist für junge Menschen aus Seckenheim, Neckarau und der Rheinau keine Alternative. Wir sehen hier dringenden Handlungsbedarf.
Auch eine zukunftsfähige Stadtbibliothek ist ein wichtiger Bestandteil der Bildungslandschaft in Mannheim. Dass ein Neubau nach langen Verzögerungen und dem Umzug der Kinder- und Jugendbibliothek leichtfertig dem Rotstift zum Opfer fällt, stellt für uns eine falsche Prioritätensetzung dar. Aus unserer Sicht ist hier das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Weiterhin hoher Bedarf an preiswertem Wohnraum
Preiswerter und bedarfsgerechter Wohnraum ist in Mannheim weiterhin knapp. Der neue Mietspiegel, der eine Mietpreissteigerung von durchschnittlich 8,4 Prozent umfasst, macht das Wohnen erneut deutlich teurer. Die Neubautätigkeit ist durch gestiegene Zinsen, Materialkosten und Baupreise ins Stocken geraten. Besonders schmerzlich sind die von den Investoren abgesagten Projekte an der Schafweide und auf dem Areal des Collini-Centers, wo über die Sozialquote auch eine beachtliche Zahl an preisgünstigen Wohnungen geschaffen werden sollte.
Daher ist es umso wichtiger, dass die Stadt selbst im Wohnungs- und Grundstücksmarkt aktiver wird. Die Bodenbevorratungspolitik muss engagierter vorangetrieben werden. Leider sind im Haushalt nach wie vor mehr Erlöse durch den Verkauf von Grundstücken als Ausgaben für den Ankauf neuer Grundstücke vorgesehen. Das ist eine falsche Gewichtung.
Die wohnungspolitische Strategie bietet einige Instrumente für preiswerten Wohnraum, die angewendet und nachgeschärft werden müssen. Daher erwarten wir von der Stadt, dass für das Felina-Areal in der Neckarstadt noch Maßnahmen für geförderten Wohnraum ergriffen werden. Gemeinwohlorientierte Bauträger, Mieter*innen-Initiativen, die von ihnen bewohnte Häuser kaufen wollen, und Baugruppen müssen gefördert werden.
Die GBG muss finanziell gestärkt und der Bau öffentlich geförderter Wohnungen für WBS-Berechtigte deutlich ausgeweitet werden. Der Ankauf der 350 geförderten Wohneinheiten auf Sullivan ist ein wichtiger Beitrag hierfür, reicht aber bei Weitem nicht aus. Statt den begrenzten Boden für flächenintensive Einfamilienhäuser zu verschwenden, wie dies auf der Otto-Bauder-Anlage entgegen einem Gemeinderatsbeschluss verstärkt umgesetzt werden soll, brauchen wir mehr bedarfsgerechten Geschosswohnungsbau, vor allem mit Mehrzimmerwohnungen für Familien.
Das Spiegelgelände am Luzenberg soll in Eigentum der Stadt oder MWSP übergehen und für die Bedürfnisse der Bevölkerung entwickelt werden. Für Spinelli erwarten wir, dass mehr Wohneinheiten in mehrgeschossigen Häusern geschaffen werden, um mehr Menschen dort anzusiedeln, aber auch damit sich dort Nahversorgungsangebote tragen können und eine Straßenbahn förderfähig gebaut werden kann.
Durch die Grundsteuerreform kommt es zu einer stärkeren Belastung des Wohnungsbereichs und Entlastung von Gewerbeflächen, was unseres Erachtens ein gravierender Fehler der Landesregierung ist. Wir begrüßen, dass für diesen Doppelhaushalt ein aufkommensneutraler Hebesatz festgelegt wird. Für Härtefälle wie zum Beispiel Siedlerhäuser mit großem Grundstück schlagen wir einen kommunalen Lastenzuschuss vor.
Klimaschutz und Klimafolgenanpassung erfordern mehr Anstrengungen
Mit dem Klimaschutzaktionsplan will Mannheim bis 2030 klimaneutral werden. Bereits heute rühmt sich die Stadt mit dem Titel, eine der „100 klimaneutralen Städte bis 2030“ in der EU zu sein. Doch ein Handlungsrahmen allein reicht nicht aus, um dieser wichtigen Vorbildfunktion gerecht zu werden. Es bedarf konkreter wirkungsvoller Maßnahmen mit der entsprechenden Finanzierung. Außerdem fordern wir die zugesagten dreimal jährlichen Präsentationen des jeweiligen Zwischenstands.
Wir begrüßen, dass sich eine baumschonende Spundwandlösung am Rheindamm abzeichnet. Gerade in Mannheim als am zweitstärksten versiegelte Stadt Deutschlands sollten Bäume und Grünflächen eine hohe Priorität einnehmen. Der zuständige Eigenbetrieb Stadtraumservice ist jedoch durch die Instandhaltung der Infrastruktur so stark belastet, dass er dafür praktisch keine Mittel mehr zur Verfügung hat. Dadurch werden die städtischen Wirkungsziele Erhalt der Grünflächen inkl. Artenreichtum und Klimafolgenanpassung gefährdet. Entsprechend muss der Betriebskostenzuschuss auskömmlich gestaltet werden.
Wir freuen uns, dass Mannheim seinen kommunalen Wärmeplan mit dem Fokus auf klimaneutrale Fernwärme beschlossen hat. Im Rahmen der Dekarbonisierung der Fernwärme begrüßen wir die Geothermie-Pläne für eine nahezu emissionsfreie Energiequelle, fordern aber mehr Tempo. Die Ankündigung der MVV, das Mannheimer Erdgas-Netz innerhalb von zehn Jahren stillzulegen, ist aus unserer Sicht nur konsequent. Die Umstellung auf andere Wärmequellen bedeutet allerdings vor allem für private Hausbesitzer*innen eine große finanzielle Belastung, die durch Förderprogramme abgefedert werden muss. Für Haushalte, die nicht an die Fernwärme angeschlossen werden, ist es unerlässlich, eine niedrigschwellige Energieberatung zur Verfügung gestellt zu bekommen. Die Energiewende kann nur gelingen, wenn niemand auf der Strecke bleibt.
Völlig unbefriedigend ist die anhaltende Abhängigkeit von Energie aus Verbrennung durch das Biomasseheizkraftwerk, das ca. die Hälfte des Mannheimer Fernwärmebedarfs decken soll. Hier von klimaneutral zu sprechen, halten wir für Augenwischerei.
Die Verkehrswende nicht ausbremsen!
Um Mannheim im Verkehrssektor zukunftsfähig aufzustellen, muss so bald wie möglich der Masterplan Mobilität 2035 beschlossen werden. Er wurde in einem aufwändigen Verfahren entwickelt und definiert die Verkehrsziele in den nächsten 15 bis 20 Jahren. Die dafür vorgesehenen Investitionen müssen in die mittelfristige Finanzplanung aufgenommen und angegangen werden. Die Verkehrswende zugunsten von mehr Aufenthaltsqualität, Radverkehr und ÖPNV darf nicht ausgebremst werden. Entsprechend darf es auch keine Hintertürchen für das Gehwegparken wie am Schillerplatz geben. Wir erwarten, dass dem KOD der Rücken beim Einsatz gegen Falschparker*innen in der gesamten Stadt gestärkt wird.
Der Ausbau der Radinfrastruktur und Barrierefreiheit von Fußwegen bleibt eine dauerhafte Aufgabe, die in der Planung und in der Umsetzung durch Stadtraumservice entsprechend finanziell ausgestattet sein muss. Dem Umweltverbund muss mehr finanzielle Priorität eingeräumt werden als dem Autoverkehr. Die Stadt darf nicht weiterhin Anreize für noch mehr Privat-Pkw setzen. Der Raum in der Stadt ist schließlich begrenzt.
Daher erwarten wir auch, dass an einer ernsthaften Verkehrsberuhigung und Begrünung in der Innenstadt festgehalten wird. Das muss mit ausreichenden Mitteln hinterlegt werden. Der Durchgangsverkehr muss effektiv unterbunden und der Zielverkehr so weit wie möglich durch Park-and-Ride auf den ÖPNV und das Fahrrad verlagert werden. Nur so kann auch der Einzelhandelsstandort langfristig gestärkt werden.
Wir begrüßen ausdrücklich die Umgestaltung des öffentlichen Raums in den Stadtteilen wie zum Beispiel am Rheinauer Marktplatz, am Habichtplatz in Käfertal oder in der Langen Rötterstraße (Neckarstadt-Ost). Nun muss auch der Platz vor der Uhlandschule bedarfsgerecht für die kleinen und großen Menschen umgestaltet und entsiegelt werden.
Ebenso erwarten wir ein mutigeres Vorgehen gegen Elterntaxis und für mehr Verkehrssicherheit für die Kleinsten vor Schulen und Kindergärten. Der Mut zu mehr Klimaschutz lässt sich in Zeiten knapper Kassen auch mit einer wichtigen Einsparung verbinden, dem Ende der kostenfreien Überlassung des Flughafengeländes. Selbstverständlich muss der Standort für den Rettungshubschrauber und den schnellen Transport von Organspenden etc. gesichert sein. Aber das als Feigenblatt für den klimaschädlichen und überflüssigen City Airport zu missbrauchen, ist einfach nur schäbig!
Der Tierschutz muss weiter etabliert werden
Um die Taubenkotverschmutzung in den Griff zu bekommen und den Stadttauben ein besseres Leben zu ermöglichen, ist die Errichtung von betreuten Taubenschlägen im Stadtgebiet beschlossen worden. Die Umsetzung des Taubenkonzeptes erscheint zwar kostenintensiv, auf lange Sicht erspart sich die Stadt aber Leid von Stadttauben und viel Taubenkot, der Reinigungskosten und die Gesundheitsgefährdung von Menschen verursacht. Deshalb müssen die Beträge dafür im Haushalt fortgeschrieben und die Suche nach geeigneten Standorten für Taubenschläge intensiviert werden.
Am 1. Oktober dieses Jahres ist die Katzenschutzverordnung endlich vollumfänglich in Kraft getreten. Wir danken SPD und Grünen für ihre Unterstützung. Es muss nun abgewartet werden, ob die Katzenschutzverordnung ohne Sanktionen greift oder ob man bei Nichteinhaltung über Ordnungsgelder nachdenken muss.
Weiterhin braucht die Stadt Mannheim eine Wildtierauffangstation, um aufgefundene verletzte Wildtiere zu schützen und zu retten. Hierfür sollte die Stadt einen geeigneten Standort finden. Es ist ein Unding, dass Finder*innen von verletzen Wildtieren wie weit fahren müssen, um das Tier in Obhut zu geben, zumal längst nicht alle dafür ein Auto zur Verfügung haben.
Immer mehr invasive Tierarten wie zum Beispiel Waschbären wandern nach Mannheim ein. Deshalb brauchen wir ein Management, um dafür tiergerechte Lösungen zu finden, und begrüßen ausdrücklich die Einführung des „Runden Tischs Wildtiere“ als das geeignete Gremium.
Bildungsangebote und sichere Jobs gegen Armut
In Mannheim lebt jedes fünfte Kind von Grundsicherung und ist damit von Armut betroffen. Teilhabe und Bildungsangebote sind für diese Kinder und Jugendlichen besonders wichtig. In diesem Zusammenhang sehen wir statt einer Reduzierung weitere Leistungen im Familienpass plus dringend geboten und fordern perspektivisch die Gebührenfreiheit für Kita- und Hortessen. Außerschulische Bildungsangebote dürfen auch bei angespannter Haushaltslage auf keinen Fall reduziert werden, denn sie bedeuten für die gesamte Stadtgesellschaft eine Investition in die Zukunft. Gute Bildungs- und Berufsabschlüsse sind die beste Voraussetzung, um der Armut zu entkommen.
Neben guten Bildungschancen für alle sind sichere und tarifgebundene Arbeitsplätze das wichtigste Mittel gegen Armut. Deshalb erwarten wir vom „Konzern Mannheim“ die Absicherung ihrer Beschäftigten und faire Übernahmen mit Arbeitsplatzgarantie oder zumindest ohne Probezeit, wie das leider ein Dauerthema für die Schulreinigungskräfte bei der BBS ist. Auftragsvergaben sollen ausschließlich an Unternehmen mit Tarifverträgen erfolgen.
Frauen und ganz besonders alleinerziehende Mütter sind überdurchschnittlich von Armut betroffen. Noch immer ist das Gender Pay Gap nicht geschlossen, auch in Mannheim liegt der Durchschnittsverdienst von Frauen unter dem der Männer. Für Alleinerziehende wird dieser Skandal durch mangelnde Betreuungszeiten erheblich verstärkt.
Mobilität ist ein Menschenrecht, das auch für Transferleistungsempfänger*innen und Menschen mit Beeinträchtigungen gilt. Deshalb erwarten wir von der Stadt, dass die Preissteigerung beim Deutschlandticket für das Sozialticket kompensiert wird. Ebenso muss das Konzept der barrierefreien Toiletten zügiger als bisher umgesetzt werden. Inklusion darf keine Worthülse bleiben.
Gesundheit darf nicht vom Wohnort abhängen
Allgemein- und Facharztpraxen sind in Mannheim der Kassenärztlichen Vereinigung zufolge zwar in ausreichendem Maß vorhanden. Allerdings ist ihre Verteilung sehr ungleichmäßig und die Stadtteile im Sozialraum IV und V sind allesamt unterversorgt. Besonders Facharztpraxen fehlen dort. Umso wichtiger ist die Einführung von Gesundheitszentren mit verschiedenen Angeboten. Deshalb begrüßen wir sehr die Einrichtung des Gesundheitscafés auf der Schönau, sind jedoch aufgrund der fehlenden Finanzierungsperspektive sehr besorgt. Für uns ist klar: Das Gesundheitscafé braucht eine dauerhafte Bestandsgarantie und perspektivisch „Nachahmer“ in anderen unterversorgten Stadtteilen!
Das Angebot an Erziehungsberatungsstellen und Familienhebammen bzw. Gesundheitsfachkräften muss verstetigt und ausgeweitet werden. Die ausreichende Gesundheitsversorgung von Eltern und Kindern ist kein Luxus und erspart Folgekosten im Gesundheitswesen.
Folgekosten riesigen Ausmaßes drohen der Stadt durch den vom Kartellamt untersagten Verbund der Unikliniken Mannheim und Heidelberg. Natürlich hofft auch meine Fraktion auf eine Ministererlaubnis durch den Bundeswirtschaftsminister. Doch wie es auch kommen mag, das Klinikum muss erhalten, mit der „neuen Mitte“ modernisiert und alle Beschäftigten in tarifgebundenen Arbeitsplätzen gehalten werden. Wir sehen hier besonders das Land in der Pflicht, endlich das UMM nicht mehr gegenüber anderen Universitätskliniken in Baden-Württemberg zu benachteiligen.
Spielplätze und Jugendhäuser für lebendige Stadtteile
Ein wesentlicher Bestandteil lebendiger Stadtteile sind Entfaltungsmöglichkeiten für die junge Generation und neben Bildungs- auch Sport- und Freizeitangebote nach ihren Vorstellungen. Deshalb sollten die Wünsche der Kinder und Jugendlichen in den von 68deins! organisierten Stadtteilversammlungen ernster genommen und stärker in Planungen berücksichtigt werden. Dazu gehört auch die Berücksichtigung in der Fortschreibung des Spielplatzkonzeptes.
Die Jugendlichen brauchen vor Ort Treffpunkte möglichst ohne Konsumzwang und vorprogrammierte Konflikte. Das Ziel sollte ein Jugendhaus mindestens in jedem Stadtbezirk mit Öffnungszeiten bis in die Abendstunden sein, um die jungen Menschen nicht auf der Straße sich selbst zu überlassen. Das gilt besonders für die ärmeren und dicht bebauten innerstädtischen Quartiere. Denn sie haben nur geringe Ausweichflächen im Außenbereich und begrenzte private Entfaltungsmöglichkeiten. Hier können wir uns Lösungen mit mehr Möglichkeiten des ehrenamtlichen Engagements vorstellen.
Kultur und Sport für ein lebenswertes Mannheim
Mannheim ist nicht nur City of Music, sondern bietet für seine Größe auch ein ungewöhnlich breites kulturelles Angebot. Neben der Kunsthalle und den Museen ist das NTM ein bedeutendes kulturelles Angebot für die Bewohner*innen der gesamten Region. Als überregional bekannte und vielfach ausgezeichnete Spielstätte ist es auch ein wichtiger Standortfaktor im Städtewettbewerb. Die Sanierung ist ebenso alternativlos wie das Angebot an Ersatzspielstädten, allerdings hätten wir uns ein stärkeres Engagement in den Stadtteilen gewünscht. Dass die Kreditfinanzierung der Sanierungskosten im Eigenbetrieb abgebildet wird, begrüßen wir. Wir erwarten allerdings von der Stadt Nachverhandlungen über die Erhöhung des Landeszuschusses für die NTM-Sanierung. Mannheim darf beim Thema Kultur nicht schlechter gestellt werden als Stuttgart oder Karlsruhe.
Wichtig ist aber auch der Erhalt der Clubs, Kleinkunstbühnen, Galerien und anderer kultureller Einrichtungen. Nachdem sie auch Dank öffentlicher Zuschüsse die Corona-Krise überlebt haben, soll es jetzt nicht am städtischen Haushalt scheitern, zumal sie häufig am finanziellen Limit kalkulieren müssen. Jeder Wegfall eines Kulturangebotes ist ein Verlust für die vielgerühmte Vielfalt der Stadt.
Auch das queere Leben mit dem „Herzstück“ QZM und dem Monnem Pride als Leuchtturm-Event stehen für diese Vielfalt, die Mannheim die Strahlkraft einer kleinen, aber feinen Metropole verleiht. Entsprechend müssen sie finanziell abgesichert werden.
Sicherheit und Sauberkeit
Ausgrenzung und Rassismus als Reaktion auf verfehlte Politik und Abstiegsängste ist mit uns nicht zu machen. Wir fordern solidarischen Zusammenhalt statt scheinbar einfacher Lösungen auf Kosten von Minderheiten und der Schwächsten der Gesellschaft, wie sie rechtspopulistische Parteien vertreten.
Die Zufriedenheit einer Stadtbevölkerung bemisst sich auch an der Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum. Diese leidet nicht nur unter Lärm, Abgasen und zu wenig Grünflächen, sondern auch unter Vermüllung der Plätze und Gehwege. Deshalb setzen wir uns für eine Rückkehr zur festen Sperrmüllterminen ein.
Videoüberwachung ist wenig zielführend, da sie Kriminalität und Ordnungsvergehen wie illegale Müllentsorgung nur verlagert. Auch eine Waffenverbotszone schafft keine Abhilfe. Die bisher erfolgte Auswertung hält wissenschaftlichen Standards mit Vergleichsgebieten ohne Waffenverbotszone nicht stand. Besser wäre eine generelle Einschränkung des Waffenbesitzes. Eine mögliche Gewaltspirale sollte an jedem Ort verhindert werden.
Besonders betroffen von Gewalt sind Frauen, die auch und gerade im privaten Bereich Gewalterfahrungen erleiden. Doch auch im öffentlichen Raum müssen sie besonders geschützt werden, weswegen wir das Frauennachttaxi als Schutzmaßnahme sehr begrüßen. Wichtig wäre auch eine verstärkte Präventionsarbeit in Bezug auf die überwiegend männlichen Täter. Unverzichtbar sind Frauenhäuser als Zufluchtsorte für Frauen, die häufig auch mit ihren Kindern vor Partnergewalt bzw. familiären Gewaltverhältnissen wie Zwangsehen fliehen. Das in Mannheim existierende Schutzangebot, das ohnehin kaum ausreichend ist, darf nicht gekürzt werden. Dasselbe gilt für die Aussteigerinnen-Wohnungen von Amalie, die ebenfalls nicht dem Bedarf gerecht werden können. Für die betroffenen Frauen gilt außerdem: Drohende Abschiebungen können nicht die Alternative zur Zwangsprostitution sein, sie brauchen sichere Bleibeperspektiven.
Danksagung
Die Fraktion LTK bedankt sich bei der Belegschaft der Stadtverwaltung, der Eigenbetriebe und der städtischen Unternehmen. Sie verdienen unseren Respekt, da das Arbeitsaufkommen in den meisten Bereichen eine hohe Belastung und große Herausforderungen bedeutet. Wir möchten uns auch bei allen Ehrenamtlichen und Vereinen bedanken, die tagtäglich mit ihrem Engagement unsere Stadt bereichern.
Mein Dank geht auch an meine Fraktionskollegin und -kollegen für das Vertrauen mir gegenüber. Mein besonderer Dank gilt unserem Team der Geschäftsstelle, Katja Weber und Fraktionsgeschäftsführer Stephan Bordt, für die großartige Unterstützung.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Nalan Erol, Fraktionsvorsitzende der LTK Fraktion
Mannheim, 19. November 2024