Platzumbenennung nach Sophie Berlinghof – Kritik an Stellungnahme der Stadt Heidelberg

Sophie Berlinghof (rechts) bei einer Aktion zum Gedenken an den Widerstandskämpfer Georg Lechleiter im Jahr 1984 | Bild: Archiv der VVN-BdA Heidelberg

Am 5. Februar behandelt der Haupt-und Finanzausschuss des Heidelberger Gemeinderats die geplante Umbenennung des derzeit nach Karl Kollnig (vormals SA- und NSDAP-Mitglied) benannten Platzes im Stadtteil Handschuhsheim; am 20. Februar entscheidet der Gemeinderat endgültig. Die Fraktionsgemeinschaft „Die Linke/Bunte Linke“ im Gemeinderat und die VVN-BdA Kreisvereinigung Heidelberg unterstützen den vom ehemaligen Handschuhsheimer Bezirksbeiratsmitglied Harald Stierle eingebrachten Vorschlag, den betreffenden Platz in Sophie-Berlinghof-Platz umzubenennen. Die Kreisvorstände von GEW und DGB haben Ende Januar beschlossen, sich dem Vorschlag anzuschließen.

Der Vorschlag Sophie Berlinghof wurde von der Stadtverwaltung zur Sitzung des Bezirksbeirats Handschuhsheim am 7. November 2024 nicht in die Tagesordnung aufgenommen, auf Grund einer „Vorauswahl“. Erst auf Antrag aus dem Bezirksbeirat wurde er mitbehandelt. Die Stadt hat zu dem Vorschlag am 27. Januar als Anlage zur Tagesordnung der Haupt- und Finanzausschuss-Sitzung eine „Kurzbiographie zu Sophie Berlinghof mit Stellungnahme zu einer Benennung“ veröffentlicht. Anders als die 16 weiteren Kurzbiographien zu insgesamt neun geplanten Umbenennungen (mit im Durchschnitt eineinviertel Seiten Länge) ist sie doppelt so lang und enthält als einzige eine Seite „Stellungnahme zu einer Benennung“:

Frau Berlinghof sei – so die „Stellungnahme“ der Stadt – „zumindest in ihrem höheren Lebensalter weithin nicht als Gegnerin der bestehenden freiheitlich-demokratischen Ordnung wahrgenommen worden, sondern als Protagonistin der lokalen NS-Erinnerung und als eine der frühen und aktiven Frauen im Heidelberger Gemeinderat“. Zum „Beweis“ angeblicher „undemokratischer Haltungen“ werden unhaltbare Beschuldigungen gegen Frau Berlinghof als Person erhoben, die nirgends mit Argumenten, geschweige Nachweisen belegt werden können – bis hin zu Behauptungen wie Frau Berlinghof gehöre zu „Personen, von denen Positionen oder Taten bekannt sind, die im Widerspruch zu seit 1918 in Deutschland verwirklichten demokratischen Wertvorstellungen stehen“; „mit ihrer aktiven Mitgliedschaft“ in der KPD und DKP soll sie „Verbrechen unter Stalin und des Kommunismus bagatellisiert“ haben (aus der „Stellungnahme“).

Auf das Leben und das Wirken von Frau Berlinghof geht die „Stellungnahme“ der Stadt nur am Rande ein. Tatsächlich war Sophie Berlinghof im Stadtteil, in der Stadt und darüber hinaus als höchst soziale, menschliche und tolerante Persönlichkeit bekannt. Den voreingenommenen Einlassungen gegen sie widersprechen wir entschieden; sie können nur als diffamierend angesehen werden.

Die Linke/Bunte Linke und die VVN-BdA fordern die Verantwortlichen der Stadtverwaltung auf, die nachträglich erstellte „Stellungnahme“ zurück zu ziehen und nicht weiter zu versuchen, mit derartigen Anwürfen die Umbenennung des bisher nach einem Nazi-Anhänger benannten Platzes in einen Platz zu Ehren einer Antifaschistin zu verhindern. Dies entspricht auch den Forderungen einer Veranstaltung am 14.1. in der Volkshochschule mit über 50 Teilnehmenden und einer Vielzahl von Leserzuschriften in der RNZ.

In vier Monaten wird Thomas Mann für seinen 150. Geburtstag gefeiert werden. In einer RNZ-Leserbrief hat ein Heidelberger auf den bekannten Satz des Schriftstellers von 1943 zum Antikommunismus hingewiesen: „Der Schrecken vor dem Wort Kommunismus, von dem der Faschismus so lange gelebt hat, ist die Grundtorheit unserer Epoche.“ Wir können uns dem und dem Appell an Ausschuss und Gemeinderat nur anschließen, dass es keinen geeigneteren Vorschlag gibt, als einen nach einem Nazi-Anhänger benannten Platz nach einer Frau zu benennen, die aktiv gegen den NS-Terror gekämpft hat – gerade heutzutage.

Das „Sofie Berlinghof gewidmete“, von vier Bürgermeistern und 35 Gemeinderäten persönlich unterschriebene Abschiedsdokument vom 13.12.1956, als sie aus dem Gremium ausscheiden musste, ist überschrieben: „Zur freundlichen Erinnerung an gemeinsame Arbeit für das Wohl der Stadt.“ In der Todesanzeige der Stadt für „Altstadträtin Sophie Berlinghof“ heißt es: „Von 1947 bis 1956 war sie Mitglied des Heidelberger Gemeinderats und hat sich auch über dieses Amt hinaus stets für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt und für ein friedliches und tolerantes Miteinander eingesetzt. Wir werden ihr ein ehrendes Andenken bewahren“ (Stadtblatt, 27.3.2002). An dieses Versprechen erinnern wir hiermit die Verantwortlichen der Stadt und den Gemeinderat.

Pressemitteilung Fraktionsgemeinschaft Die Linke/Bunte Linke im Heidelberger Gemeinderat und VVN-BdA Heidelberg

Weitere Infos: https://heidelberg.vvn-bda.de