Mannheimer Immobilienfirma Hildebrandt & Hees im Focus – Die beschönigte Gentrifizierung und das Image von Hildebrandt & Hees
Über die Mannheimer Immobilienfirma Hildebrandt & Hees konnte man in letzter Zeit ausschließlich negative Berichte lesen – z.B. bezüglich diverser Räumungsklagen sowie Entmietungen mit fragwürdigen Mitteln. (Kommunalinfo Mannheim 25.07.2017).
Die Firma hat, zum Teil in Eigenregie, zum Teil als Hausverwalter für BNP Paribas Reims (Kommunalinfo Mannheim 16.01.2017) und zum Teil mittels vorgeschalteter GbR-Firmen, in Jungbusch und Neckarstadt-Ost wie West aktuell mindestens 20 Häuser aufgekauft. In diesen werden Altmieter mit diversen Mitteln verdrängt, die Wohnungen werden laut Angaben auf Immobilienscout „liebevoll saniert“, so dass eine ehemalige Miete von 4-6 € / kalt auf 11-14 € / kalt steigt – selbst der Mietspiegel bleibt bei einer Beispielrechnung bei unter 8 € / kalt.
In Interviews aus dem Jahr 2017 versuchte Geschäftsführer Marcel Hauptenbuchner anscheinend, das Image der Firma aufzupolieren. Einige seiner Aussagen werfen allerdings Fragen auf – auf diese möchten wir hier eingehen, und auch auf einige Bemerkungen aus der Vergangenheit.
In einem Bericht des SWR vom 11.08.2017 (*1) stellt der Autor die Frage, ob die Angst vor “Mietwucher” begründet ist. Die eigentliche Problematik, nämlich die Verdrängung von Altmietern sowie die Auswirkung auf den Mietspiegel und somit die ganze Stadt, wird nicht angesprochen. Statt dessen werden Hildebrandt & Hees als Wohltäter dargestellt: “Tatsache ist: Die betroffenen 20 Häuser trugen in Mannheim noch bis vor kurzem das Label “Problem-Immobilie”. Dort waren monatelang vorwiegend zugewanderte Rumänen und Bulgaren untergebracht, die dort in unzumutbaren Verhältnissen auf engstem Raum gehaust haben.”
Bekannt ist uns der Fall von einem Haus im Jungbusch, in dem sich Matratzenlager befanden – dieses wurde jedoch von der GBG gekauft.
Weiter wird berichtet, dass aufgrund von schlechter Bausubstanz pro Wohnung ca. 40.000 Euro für die Sanierung aufgewendet werden müssen, und dass man als Vermieter natürlich auch Geld verdienen möchte. “Nach einer Sanierung müsse man da also fast schon von einem Neubau-Standard sprechen. “Da können sie nicht unter zehn Euro den Quadratmeter vermieten, das geht leider nicht.”” Die Aussage, die Wohnungen würden fast einem “Neubau-Standard” entsprechen, kann jeder nachprüfen, der in eine von H&H sanierte oder renovierte Wohnung eintritt. Ebenso kann jeder nachrechnen, was der Mietspiegel tatsächlich für solch eine Wohnung bzw. deren Ausstattung für Zahlen nennt.
„Für Strategen der Wohnungspolitik hochinteressant“
Weiter heißt es: “Konrad Hummel, Stadtentwicklungs-Berater des Oberbürgermeisters, sagt zur Jungbusch-Problematik: “Der Jungbusch ist natürlich für Strategen der Wohnungspolitik hochinteressant, weil es nicht nur “normale” Wohnungen sind und weil die Hoffnung besteht, dass sich dort junge Kreative und Selbständige ansiedeln.” – Kreative und Selbstständige gibt bzw. gab es dort schon lange, diese muss man nicht anlocken, ganz im Gegenteil, auch sie verschwinden bzw. werden verdrängt. “Von einer Verdrängung der alten Bewohnerschaft kann aber – noch – keine Rede sein.” – Dass die Verdrängung schon seit Jahren fortschreitet, und Alteingesessene wie Zugezogene, Deutsche wie Migranten, Singles wie Familien, Studenten wie Rentner betrifft, ist dem Autor offensichtlich nicht bekannt.
“Fazit: Im Jungbusch sind erste Anzeichen einer Gentrifizierung, also eines sozialen Strukturwandels, erkennbar. Alarmierend ist die Lage aber noch nicht und Vergleiche mit entsprechenden Tendenzen wie in Berlin hinken.” – Erste Anzeichen sind das ganz sicher nicht, das dürfte jedem aufmerksamen Beobachter klar sein. Der Autor möchte einerseits keine Vergleiche mit anderen Städten ziehen, schreibt jedoch weiter oben im Text zur Mieterhöhung der Kneipe “Blau” (die 2017 ihr 22jähriges Bestehen feierte) um das Doppelte: “Wobei 1.400 Euro Miete für ein Café mitten in einem Szeneviertel im Vergleich zu anderen deutschen Großstädten immer noch ziemlich wenig ist.”
In einem SWR-Video vom 16.08.2017 (*2) spricht Herr Hauptenbuchner von “kernsanierten” Wohnungen, die man nicht für 7 Euro vermieten könne – kernsaniert würde bedeuten, dass man u.a. aktuelle Schallschutznormen einhalten muss; aus diversen Häusern wird jedoch berichtet, dass nur das Nötigste gemacht wird, und das zum Teil mangelhaft. Auf Schallschutz wird beispielsweise kein Wert gelegt. Auch hier wird seitens des SWR behauptet, dass Hildebrandt & Hees 20 “Problemimmobilien” gekauft hätten.
Die RNZ berichtet am 08.08.2017 (*3) von der Hausbesetzung der Hafenstraße 66 (Kommunalinfo Mannheim 05.08.2017) und erwähnt auch Hildebrandt & Hees. Marcel Hauptenbuchner wird zitiert: “Wir tun etwas Gutes für den Stadtteil”. Auch hier wird wieder berichtet, man hätte “auch Immobilien aufgekauft, die zuvor völlig überlegt und von dubiosen südosteuropäischen Geschäftemachern an Landsleute vermietet worden waren.“ Weiter im Text werden beiläufig ALG2-Empfänger an den Pranger gestellt: “Hauptenbuchner bestätigt, dass auch schon Mietern in den (noch) nicht sanierten Immobilien gekündigt worden sei. In einem Haus hätten 20 Parteien gewohnt, von denen lediglich vier regelmäßig ihre Miete gezahlt hätten. Gemeinsame Anstrengungen mit dem Jobcenter seien in diesem Fällen fast immer ohne Erfolg geblieben.”
Hauptenbuchner sagt weiter, bei “grundsanierten Häusern” könne man keine 7 € pro qm verlangen, und “Die Mieten passe man bei den Bestandsgebäuden dem örtlichen Mietspiegel an.” – Wenn man selbst die Mieten hochtreibt mit 11-14 € / kalt, wirkt sich das wiederum auf den Mietspiegel aus, so dass man bei “Bestandsgebäuden” regelmäßig die alte Miete an die sog. ortsübliche Vergleichsmiete anpassen kann – wohlgemerkt auch in komplett unsanierten Häusern.
H&H: “Wir üben keinen Druck aus”
Schon vor einigen Jahren wurde die Thematik seitens des Geschäftsführers schöngeredet: Der Mannheimer Morgen schreibt am 07.09.2015 über “Angst vor steigenden Mieten” (*4). Der Aufkauf mehrerer Häuser durch Hildebrandt & Hees bzw. BNP Paribas Reims wird thematisiert. “Laut Beobachtung der Linkenstadträte (Gökay Akbulut und Thomas Trüper, Anm. d. Red.) sei es zur Entmietung mindestens eines Hauses, zum Mieteraustausch in einem anderen und in mehreren Häusern “zu drastisch erhöhten Mietforderungen gekommen (bis zu über 40 Prozent ohne die dringend erforderliche Instandsetzung)”.“ Marcel Hauptenbuchner wird in diesem Artikel folgendermaßen zitiert: “Wir wollen die Wohnungen in unserem Bestand halten, sehen das als langfristiges Engagement”. Kein Mieter müsse daher Angst haben, vor die Tür gesetzt zu werden. “Wir üben keinen Druck aus”, sagt Hauptenbuchner und bekennt: “Mein Herz hängt auch am Jungbusch.”
Anscheinend hängt das Herz, oder in diesem Fall der Geldbeutel, neben dem Jungbusch nun auch an der Neckarstadt-Ost wie West. In den Immobilienanzeigen durchgängig als “Szeneviertel” betitelt.
Die Neckarstadt-Ost bekommt die Auswirkungen der Immobilienspekulation bzw. Gentrifizierung schon seit mehreren Jahren zu spüren, so dass bereits im Jahr 2014 von “FairMieten – Initiative gegen Mietwucher in Neckarstadt-Ost” beim OB zum Thema Milieuschutz angefragt wurde. Oberbürgermeister Peter Kurz erklärte zu den Zielen der Stadtentwicklung: “Neben der Sicherung bezahlbaren Wohnraums gehört dazu auch die Schaffung attraktiver Angebote für Menschen mit höheren Einkommen, die in der Bevölkerungsstruktur der Innenstadt und der angrenzenden Quartiere bisher unterrepräsentiert sind.” Auch die Neckarstadt-West befindet sich aktuell im Wandel – Die Stadt Mannheim möchte den Stadtteil zum Sanierungsgebiet erklären (neckarstadtblog.de 12.12.2017).
Involviert ist hier auch Konrad Hummel, ehemaliger Konversionsbeauftragter. Zum Jungbusch sagte er dem SWR (*5): ”Und ich sag mal salopp: Geförderter Wohnungsbau – das ist nicht das, was der Jungbusch braucht.”
Abschliessende Worte
Ob die Stadt es nun schafft, in die Problematik einzugreifen (wenn von “Durchmischung” die Rede ist, geht es allerings stets um “fehlende” Besserverdiener), bzw. überhaupt willens ist, wird sich zeigen. Die Akteure und deren Treiben weiterhin unter die Lupe zu nehmen ist dringend notwendig. Es ist gelinde gesagt gefährlich, wenn eine Firma wie Hildebrandt und Hees nun versucht, ihr Image mittels sehr fragwürdiger Aussagen aufzupolieren.
dts