Informative Veranstaltung in Mannheim: Völkerrechtswidriger Angriff der Türkei gegen Nordsyrien – wie geht es weiter?
Am 30.11.19 fand im Bürgerhaus Mannheim-Neckarstadt eine vierstündige Informations- und Diskussionsveranstaltung statt. Gekommen waren etwa 120 Besucher. Der Besucherkreis ging über den Kreis der Veranstalter*innen – das Bündnis gegen den Türkeikrieg – eigentlich nicht hinaus. Damit wurde ein wesentliches Ziel der Veranstaltung nicht erreicht. Das war aber insofern keine Überraschung, da die Thematik der Veranstaltung nicht mehr die medialen Schlagzeilen beherrscht.
Die Veranstaltung selbst war mit hochkarätigen Referenten bestückt: Hatip Dicle, ein fast schon legendärer kurdischer Politiker aus der Türkei, und Achmed Sêxo, Sprecher der Selbstverwaltung aus Rojava für diplomatische Außenbeziehungen.
Hatip Dicle, mehrfach Abgeordneter der türkischen Nationalversammlung, führender Vertreter verschiedener politischer und immer wieder verbotener Parteien und Institutionen, war selbst immer wieder politischer Verfolgung ausgesetzt und saß dafür insgesamt 15 Jahren in türkischen Gefängnissen. Erst 2016, nachdem ihm wiederum 9 Jahre Haft drohten, ging er ins politische Exil nach Deutschland.
Dicle verglich die politischen Zustände in der Türkei mit der Zeit während der Machtergreifung Hitlers 1933 in Deutschland. Eine zwar nur noch halbwegs vorhandene Demokratie werde in eine faschistische Diktatur umgewandelt.
Dicle wies daraufhin, dass Eigenstaatlichkeit nicht das Ziel der kurdischen Bewegung sei. Es gehe um gesellschaftliche, politische und kulturelle Emanzipation innerhalb bestehender Grenzen.
Sêxo schilderte den Aufbau und den demokratischen Charakter der kommunalen Selbstverwaltung in Rojava. Trotz aller Bedrohung seitens der Türkei seien die Institutionen der kurdischen Selbstverwaltung noch intakt. Aber die Verluste, etwa 300.000 Vertriebene und 12.000 Tote und 24.000 Verletzte, sind natürlich enorm.
Gegenstand der Diskussion war natürlich die Frage, wie es in dieser Situation nun weitergeht. Welche Konflikt- und Interessenlinien gibt es in diesem komplexen Bereich? Welche positiven lösungsorientierten Ansätze kann es geben? Die Antworten und Informationen sind aber kaum über das herausgegangen, was die gut informierte Zuhörerschaft schon gewusst hat.
Einige Handlungsempfehlungen kann man aus dieser Veranstaltung mitnehmen. Die deutschen Waffenlieferungen an die Türkei und die informative Zusammenarbeit der deutschen Aufklärungsflugzeuge AWACS mit der Türkei müssen umgehend beendetet werden. Die kurdische Selbstverwaltung von Rojava ist an allen internationalen politischen Gesprächen über eine politische Lösung zu beteiligen.
Und last but not least wurde die Frage gestellt, ob Mannheim nicht wie andere Städte auch eine Partnerschaft mit einer Stadt oder Region in Rojava eingehen sollte.
(Bericht: Roland Schuster / Fotos: Emrah Durkal)