Buchstabenhochhäuser für Reiche

Neubau auf dem Franklin Konversionsgelände (KIM Archivbild 2019)

Vergangene Woche erschienen in verschiedenen Medien ausführliche Berichte über die geplanten Hochhäuser in Buchstabenform auf dem Konversionsgelände Franklin. Das ist das aktuell größte Neubaugebiet in Mannheim. Der Mannheimer Morgen berichtete ausführlich und druckte Konzeptgrafiken des Prokjektentwickers ab. Auch überregionale Medien berichteten, teils begeistert, über die Bauprojekte der „Stararchitekten“ aus Rotterdam. Die für das Konversionsgelände verantwortliche städtische Entwicklungsgesellschaft MWSP hat sich für Franklin etwas ganz besonderes einfallen lassen: Vier Hochhäuser sollen in Buchstabenform gebaut werden und, sehr amerikanisch, als Ensemble das Wort HOME darstellen. Neben privaten Projektentwicklern baut auch die städtische Wohnungsbaugesellschaft GBG einen Buchstaben, das „E“. (red)

Kommentar zum Wohnungsneubau auf Franklin

Der von der MWSP in Mannheim als Stararchitekt eingeführte Winnie Maas gilt mittlerweile mit seinen Entwürfen hochpreisigen Immobilienentwicklern als Rechtfertigung, die Quadratmeterpreise hier noch weiter nach oben zu treiben. 9000€ pro qm! Nur ein sehr ausgewählter Kreis der Mannheimer Bevölkerung würde hier wohnen können. Aber für einen realen Personenkreis wird ja auch nicht geplant. Wem nutzt also so ein Gebäude? Je hochpreisiger das Bauen, desto größer die Gewinnmargen von Finanziers, Investmentfonds, Banken, Projektentwicklern. Es geht nicht mehr um einen realen Bedarf. Mannheim als Ort für Finanzinvestments wird so gepusht. Steigende Bodenpreise und steigende Mieten sind die Folge. Und deswegen haben dann eben wohndemokratische Ideen wie Bezahlbarer, durchmischter Wohnraum oder CO2 sparendes Bauen Nachrang.

Mögen sich anderswo Architekturbüros und PlanerInnen den Kopf zerbrechen, wie Neubau und Gebäudebestand mit größten Anstrengungen auch für die MieterInnen klimaneutral werden kann, selbst unser OB musste ja gerade erst richtigerweise für „Sustainable Cities and Communities“ zur Klimarettung nach Glasgow. Zur Realisierung dieses Jahrhundertentwurfs auf Franklin jedoch muss man eben schon mal etwas mehr CO2 erzeugenden Zement in Tiefgaragen verbraten dürfen. Dass man die in 15 Jahren so schon rein physikalisch nicht mehr wird brauchen können, spielt aus Investorensicht heute keine Rolle. Und das alles, weil man eben technisch Buchstabensuppe jetzt auch Bauen kann. Heißt es nun LOVE, HOME oder gleich EURO. Für die Fettaugen auf der heutigen Renditesuppe ist Maas´ Idee einfach genial! Danach die Sintflut!

Gemeinwohlorientierung statt teurer Buchstabensalat

Zum Engagement der städtischen GBG auf Franklin: Zum Wohnberechtigungsschein, einer einkommensbedingten Voraussetzung für eine geförderte mietgünstige Wohnung, haben 50% aller Mannheimer Haushalte Zugang, die Einkommensgrenzen sind gar nicht so gering. Um Landeskredite des geförderten Wohnungsbaus zu erhalten braucht ein Investor 20% Eigenkapital. Eine vereinfachte Rechnung: für eine als durchschnittliches Beispiel 75qm große Wohnung (Drei Personen Haushalt, eine der in Mannheim am stärksten nachgefragten Wohnungsgrößen) mit angenommenen gestiegenen Baukosten von 4000€/qm würden also insgesamt 300.000€ benötigt. Nähme man die von der GBG für das „E Hochhaus“ verplanten 50Mio € als Eigenkapital für geförderte Wohnungen ließen sich alleine daraus bereits 166 (über 50 Wohnungen, 46%! mehr als im hochpreisigen „E“) Wohnungen bauen. Diese 166 Wohnungen können aber mit den Landeskrediten (80%!) verfünffacht werden, ergibt also insgesamt 830 geförderte Wohnungen. Das Gesamtbauvolumen läge dann also bei rund 250 Mio Euro.

Für jede dieser 830 geförderten Wohnungen gäbe es zusätzlich zu den Landesbaumitteln nochmals 120.000€ als Darlehen der KfW Bank, wenn die Gebäude im KfW 40 Standard erbaut würden. Also könnten wieder rund 100 Mio von der Investitionssumme abgezogen werden. Für etwa 150 Mio Euro könnten durch die GBG also etwa noch mehr als dreimal so viele städtische geförderte Wohnungen auf Franklin entstehen wie die ca. 250 jetzt – diese übrigens leider auch nur im KfW 70 Standard fertiggestellt.

Ein komplettes Quartier für Mieten 66% unter der ortsüblichen Vergleichsmiete – und das dann klimaneutral! Alles eine Frage der kaufmännischen Prioritäten und welche Mehrheit im Aufsichtsrat der städtischen Gesellschaft hier aufs Gemeinwohl achtet. Fest steht: je größer das kommunale Kontingent an Gemeinwohlorientierten preisgünstigen Wohnungen – städtisch, genossenschaftlich oder á la Mietshäuser Syndikat – desto gerechter, fairer, besser und demokratischer das Wohnen! Dafür gilt es Boden zu reservieren! Statt für teure Nudelsuppe mit Tennisplatz on Top! Wem gehört eigentlich die Stadt? Und wen lassen wir darüber entscheiden?

(Kommentar: Günter Bergmann)