Zukunftsforum Gewerkschaften Rhein-Neckar stellt seine Arbeit ein
Bekanntmachung des Vorbereitungskreis des Zukunftsforums Gewerkschaften Rhein-Neckar
Der Vorbereitungskreis des Zukunftsforum Gewerkschaften Rhein-Neckar hat sich am 10. August im Gewerkschaftshaus Mannheim getroffen und einstimmig beschlossen, nach 25 Jahren und ca. 130 Veranstaltungen die Arbeit des Zukunftsforums zu beenden.
Das Zukunftsforum war am 18. März 1998 von einem Kreis engagierter, linker Gewerkschafter*innen aus unterschiedlichen Betrieben und DGB-Gewerkschaften ins Leben gerufen worden. Als Basis der Arbeit wurden einige wenige Grundsätze beschlossen:
„Das Zukunftsforum Gewerkschaften Rhein-Neckar will Diskussionen unter Gewerkschaftsaktiven ermöglichen. Hier soll Platz sein für die unterschiedlichen Positionen, die es innerhalb der Gewerkschaftslinken über Perspektiven und zukünftige Wege der Gewerkschaften gibt.
Das Zukunftsforum hat eine lockere Organisationsform ohne Mitgliedschaften. Der “Vorbereitungskreis” bzw. die “EinladerInnen” treffen sich unregelmäßig, um Themen zu planen und Referenten und Referentinnen einzuladen. Dieser Kreis arbeitet ehrenamtlich. Die Finanzierung der Aktivitäten erfolgt über Spenden.“
Das Zukunftsforum Gewerkschaften Rhein-Neckar trat am 18. Mai 1998 erstmals mit einer Veranstaltung öffentlich in Erscheinung. Zum Thema „Gewerkschaftskannibalismus und Großfusionen – die einzige Perspektive der deutschen Gewerkschaften?“ diskutierten am 18. Mai 1998 Heinz-Günter Lang (hbv), Sybille Stamm (IG Medien) und Christina Franke (ötv). Es folgte kurz darauf im Juni eine Veranstaltung zum „Nationalen Wettbewerbsstaat“ mit Joachim Hirsch. Auf weiteren Veranstaltungen sprachen und diskutierten unter anderem die Ingrid Kurz-Scherf (damals noch Uni Bielefeld) zu „Gesellschaftliche Perspektiven der Arbeit und der Arbeitszeiten“, Peter Hennicke vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie zur Energiepolitik, aber auch Frank Bsirske als Vorsitzender von ver.di. Insgesamt überwogen, unter den Referent*innen wie im Vorbereitungskreis die Männer.
In den ersten Jahren gelang es immer wieder den großen Otto Brenner-Saal im Gewerkschaftshaus mit mehreren hundert Veranstaltungsteilnehmer*innen zu füllen. In späteren Jahren reichten die kleinere Räume für 50-60 Besucher*innen aus. Über seine Veranstaltungen gab das Zukunftsforum immer wieder interessante Anstöße zur Meinungsbildung über eine andere, solidarische Gesellschaft. Der konkrete Einfluss auf die örtliche Gewerkschaftsarbeit blieb jedoch sehr begrenzt. Zwar wurde die praktische Arbeit des Zukunftsforums von einzelnen Gewerkschaften durch die Übernahme von Raummieten immer wieder unterstützt, doch nahm das Interesse an den Veranstaltungen des Zukunftsforum unter Gewerkschaftssekretär*innen, Betriebsratsmitgliedern und Vertrauensleuten vor allem ab den 2000er Jahren eher ab als zu.
Die Gründe dafür, die Arbeit des Zukunftsforums nunmehr einzustellen, sind vielfältig. Am wichtigsten ist vielleicht die Erkenntnis, dass das Zukunftsforum in gewisser Weise ein Generationenprojekt war, dem es, wie vielen anderen linken Arbeitskreisen und Projekten nicht gelang, in nennenswertem Umfang einen Generationswechsel zu vollziehen. Der Vorbereitungskreis wurde über die Jahre stetig kleiner. Einige Kolleg*innen aus der Anfangszeit gingen für immer von uns, andere zogen sich im Laufe der Jahre zurück, manche wandten sich anderen politischen Projekten zu. Neue, interessierte Kolleginnen und Kollegen aus gewerkschaftlichen oder gewerkschaftsnahen Zusammenhängen stießen nur sehr vereinzelt hinzu. Der verbleibende Kreis der Vorbereitenden wurde im Durchschnitt stetig älter. Bis auf zwei Ausnahmen waren am Ende alle Mitglieder des Vorbereitungskreis, zum Teil bereits seit längerem, nicht mehr berufstätig.
Wer die Arbeit des Zukunftsforums über die Jahre verfolgte, wird selbst festgestellt haben, dass die Veranstaltungen seltener wurden, und das Forum in den letzten Jahren fast nur noch als Mitveranstalter in Erscheinung trat. Bereits vor der Corona-Krise wurde im Vorbereitungskreis diskutiert, ob und wie die Arbeit fortgeführt werden könne. Die Corona-Jahre führte dann zunächst zur faktischen Einstellung der Veranstaltungstätigkeit. Aber auch danach war die Basis für einen Neustart zu schmal. Mit der Unterstützung der Veranstaltung von Kairos Europa „Corona, Krieg, Sondervermögen, Inflation und Schuldenbremse – Wer zahlt am Ende die Zeche?“ am 25. November 2022 im Bildungszentrum SanctClara ging dann die Aktivität des Zukunftsforum zu Ende.
Seit dem 10. August diesen Jahres ist das Zukunftsforum Gewerkschaften Rhein-Neckar Teil der regionalen Gewerkschaftsgeschichte geworden. Die vorhandenen Einladungsflugblätter und andere Materialien des Zukunftsforums werden im Stadtarchiv Mannheim (Marchivum) deponiert. Noch vorhandene Spendengelder wurden zu gleichen Teilen der Zeitschrift „express. Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit“ sowie der Website „Labournet.de“ überwiesen. Beides waren und sind wichtige Hilfsmittel für eine kritische politische Arbeit in Betrieb und Gewerkschaft.
Vorbereitungskreis des Zukunftsforums Gewerkschaften Rhein-Neckar