Cannabiskonsumverbotszonen in Mannheim – Kiffen darf man (vielleicht) am Wasserturm, am Alten Messplatz und auf dem Friedhof

Nur noch ein paar Wochen, dann kann der erste Jahrestag der Cannabis Legalisierung in Deutschland gefeiert werden. Viele Kiffer*innen hatten der Entkriminalisierung lange entgegen gefiebert und für manche wird es wohl als das einzige gute Projekt der Ampel-Regierung in Erinnerung bleiben.

Doch alle, die gehofft hatten, als Cannabis Konsument*in endlich Gleichberechtigung zu fühlen und wie andere ein Bier im Biergarten oder einen Whiskey an der Hotelbar genießen zu dürfen, die wurden im April 2024 eines besseren belehrt.

Mit der Legalisierung kam eine Überregulierung und – begründet mit Jugend- und Gesundheitsschutz – kamen dermaßen viele Auflagen und Einschränkungen, dass das legale Kiffen im Alltag zu einer komplizierten Angelegenheit geworden ist.

Fragen über Fragen

Cannabis dabei haben darf man, aber wie viel nochmal? Und zu Hause dann mehr oder nicht? Kaufen kann ich die Samen nicht in Deutschland, aber im europäischen Ausland, nicht aber die Blüten, weil die sind weiterhin mit Verkaufsverbot belegt – außer man hat ein Rezept für die Apotheke. Immerhin darf ich selbst anbauen, aber was mache ich, wenn ich keinen Platz habe? Und vor allem: Wo darf man überhaupt kiffen?

Für die letzte Frage hat die Stadt Mannheim nun einen Stadtplan veröffentlicht, der Cannabiskonsumverbotszonen auf einer Karte anzeigt.

Ein Ausschnitt aus der Karte mit Cannabiskonsumverbotszonen | Screenshot: Stadt Mannheim, Fachbereich Geoinformation und Stadtplanung

In der Innenstadt ist Kiffen in der Öffentlichkeit fast überall verboten

Auf den ersten Blick fällt sofort auf: Gerade im innerstädtischen Bereich ist es fast überall „hellbraun“. Mit dieser Farbe hat die Stadt die Cannabisverbotszonen auf der Karte gekennzeichnet.

Warum ist das so? Das liegt an Paragraph 5 des Konsumcannabisgesetz (KcanG). Dort heißt es unter Absatz 2:

Der öffentliche Konsum von Cannabis ist verboten:

1. in Schulen und in deren Sichtweite,

2. auf Kinderspielplätzen und in deren Sichtweite,

3. in Kinder- und Jugendeinrichtungen und in deren Sichtweite,

4. in öffentlich zugänglichen Sportstätten und in deren Sichtweite,

5. in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr und

6. innerhalb des befriedeten Besitztums von Anbauvereinigungen und in deren Sichtweite.

Im Sinne von Satz 1 ist eine Sichtweite bei einem Abstand von mehr als 100 Metern von dem Eingangsbereich der in Satz 1 Nummer 1 bis 4 und 6 genannten Einrichtungen nicht mehr gegeben.

Die Erklärung ist also denkbar einfach. Fast überall in der Innenstadt gibt es einen Spielplatz, einen Bolzplatz, einen Kindergarten oder eine Schule in weniger als 100 Meter Entfernung. Und das heißt: Cannabisverbot.

Wo es überhaupt erlaubt ist

Wenn man über die Karte schaut, bekommt man eine gute Nachricht nebenbei: Es gibt wirklich viele Spiel- und Sportplätze und Einrichtungen für Kinder in der Stadt. Ein gemütliches Plätzchen für einen Joint im Sonnenuntergang findet man aber erst auf den zweiten Blick.

Auf der Neckarwiese ja, aber besser etwas außerhalb, jenseits der Jungbuschbrücke oder am Klinikum. Eine Lücke gibt es an der Kurpfalzbrücke und auf großen Teilen des Alten Messplatz. Aber Achtung: Hier plant die Stadt einen neuen Spielplatz auf der Brachfläche neben ALTER – dann wäre auch diese Kiffer-Lücke geschlossen.

Kiffer-Plätzchen gibt es laut Karte zum Beispiel rund um den Wasserturm, am Neckar unterhalb des Collini Centers, vor der Uni-Mensa und am Stephanienufer, wenn man sich ein Stück nördlich der Jugendherberge aufhält.

Auf der sicheren Seite ist man aber nur an abgelegenen Orten, wie dem Hauptfriedhof, der Feudenheimer Au oder der Friesenheimer Insel, denn dort ist weit und breit kein Spielplatz in der Nähe.

Plätze in der Innenstadt muss man schon gründlicher suchen, die Lücken schließen sich schnell. Ganz am südwestlichen Eck des Paradeplatzes kann man vielleicht noch schnell einen kleinen Joint rauchen, sollte dabei aber nicht zu viel herum laufen und wegen Fußgängerzone sowieso nur zwischen 20 und 7 Uhr. Das Bußgeld droht an jeder Ecke.

Die Stadt weist zudem darauf hin, dass die Cannabisverbotszonenkarte nicht rechtsverbindlich ist und nur zur Orientierung dient – weitere Verbote nicht ausgeschlossen!

Link zur Stadt Mannheim

Ein Joint im Grünen – Vorsicht vor Spielplätzen, Schulen und Kitas in der Nähe! | Symbolbild: Elsa Olofsson CC BY 2.0

Sinn und Unsinn der Regelungen

Dass man auf einem Spielplatz oder auf dem Schulhof keinen Joint rauchen sollten, müsste eigentlich jedem mit gesundem Menschenverstand klar sein. Wer das nicht versteht, dem wird auch die Verbotszonenkarte nicht auf die Sprünge helfen.

Warum aber in 90 Meter Entfernung zum Spielplatz, hinter zwei Häusern und fünf Mauern, durch die weder ein Blick, noch eine Rauchschwade hindurch kommen können, immer noch Verbotszone ist, kann wohl nur mit einer gesetzlichen Überregulierung erklärt werden.

Oder aber mit Rechtssicherheit. Denn die Stadt schreibt in ihrer Erläuterung zur Karte, man wolle Polizei und Kommunalen Ordnungsdienst bei ihrer Kontrolltätigkeit unterstützen und „Verstöße gegen die öffentlichen Konsumverbote werden mit hohen Bußgeldern geahndet“.

Aber wie hoch die Bußgelder eigentlich sind bleibt unklar

Wie viel kostet es genau? Das (bundesweit gültige) Cannabis Gesetz sieht Bußgelder zwischen fünf und 30.000 Euro vor, eine beachtliche Spannweite.

In Rheinland-Pfalz gibt es einen detaillierten Bußgeldkatalog. Kiffen innerhalb von Konsumverbotszonen (Verstoß gegen §5 Absatz 2 KcanG) kostet im Nachbarbundesland 400 Euro, in unmittelbarer Gegenwart von Minderjährigen sogar 1000 Euro.

Für Baden-Württemberg konnte nach einer kurzen Recherche kein Bußgeldkatalog gefunden werden. Offenbar gibt es bislang keinen landesweit gültigen. Eine Presseanfrage an die Stadt Mannheim, ob für die Stadt ein eigener Bußgeldkatalog erlassen wurde und wie hoch die jeweiligen Bußgelder sind, blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Sollten wir eine Antwort der Stadt dazu bekommen, aktualisieren wir das Thema.

Siehe hierzu:

Nachtrag Cannabisverbotszonenkarte: Rechtliche Fragen und hohe Bußgelder

Weiterhin weit weg von Gleichberechtigung

Das Resümee, knapp ein Jahr nach der Cannabis Legalisierung, fällt ernüchternd aus. Kiffer sind im Vergleich zu Alkoholkonsument*innen immer noch benachteiligt. Wer im dicht besiedelten Raum wohnt und keinen eigenen Garten hat, findet kaum ein gemütliches Plätzchen für den Feierabendjoint – während es Bier, Wein und Schnaps an jeder Ecke gibt.

Dazu kommt die Bezugsproblematik. Die nicht-kommerziellen Anbauvereinigungen (Cannabis Social Clubs) hatten bisher kaum Erträge, wenn sie überhaupt schon ihre Betriebsgenehmigung erhalten haben. Auch das ist ein Ergebnis der Überregulierung und wieder einmal gilt die Regel, wer viel Geld und ein großes Haus mit Garten zum Eigenanbau hat, ist privilegiert.

Den anderen bleibt der Schwarzmarkt oder die Apotheke. Letztere haben die Versorgungslücke erkannt und verkaufen nun im großen Stil medizinisches Cannabis auf Rezept von Doktor Internet.

Für alle aber gilt gleichermaßen: Das nächste Bußgeld und damit die Kriminalisierung lauert schon an der nächsten Straßenecke, denn wer blickt bei diesen ganzen Regelungen, Gesetzen und Verordnungen eigentlich noch durch?

Cannabiskonsum und Alkoholkonsum sind weiterhin weit weg von Gleichberechtigung | Symbolbild: TitiNicola CC BY-SA 4.0

Wie sieht die Zukunft aus?

Übrigens: Auch damit könnte es schon bald wieder vorbei sein. CDU/CSU wollen im Fall einer Regierungsübernahme das Cannabis Gesetz umgehend wieder abschaffen. Es „schützt Dealer und setzt unsere Kinder und Jugendlichen dem Drogenkonsum und der Sucht aus“ heißt es im Wahlprogramm der Partei, deren Funktionäre bei Volksfesten mit Kinderprogramm so gerne die Bierfässer anstechen.

Widerspruch bekommt die Union von Jurist*innen, die vor einer Mehrbelastung warnen, wenn Cannabis Konsument*innen wieder strafrechtlich verfolgt werden. „Cannabis ist keine Einstiegsdroge“, sagt ein Sprecher der Neuen Richtervereinigung im Interview mit tagesschau, „Aber Cannabis ist der Einstieg ins kriminelle Milieu, wenn es verboten ist.“ (cki)

 

 

Karte mit Cannabiskonsumverbotszonen in Mannheim: https://www.gis-mannheim.de/mannheim/index.php?service=cannabis_konsum

Beitragsbild: Screenshot Stadt Mannheim und Symboldbild TitiNicola CC BY-SA 4.0, Montage: KIM