Aktionsbündnis wirft Polizei Eskalation vor – Inhaftierung von Pressefotografen

dju in ver.di kritisiert Inhaftierung von Pressefotografen bei Protesten gegen AfD-Parteitag in Stuttgart:

„Scharf kritisiert die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di die Inhaftierung von drei Pressefotografen bei den Protesten gegen den Parteitag der Alternative für Deutschland (AfD) am 30. April 2016: „Zwei Kollegen wurden für elf Stunden in Gewahrsam genommen, obwohl sie sich zweifelsfrei als Journalisten ausweisen konnten. Die Vorwürfe gegen sie sind lächerlich: Ihnen wird „ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr“ zur Last gelegt, weil sie an einem von Demonstrierenden blockierten Abschnitt der Zufahrt zum Parteitagsgelände ihrer Arbeit nachgingen. Dafür wurden sie nicht nur unverhältnismäßig lange fest gehalten, sondern dabei auch mit Kabelbindern gefesselt. Dieses Vorgehen der Einsatzkräfte ist skandalös und wird Konsequenzen haben“, kündigte die Bundesgeschäftsführerin der dju in ver.di, Cornelia Haß, an. Die dju in ver.di prüfe ein rechtliches Vorgehen gegen die Polizei und gewähre ihren Mitgliedern in solchen Fällen Rechtschutz. Der dritte Fotograf habe offenbar kurz nach seiner Festnahme einen Kreislaufzusammenbruch erlitten und befände sich noch im Krankenhaus.

Die Fälle waren publik geworden, nachdem Kollegen über die Festnahmen bei „Demowatch“ darüber berichtet hatten, einem Service der dju in ver.di, mit dem betroffene Journalistinnen und Journalisten über Zwischenfälle und Übergriffe bei Demonstrationen informieren und sich untereinander vernetzen können.“

Die Erklärung der vier festgenommenen Fotografen im Wortlaut:

„Am Vormittag des 30. April 2016 wurden im Bereich der Landesmesse Stuttgart während der Proteste gegen den AfD-Parteitag vier Fotojournalisten von der Polizei festgenommen. Dieser Vorfall wird von uns aufs Schärfste kritisiert und verurteilt. Als Vorwürfe stehen die Beteiligung an einer Sitzblockade auf der A8, schwerer Eingriff in den Straßenverkehr, Nötigung und Landfriedensbruch im Raum.

Drei der vier Kollegen wurden auf der Plieninger Seite des „Bosch-Parkhauses“ von der Polizei festgesetzt und für mindestens 11 Stunden in Gewahrsam gebracht. Einer der Kollegen erlitt noch während der Erfassung seiner Daten in der Gefangenensammelstelle in Messe-Halle 9 einen Kreislaufzusammenbruch und wurde in ein Krankenhaus gebracht. Die beiden verbliebenen Kollegen wurden mit Kabelbindern gefesselt und in eine aus Bauzäunen errichtete Zelle in der Halle gesperrt. Immer wieder wiesen sie darauf hin, dass sie einer journalistischen Tätigkeit nachgegangen sind und sich auch zweifelsfrei als Journalisten ausweisen können.

Im Laufe des Vormittags kam ein vierter Fotograf in die Gefangenensammelstelle. Er wurde zuvor mehrere Stunden auf einem nahe gelegenen Feld festgehalten. Diesem wurde angeboten, sein Fotomaterial heraus zu geben, um auf eine verfrühte Entlassung aus dem Gewahrsam hoffen zu können. Die Herausgabe wurde jedoch verweigert. Bei Journalisten handelt es sich nicht um Gehilfen der Polizei, welche den Beamten vermeintliches Beweismaterial zur Verfügung stellen müssen.

Kurze Zeit später wurden zwei der drei Inhaftierten einer Haftrichterin vorgeführt. Dieser war es scheinbar egal, dass es sich bei den drei Personen um Journalisten handelte und betonte, dass es einen Grund haben müsse wenn die Polizei sie festgenommen hat, welcher in den Unterlagen vermerkt wurde. Die Kollegen verweigerten ohne anwaltliche Beratung jedoch die Aussage zu den Vorwürfen. Daraufhin wurde von der Richterin ein „schöner erster Mai hier bei uns“ gewünscht, mehrere Stempel und Unterschriften durch die Richterin geleistet und die Anhörung beendet.

Einer der Fotografen wurde komplett erkennungsdienstlich behandelt. Portrait- und Profilfotos wurden erstellt, Fingerabdrücke genommen sowie eine Personenbeschreibung durchgeführt. Ein anderer wurde zusammen mit einem Aktivisten in eine Gewahrsamzelle im Flughafen gebracht. Dort mussten sich beide bis auf Socken, Unterhose und T-Shirt ausziehen. Auf die Frage nach dem Grund dieser Maßnahme, sagte der Polizeibeamte : “Weil ich es sage.“

Nach insgesamt etwa 12 Stunden waren alle inhaftierten Journalisten wieder entlassen. Der dritte verbliebene Fotograf musste in der Gefangenensammelstelle ärztlich behandelt werden. Er klagte über Übelkeit und Kopfschmerzen. Es konnten Herzrhythmusstörungen festgestellt werden, worauf hin er ebenfalls in ein Krankenhaus verlegt wurde. Alle vier Kollegen waren an diesem Tage fast komplett zum Untätigsein verdammt und konnten ihrer Arbeit, der Berichterstattung über die Proteste und den Polizeieinsatz, nicht nachgehen. Für alle vier Kollegen wurde ein Platzverweis bis 1. Mai 2016 20 Uhr ausgesprochen. Hierbei handelt es sich um gleich mehrere Verstöße der Polizei an diesem Tag. Der schwerwiegendste ist sicherlich der erhebliche Eingriff die Pressefreiheit.

Quelle: beobachternews.de, medien-kunst-industrie-bawue.verdi.de