Klimaliste vor Ort: Mit Ingwar Perowanowitsch durch Mannheims Rad-Engpässe

Patrick Bernhagen stellt Ingwar Perowanowitsch (Mitte) und den „Tourplan“ vor | Bild: Natalie Rehberger
Am 3. Mai tourten die Klimaliste Mannheim und die Fraktion LTK auf einer radverkehrspolitischen Stadtrundfahrt mit dem Aktivisten Ingwar Perowanowitsch durch Mannheim. Bereits an der Teilnehmer:innenzahl wurde das rege Interesse deutlich. Mit mehr als 30 Radler:innen startete die Tour am Hauptbahnhofsvorplatz. Ziel war es, gemeinsam Orte mit dem Rad zu erkunden, an denen Radfahrende ausgebremst, gefährdet oder übersehen werden.
Stadträtin Dr. Jessica Martin von der Klimaliste zeigt sich erfreut: „Unsere Fahrradtour war ein echter Erfolg. Wir hatten viele interessierte Teilnehmer:innen, die sich wie wir eine sichere Fahrradinfrastruktur wünschen. Von Ingwar Perowanowitsch konnten wir viele Anregungen mitnehmen, wie die Stadt die Situation für den Radverkehr trotz der angespannten Haushaltssituation verbessern kann.“
Die Tour führte über verschiedene kritische Stellen und Unfallschwerpunkte wie die Kreuzung am Tattersall, den Unfallhotspot Kreuzung Berliner Straße/Goethestraße bis zur Friedrich-Ebert-Brücke. Weiter ging es an der Uniklinik vorbei durch die Lange Rötterstraße über den Alten Messplatz und Kurpfalzkreisel über die „Protected Bike Lane“ am Luisenring. Deren Mündung in den vierspurigen Autoverkehr bei 50 km/h bezeichnete Perowanowitsch als „wahnwitzige Verkehrsführung“. Die Tour führte abschließend durch die Fahrradstraße zwischen den G- und H- Quadraten, bis zum Marktplatz.
Leider wurde deutlich: Auch die kürzlich geschaffene Fahrradinfrastruktur schützt Radfahrer:innen nicht ausreichend vor dem Autoverkehr. In der Fahrradstraße zwischen den G- und H-Quadraten musste die Gruppe sich zwischen dem parksuchenden Autoverkehr kompliziert den Weg bahnen. Es kam zu lautstarken Beschwerden seitens der Autofahrenden, man solle doch das Radfahren hier auf der Fahrradstraße unterlassen.
Perowanowitsch erklärte im Anschluss, er habe auf der Tour viele Argumente gesammelt, warum Deutschland so viel Nachholbedarf hat, z.B. im Vergleich zu den Niederlanden.
Martin forderte: „Es muss grundsätzlich zuerst um die Sicherheit gehen. Klimaschutz ist das übergeordnete Ziel. Klimafreundliche Verkehre müssen sicher geführt werden. Dazu gehört eine Umwidmung von Verkehrsflächen vom motorisierten Individualverkehr hin zu Fuß- und Radverkehr.“
Mannheim sei 2024 von der Arbeitsgemeinschaft Fahrrad- und Fußgängerfreundlicher Kommunen in Baden-Württemberg (AGFK-BW) für gute Qualität im Rad- und Fußverkehr ausgezeichnet worden, berichtete eine Teilnehmerin. Außerdem bezeichne sich die Stadt selbst gern als „Fahrradstadt“.
Hinter dem Etikett „Fahrradstadt“ müsse mehr stehen, meinte Perowanowitsch. Auf die Frage hin, welche Maßnahmen sich für Mannheim anbieten, forderte dieser: Farbliche Markierungen, vor allem an den Kreuzungen, Vorfahrt für den Radverkehr in Fahrradstraßen, die zu Vorrangnetzen gehören, Tempo 20 in Fahrradstraßen, die schärfsten Problempunkte durch Pop-up-Radwege lösen sowie ein autofreies Zentrum bzw. die engsten Stellen in der Innenstadt autofrei gestalten. Jessica Martin forderte zusätzlich, es müssten viel mehr Fahrradabstellplätze in priorisierter Lage ausgewiesen werden. Zudem würden sichere Stellplätze für hochwertige Fahrräder wie zum Beispiel E-Bikes benötigt
Dennis Ulas, Stadtrat für Die LINKE in der Fraktion LTK betonte: „Der Verkehrsversuch hat sein Ziel erreicht: Der Radverkehr in der Innenstadt hat zugenommen. Radfahrer:innen sowie Fußgänger:innen haben sich sicherer gefühlt. Der Autoverkehr hat abgenommen.“ Diese Erfahrungen müssten nun genutzt werden, um zeitnah darauf aufzubauen und den Radverkehr sicher und attraktiv zu machen.
„Meine Hoffnung liegt auf dem Masterplan Mobilität. Ein Konzept, das Radverkehr fördert und den Verkehr auch in Bezug auf Klimaschutz und CO₂-Ausstoß wandeln kann. Aber auch wenn dieses Konzept beschlossen ist, wird es darum gehen, die einzelnen Maßnahmen umzusetzen und zu finanzieren. Eine fahrradfreundliche Stadt zu werden, bleibt also weiterhin eine große Aufgabe, für die wir uns gemeinsam mit der Zivilgesellschaft aktiv einsetzen müssen“, erklärte Jessica Martin abschließend.
Über Ingwar Perowanowitsch
Ingwar Perowanowitsch zählt zu den profiliertesten Fahrradaktivisten Deutschlands. Mit seinem unermüdlichen Engagement für sichere und attraktive Radverkehrsinfrastruktur hat er sich bundesweit einen Namen gemacht. Durch öffentlichkeitswirksame Aktionen macht er auf Probleme für Radfahrende aufmerksam. Durch seinen praxisnahen Ansatz und fundierte Vergleiche mit Vorreiterländern wie den Niederlanden gelingt es ihm, konkrete und umsetzbare Lösungsvorschläge aufzuzeigen.
Fraktion LTK im Mannheimer Gemeinderat – Die Linke | Tierschutzpartei | Klimaliste