CDU und Ferrat wollen das JUZ Friedrich Dürr Mannheim schließen
Geänderte Mehrheitsverhältnisse durch den Überläufer Thomas Hornung, Panikmache nach dem G20 Gipfel… Warum die CDU gerade jetzt ihren Antrag stellt, dem JUZ alle Gelder zu streichen – was der Schließung der Einrichtung gleich kommt – darf spekuliert werden. Fakt ist, dass der Antrag aufgrund des unklaren Abstimmungsverhaltens des Gemeinderats eine ernsthafte Bedrohung für Mannheims selbstverwaltetes Jugendzentrum am Neuen Messplatz ist. Warum sich der Wendehals Julien Ferrat, selbst einmal als Linker in den Gemeinderat gewählt, gerade in dieses Thema der rechten CDU einklinkt, ist wirr – und damit allerdings schlüssig zu seiner langen Liste absurder Antragsthemen.
„In die Zukunft investieren – Mehr für Kinder und Familien. Zuschüsse für Jugendzentrum in Selbstverwaltung e.V. „Friedrich Dürr“ streichen“. Auf den ersten Blick sieht die Überschrift des CDU-Antrags nach Satire aus, doch hinter dem Antrag steht die ernst gemeinte Absicht, einen politischen Gegner zu eliminieren. Das Jugendzentrum, das Antifaschismus aus geschichtlicher Verpflichtung in seinen Statuten stehen hat, war immer auch den bürgerlichen und konservativen Kräften unangenehm, zeigte es doch Verbindungen nach Rechtsaußen auf (wie am Beispiel des CDU- und Normannia-Mitglieds Egon Manz oder des ehemaligen CDU-Ministerpräsidenten und Nazi-Richter Hans Filbinger).
Seit 1973 gibt es das selbstverwaltete JUZ in Mannheim. Damals wurde es von einer Jugendbewegung politisch durch Demonstrationen und Aktionen auf der Straße erkämpft. Seitdem hat sich das JUZ zum anerkannten Ort für alternative Subkultur, demokratische Teilhabe durch Selbstverwaltung und linke, außerparlamentarische Politik etabliert. Seinen Namen trägt das JUZ als Verpflichtung zur Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Friedrich Dürr war ein Mannheimer Antifaschist, Arbeiter und Kommunist, der bereits in jungen Jahren an Aktionen gegen die aufstrebenden Nazis beteiligt war. Später wurde er von den Nazi-Schergen verhaftet und kam ins KZ Dachau, wo er 1944 führend am Aufstand beteiligt war und damit vermutlich vielen Gefangenen das Leben rettete. Er wurde kurz vor der Befreiung durch alliierte Truppen von der SS erschossen.
Die CDU nutzt offensichtlich den Hype um den G20 Gipfel. Die Sicherheitsbehörden treten die Flucht nach vorne an. Um von massiven Grundrechtsverletzungen abzulenken, treten die Polizeibehörden eine Repressionswelle los. „Großrazzia gegen die linke Szene in mehreren Bundesländern“ lauteten die Schlagzeilen der vergangenen Tage. Die Polizei suchte nicht etwa nach Beweisen, um Straftäter zu überführen. Ganz offen sagte sie gegenüber der Presse, die Durchsuchungen bei Privatpersonen und Stadtteilzentren dienten dazu, Erkenntnisse über die linke Szene zu erlangen, also eine geheimdienstliche Tätigkeit durch die Polizei. Das es das JUZ Mannheim nicht getroffen hat, scheint eher Zufall zu sein.
Die inhaltliche Begründung der geheimpolizeilichen Tätigkeiten liefert der „Verfassungsschutz“. Ganze Passagen schreibt die CDU für ihren Antrag vom Inlandsgeheimdienst ab. Die „typischen linksextremistischen Aktionsfelder“ seien alle im JUZ vertreten: „Antikapitalismus, (inklusive Kampf gegen Faschismus, Rechtsextremismus, Rassismus, Repression, Gentrifizierung und Militarismus) und Kurdistansolidarität“. Darauf könnte man reagieren „Aha, gut, dass sich junge Menschen gegen solche Missstände engagieren“ und dabei wird klar, worauf die Strategie der CDU abzielt. Es geht nicht etwa um eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Demokratiegefährdung. Die CDU will ganz offensichtlich an die AfD verlorene Wähler*innen zurück gewinnen. Wie die CSU in Bayern versucht die Mannheimer CDU die AfD bei bestimmten Themen rechts zu überholen.
Die Schließung des JUZ fordern NPD- und AfD bzw. deren Nachfolgefraktion „Bürgerfraktion“ schon lange. Das geschieht aus Gründen des Selbstschutzes, denn aus den Reihen des JUZ müssen sie mit Widerstand gegen ihre rassistische Politik rechnen. CDU und Einzelstadtrat Ferrat begeben sich damit in ein gefährliches Bündnis mit den Rechtsaußen.
Dass der Antrag gegen das JUZ auch von Ferrat gestellt wird, ist gleichermaßen verwunderlich, wie irrelevant. Ernst nimmt den rappenden Stadtrat sowieso niemand mehr. Mit Sex und Skandalen versucht er Aufmerksamkeit zu generieren. Ein politisches Programm ist nicht erkennbar, es geht offenbar nur um seine Person. Ferrat selbst hat sich vor einigen Jahren damit gebrüstet, Mitglied des AK Antifa im JUZ zu sein. „Erfunden und gelogen“ bestätigten langjährige Mitglieder des AK, offenbar um sich wichtig zu machen. Das passt zu weiteren Vorwürfen gegen ihn, wie die Fälschung von Listen bei Hochschulwahlen. Bedauerlich ist nur, dass er als Steigbügelhalter der CDU eine kostbare Stimme verschafft.
Die gute Nachricht lautet, die Rechten haben im Mannheimer Gemeinderat keine Mehrheit. Zwar gab es in der letzten Zeit unerfreuliche Entwicklungen. Thomas Hornung, Nachrücker für den tragisch ums Leben gekommenen Wolfgang Raufelder, der selbst immer ein Unterstützer des JUZ war, wechselte unter scharf kritisierten Umständen zur CDU. Stimmenkauf, Wählerbetrug und eigener Vorteil lauteten die Vorwürfe gegen den Überläufer. Doch von SPD, Grünen, Linken und FDP kann die CDU kaum Unterstützung erwarten. Sie arbeiten seit langem gut mit dem JUZ zusammen, beispielsweise im Bündnis Mannheim gegen Rechts, und wissen, dass die Vorwürfe „gewaltbereit“ und „extremistisch“ nichts anderes als Verleumdung und Stimmungsmache sind. Auch bei der Mannheimer Liste gibt es Stadträte, die das JUZ kennen und um seine stadtgesellschaftliche Bedeutung als alternatives Angebot für junge Menschen wissen – bei aller Kenntnis, Respekt und Wertschätzung gegenüber unterschiedlichen politischen Meinungen. Es bleibt also ein braun-schwarzer Sumpf aus CDU, NPD, Ex-AfD und dem rappenden Einzelstadtrat Ferrat, der sich mit seinen Aktionen der letzten Monate zum Gespött der Stadt gemacht hat. Hoffen wir, dass dieser Sumpf keine weiteren Unterstützer*innen findet.
(cki)