„Den Faschismus richtig vorausgesagt“ – Gedenkveranstaltung der VVN für die Lechleitergruppe
Der Widerstand wurde ihnen zum Verhängnis: Am 15. September 1942 und am 23. Februar 1943 wurden 19 Mitglieder der Mannheimer Widerstandsgruppe um Georg Lechleiter von den Nazis hingerichtet. Sie hatten mit Flugblättern und einer illegalen Zeitung über den Terror und den Vernichtungskrieg des Nazi-Regimes aufgeklärt.
Die Widerstandskämpfer*innen verloren ihr Leben, doch sie wurden zum Vorbild heutiger Antifaschist*innen, zum mahnenden Beispiel, dass Widerstand möglich war. Jedes Jahr am 15. September veranstaltet die Kreisvereinigung Mannheim der VVN-BdA eine Gedenkveranstaltung für die Lechleitergruppe.
In diesem Jahr moderierte die VVN gemeinsam mit dem Offenen Antifaschistischen Treffen und hatte als Hauptredner den Industriepfarrer i.R. beim Kirchlichen Dienst der Arbeitswelt, Thomas Löffler, eingeladen. Kurze Grußworte sprachen auch Jürgen Lippl, Geschäftsführer von Ver.di Rhein-Neckar und ein Vertreter des Offenen Antifaschistischen Treffens, der auf die antifaschistische Herbstoffensive mit zahlreichen Veranstaltungen hinwies. Die musikalische Umrahmung gestaltete der Chor Trotz Alledem.
Klaus Dollmann vom Kreisvorstand der VVN würdigte in seiner Ansprache den mutigen Arbeiterwiderstand und berichtete von einer AfD Veranstaltung Anfang September in Feudenheim. Die neuen faschistischen Bewegungen wüssten es wie die alten Nazis, für tatsächliche Probleme Sündenböcke zu finden. Waren es damals die Juden, die für alles verantwortlich gemacht wurden, werden heute die aktuellen Probleme den Flüchtlingen oder Muslimen zugeschrieben. Das fanatische Beifallklatschen bei der AfD-Veranstaltung mit Alice Weidel habe ihn an historische Wochenschau Sendungen erinnert.
In seiner Gedenkrede gestand Pfarrer Thomas Löffler ein, als junger Mann selbst nicht gewusst zu haben, wer die Lechleitergruppe war und für was sie stand. Ahnungslos sei er am Ort des Gedenkens vorbei gelaufen. Seine Geschichtslehrer hätten damals eher von den verpassten Chancen in Stalingrad geredet. Den Arbeiterwiderstand habe es in deren Berichten nicht gegeben.
„Ich möchte mich heute tief vor Georg Lechleiter und seinen Genossen verneigen, die damals gezeigt haben, dass es eine andere Option als den Faschismus gab“, so drückte Thomas Löffler seinen Respekt gegenüber den Kommunist*innen und Sozialdemokrat*innen aus. Die Kirche habe zu lange die Bedeutung des Arbeiterwiderstands verkannt. „Es waren die Männer und Frauen der linken politischen Seite, die den Faschismus richtig voraus gesagt hatten.“ Solche „prophetischen Worte“, wie die von Georg Lechleiter, könnten nur von einem Menschen kommen, der sehr sensibel sei. In den Ideen und Vorstellungen der Lechleitergruppe habe Löffler viele Überschneidungen der marxistischer Idee und des christlichen Glaubens erkannt.
„Demokratie ist für mich die beste aller Staatsformen.“ Dass heute jeder vierte Wähler in Sachsen die Demokratie ablehne, mache ihm Sorgen. „Nationalismus und Rassismus dürfen niemals wieder zu Mitteln der Politik werden!“
Die VVN als Veranstalterin freute sich über gut 100 Teilnehmer*innen aller Altersgruppen, die mit roten Fahnen, Bannern und Blumenkränzen einen angemessenen Rahmen gestaltet hatten. Zum Ende spielte der Chor Trotz Alledem das Lied der Moorsoldaten, traditioneller Abschluss der Lechleiter-Gedenkveranstaltung.
(Text & Bilder: cki)
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