Berlin/Hockenheim: Protest gegen Abschiebeinvestor „Harder & Partner“
Am Flughafen BER in Berlin/Brandenburg soll nun ein neues Abschiebegefängnis gebaut werden, ein Großprojekt, das aber nicht von den zuständigen Behörden selbst gebaut wird. Stattdessen soll das Gefängnis, das im Behördendeutsch „Ein- und Ausreisezentrum“ heißt, von der Hockenheimer Firma Harder & Parnter gebaut und dann ans Land vermietet werden.
Protest gegen Profiteur der „menschenfeindlichen Abschiebepolitik“
Das Bündnis “Abschiebezentrum BER verhindern” und die Heidelberger Gruppe akut [+c], eine Ortsgruppe der Interventionistischen Linken, haben eine Online-Aktionswoche gegen den „Abschiebeinvestor“ gestartet. Mit E-Mails und Social Media Posts solle die Kundschaft von “Harder und Partner” auf das „menschenfeindliche“ Projekt hingewiesen werden. Auch eine Aktion mit Banner fand bereits vor der Firmenzentrale in Hockenheim statt.
Die Aktivist*innen beschreiben das Abschiebegefängnis folgendermaßen.
„Zum einen soll ein Bereich für Ausreisegewahrsam entstehen, in dem Menschen für maximal zehn Tage vor ihrer Abschiebung inhaftiert werden können (§62b AufenthG) – schon jetzt gibt es eine Einrichtung für Ausreisegewahrsam mit 20 Plätzen in Schönefeld. Außerdem wird es ein Transitgebäude geben, in dem mindestens zwei weitere Formen der Inhaftierung stattfinden werden: Erstens werden Menschen, die bei ihrer Ankunft am Flughafen BER einen Asylantrag stellen, in einem unfairen Asyl-Schnellverfahren ohne Zugang zu unabhängiger Rechtsberatung oder Unterstützung festgehalten (§ 18a Abs. 1 AsylG). Durch dieses Flughafen-Asylverfahren können ganze Familien – inklusive Kinder – wochenlang legal inhaftiert werden. Zweitens können Menschen bei der Anreise mit dem Flugzeug im Transitgebäude inhaftiert werden, wenn sie an der Grenze zurückgewiesen wurden. Sie gelten dann während ihrer maximal 12 Monate langen Haftzeit, bis zu ihrer Abschiebung, als nicht in Deutschland eingereist (§ 15 Abs. 6 AufenthG). Zuletzt sollen im Abschiebezentrum, speziell im Rückführungsgebäude, Hunderte Abschiebungen im Jahr durch die Bundespolizei durchgeführt werden – sowohl in EU-Länder (sogenannte Dublin-Überstellungen) als auch in Nicht-EULänder.”
Das 150 Millionen Euro teure „Ein- und Ausreisezentrum“ mit Abschiebegefängnis gilt als Gemeinschaftsprojekt des ehemaligen Innenministers Hort Seehofer (CSU) mit dem Brandenburger Innenministers Michael Stübgen (CDU). Kritik kam von den Grünen, die als Koalitionspartner in Brandenburg und im Bund das Projekt aber mit verantworten.
Wer ist der Investor Harder & Partner?
Harder & Partner soll am Berliner Flughafen BER bereits einige Projekte, wie großen Hallenbauten und Hangars umgesetzt haben, ebenso an weiteren Flughäfen. Firmenchef, Jürgen B. Harder, soll laut RBB vor rund zehn Jahren an einem Schmiergeldskandal am Frankfurter Flughafen beteiligt gewesen sein. Es sei um um Grundstücke gegangen, Harder soll damals in Untersuchungshaft gewesen sein. Außerdem soll er laut SZ in einen Medizinskandal 2019 an der Uniklinik Heidelberg verwickelt gewesen sein. Ein Früherkennungstest für Brustkrebs sei als Weltsensation angepriesen worden, habe sich aber als nicht marktreif heraus gestellt. Nach Selbstanzeige der Uniklinik wurde unter anderem wegen Verdacht des Insiderhandels und Börsenmanipulation ermittelt.
Trotz allem hält die Brandenburgische Landesregierung den Invester für “hinreichend seriös”. Marie Schäffer, Sprecherin der Grünen Fraktion, sagte dazu: “Ich gehöre einer Partei an, die sehr für Resozialisierung ist. Ich frage mich allerdings auch, ob ein Millionenauftrag des Staates dafür der richtige Ort ist.“
Protestkampagne „Ohne Investor kein 150-Millionen-Euro-Abschiebezentrum“
Wer mit Projekten, wie Abschiebegefängnissen sein Geld verdient, läuft Gefahr, ein angekratztes Image zu bekommen. So ist auch die Tatsache, dass Harder & Partner hier als Investor auftritt, eher zufällig an die Öffentlichkeit gekommen. Dass Innenministers Stübgen ihn als „hinreichend seriös” bezeichnet, sagt viel über das Projekt aus.
Im Februar hatten hunderte Menschen im Flughafen BER gegen das Bauprojekt demonstriert. Das Bündnis gegen das Abschiebezentrum will nicht locker lassen und nach dem Motto „Ohne Investor kein Abschiebezentrum“ den Druck auf den Bauherr erhöhen. Während von Berlin aus mit E-Mails und Social Media Posts gekämpft wird, wollen die Heidelberger Aktivist*innen auch die regionale Öffentlichkeit wach rütteln. “Die Verträge sind noch nicht unterschrieben. Jetzt liegt es an euch allen, aktiv zu werden. Schönefeld darf nicht zu einem internationalen Abschiebedrehkreuz werden. Lasst uns gemeinsam verhindern, dass die rassistische und neokoloniale Praxis der Abschiebepolitik einen neuen Schauplatz bekommt.”
(cki)
Kampagnenwebseite mit „Action Kit“ des Bündnisses für E-Mails und Social Media Posts: dumpharder.neocities.org