GBG-Mieter sprechen mit OB Kurz
Am Mittwoch nutzten die verärgerten GBG-Mieter die Gelegenheit, ihr Anliegen an höchster Stelle direkt loszuwerden. Bei der Bürgersprechstunde des Oberbürgermeisters redeten sie sich den anhaltenden Frust über die “Heimlichtuerei” der städtischen Wohnungsbaugesellschaft von der Seele und erhoben schwere Vorwürfe gegen die GBG, deren Aufsichtsratsvorsitzender Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz sich meist gelassen den zornigen, verzweifelten Berichten seiner Bürger stellte.
Kurz bemängelte ebenso wie die erzürnten Mieter das schlechte Kommunikationsverhalten der Gesellschaft. Für ihn jedoch waren – anders als für die anwesenden Mieter – die Abrisspläne der GBG absolut nichts Neues. Ganz im Gegenteil würde schon lange eine gemischte Strategie verfolgt, im Zuge der Erneuerung des GBG-Bestands einen Teil zu sanieren und den anderen Teil zu ersetzen, also Abriss und Neubau.
Warum die GBG dies ihren Mietern seit Jahren nicht mitteilt, war für den Oberbürgermeister ein Rätsel. Es sei ja schließlich kein Geheimnis, da ja auch viele Wohnungen absichtlich leer stehen gelassen würden.
Auf die Frage, wo sich die bezahlbaren, vergleichbaren GBG-Wohnungen denn im Stadtteil befänden, musste Kurz auf die Schnelle passen. Es sei ihm von der GBG versichert worden, dass die Mieter alle eine angemessene Wohnung zu einem Kaltquadratmeterpreis von 6,20 Euro in der Neckarstadt erhielten. Doch die Neckarstadt ist natürlich groß.
Unverständnis ernteten die Mieter der Häuser entlang der Carl-Benz-Straße, als sie ihre Meinung über die frisch sanierten Wohnungen in der Mainstraße äußerten. Bäder und Küchen zu klein, neue Leitungen über Putz verlegt, so dass es problematisch sei, Möbel an die Wände zu rücken. “Ich war gerade erst in den sanierten Beständen”, meinte Kurz, “Ich habe dort mit zufriedenen Mietern gesprochen. Wenn Sie die Wohnungen als Loch bezeichnen, ist dieses Gespräch beendet.”
Gegen die Vorwürfe, dass die GBG ihren Bestand jahrelang vergammeln ließe, verteidigte der Oberbürgermeister die Wohnungsbaugesellschaft. Sie habe insgesamt viel investiert, “dort nicht”, räumte er ein. Doch selbst mit Vollmodernisierung sei keine Lebensdauer wie bei Neubau erreichbar. Er räumte ein, dass es außer Frage stünde, dass eine Sanierung der betroffenen Häuser rein technisch möglich sei. Ob dies wirtschaftlich sinnvoll sei, zog er allerdings in Zweifel.
Als eine Mieterin ihm einen alten Zeitungsauschnitt des Mannheimer Morgens vorlegte, in dem der ehemalige GBG-Chef Bielmeier den Mietern schon vor Jahren versprach, dass ihre Häuser saniert würden, war Kurz deutlich perplex. “In der Gesellschaft werde derzeit eine Konzeption erarbeitet, wie die Sanierung vor sich gehen könne – 2011 soll es losgehen.” steht in dem Artikel vom 6. Februar 2010, und: “Aktuell überlege man sogar, ein Sonderprogramm zu starten, um die rund 4000 GBG-Wohnungen ohne Zentralheizung schnell aufzurüsten.” Das alles sei fünf Jahre her, seitdem warte man auf die Erfüllung dieses Versprechens und sei deswegen auch nicht ausgezogen, als die Häuser immer leerer wurden. Als in der Mainstraße die Sanierungen begannen, sei sogar die Hoffnung aufgekommen, als nächstes seien endlich sie dran.
Bevor sich das Thema zu einer offeneren städtebaulich, politischen Debatte wandelte, stellte der Oberbürgermeister noch einmal fest, was für ihn die Kernaufgaben der GBG seien: An erster Stelle stünde ein ordentlicher Umgang mit ihren Mietern und an zweiter Stelle eine (Zukunfts-)Perspektive.
Ein zur Unterstützung mitgekommenes Mitglied der Initiative FairMieten warf der GBG vor, in der Neckarstadt-Ost einen Bevölkerungsaustausch vorzunehmen. Der ähnlich gelagerte Fall am Adolf-Damaschke-Ring wurde ins Feld geführt, woraufhin Kurz für sich einen ganz klaren Unterschied aufzeigte: In Feudenheim gäbe es keine Alternativen im GBG-Bestand, wohingegen in der Neckarstadt nach Angaben der GBG genug Wohnungen zur Verfügung stünden. Dem widersprachen die Mieter. Zum einen seien die Wohnungen in der Main- und der Kinzigstraße längst alle belegt (auch durch Mieter aus der Carl-Benz-Straße), zum anderen seien die Wohnungen, die von der GBG angeboten würden, deutlich teurer. Ein Mann legte dem Oberbürgermeister das Angebotsschreiben der Wohnungsbaugesellschaft und eine Mietbescheinigung zum Vergleich vor. Jetzt zahlt er knapp unter 340 Euro, umziehen soll er in eine Wohnung, die fast 600 Euro kostet.
Die alteingesessenen Neckarstädter fragten sich: Warum wurden nicht ihre Häuser entlang der Carl-Benz-Straße zur Sanierung ausgewählt? Die Sprecherin der neu formierten Mieterinitiative, Frau Minor, brachte ihren Unmut auf den Punkt: “Es geht der GBG nur um das Gebiet. Es ist das Filetstück im Stadtteil. Wir sind hier unerwünscht.” Sie forderte ein unabhängiges Gutachten, dass ein Abriss unumgänglich sei, worauf Kurz ein weiteres Mal entgegnete, dass es unbestritten sei, dass saniert werden könnte. Dies sei aber nicht die seit Jahren vorliegende Grundentscheidung, nur einen Teil zu sanieren. Die Häuser der GBG gehörten allen Mannheimer Bürgern und nicht nur den darin lebenden Mietern, ergänzte er.
Am Ende des Gesprächs hielt Oberbürgermeister Kurz fest, dass der Abriss und Neubau an der Carl-Benz-Straße laut eines vor längerem getroffenen Aufsichtsratsbeschlusses der aktuelle Stand sei. Er ließ sich auch nicht dazu hinreißen, den nun deutlich aufgebrachten Mietern, dahingehend irgendwelche anderen Hoffnungen zu machen.
Die Mieter verließen wütend den Raum. Niemand hatte konkrete Zusagen erwartet, aber die Bewohner der Carl-Benz-Straße fühlten sich nach dem Gespräch noch mehr wie die Bauernopfer der städtischen Wohnungsbaupolitik.
Für sie steht fest: Sie werden nicht weichen und ihr Zuhause aufgeben, auch wenn es hart auf hart kommt.