Skandalprozess in Heidelberg: Gewerkschaften solidarisieren sich mit Lehrer
Nach dem viel kritisierten Urteil gegen den Antifaschisten und Realschullehrer Michael Csaszkóczy haben sich Heidelberger Gewerkschaften zu Wort gemeldet und dem Kollegen demonstrativ den Rücken gestärkt. „Öffentliche Versammlungen und Veranstaltungen in öffentlichen Räumen müssen aus Sicht der Gewerkschaften allen Bürgerinnen und Bürgern frei zugänglich sein und bleiben“, wird in dem Schreiben gefordert, dass Vorsitzende und Geschäftsführer von DGB, GEW, ver.di und IG Metall unterschrieben haben. „Obwohl (…) der Protest nachweislich friedlich war und der Lehrer sich widerstandslos von Polizisten wegtragen ließ, sah das Gericht darin einen Hausfriedensbruch“. Man könne die Begleitumstände und das Urteil selbst nur als „höchst befremdlich“ bezeichnen.
Nach einer Anzeige durch den AfD-Landtagsabgeordneten Rüdiger Klos wurde Michael Csaszkóczy im September vom Amtsgericht Heidelberg zu einer Geldstrafe von 1600 Euro wegen Hausfriedensbruch verurteilt. Gestritten wurde vor allem über die Frage, ob die reine Anwesenheit bei einer öffentlichen Veranstaltung ein Hausfriedensbruch sein könne. Die Richterin nannte den Lehrer einen Rädelsführer und bescheinigte ihm durch seine bloße Anwesenheit die Eigenschaft als Störer. Eine Entlastungszeugin lehnte die Richterin ab.
Später kam heraus, dass die Richterin Dr. Julia Glaser mit dem AfD-Bundespolitiker Albrecht Glaser verwandt ist und unter ungewöhnlichen Umständen an den Fall kam. Auch die Einmischung eines weiteren Familienmitglieds, ein Leserbrief der Mutter der Richterin, in dem juristisches Fachwissen und Fachwörter vorkamen, wurde in diesem Zusammenhang kritisiert.
Da auch ein Mitarbeiter des Kultusministeriums den Prozess beobachtete, richteten die Gewerkschaften klare Worte an die Landesbehörde: „Wir erwarten, dass Michael Csaszkóczy in der Berufung freigesprochen wird.“. Außerdem werde die Landesregierung vorsorglich aufgefordert, „keine erneuten disziplinarrechtlichen Maßnahmen oder ein zweites Berufsverbot gegen den Lehrer zu erlassen.“
(red)
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