Fridays for Future: Bei Schülerstreiks gingen in der Rhein-Neckar Region Tausende für Klimagerechtigkeit auf die Straßen [mit Bildergalerie und Video]
Fridays for Future ist ein globale Bewegung von SchülerInnen, die eine Kehrtwende in der Klimapolitik fordert. Am 15.03.19 gingen weltweit in über 100 Ländern und 2000 Städten junge Menschen auf die Straßen, um sich für das Thema und die Bewegung stark zu machen. In Deutschland rief die Bewegung unter dem Motto “Verkehrswende statt Weltende” zum bundesweiten Streik auf. Bei den jeweiligen überregionalen Aktionen sollen thematische Schwerpunkte gesetzt werden. Der nächste große Streik ist für den 24. Mai geplant. Unsere Reporter berichten von den Streikaktionen und Demos am 15. März in Mannheim, Heidelberg und Frankenthal.
Mannheim: “GKM abschalten!”
In Mannheim hatte die Orga-Gruppe der Schülerinitiative Fridays for Future erneut zur Auftaktkundgebung in den Ehrenhof des Schlosses eingeladen. Nach der erfolgreichen Demo im Februar mit 1000 Teilnehmer*innen war der Druck hoch, noch größer und lauter zu werden. Soviel vorweg: Das gelang auf ganzer Linie.
Dem bundesweiten Motto “Verkehrswende statt Weltende” schloss sich auch die Mannheimer Gruppe an und forderte in Redenbeiträgen einen Ausbau des ÖPNV, bessere Fahrradwege und moderne Mobilitätskonzepte. Ein weiteres wichtiges Thema war erneut das Kohlegroßkraftwerk der MVV. Die Parole “GKM abschalten” war auf einem Banner an der Bühne zu lesen. Sie wurde immer wieder von den Schüler*innen gerufen und in Redebeiträgen thematisiert.
Nach dem Auftakt am Schloss zog die Demo erneut durch die Breite Straße, diesmal jedoch mit einem Abstecher zum Rathaus, um die Stadtverwaltung auf ihre Forderungen aufmerksam zu machen. Der Büroleiter des Oberbürgermeisters kam heraus, berichtete, dass der OB leider verhindert sei, aber viele Grüße ausrichten ließ und in den kommenden Tagen eine Delegation der Schüler*innen zu sich einladen wolle. Weiter berichtete er von Anstrengungen, die die Stadt bereits unternehme, um im Bereich des Klimaschutz voran zu kommen. Ein Mitorganisator entgegnete darauf, dass sie hier allerdings noch wesentlich mehr Möglichkeiten sehen würden, beispielsweise was den besseren Ausbau des ÖPNV angehe.
Noch in den Quadraten sprachen die Veranstalter*innen von mindestens 2000 Teilnehmer*innen. Es hatten sich auch viele Studierende und vereinzelt Lehrer*innen und weitere Erwachsene eingereiht, die sich mit dem Schulstreik solidarisierten.
Neben der Gruppe der Schüler*innen, die maßgeblich für die Organisation der Demo zuständig war, hat sich auch eine Studierendeninitiative gegründet, die den Protest unterstützt. Umtritten war erneut das Thema Schulstreik aus Perspektive der Erwachsenen. Im Mannheimer Morgen gab es eine Pro- und Kontra-Diskussion, natürlich aus Erwachsenensicht. Witzfigur des Tages war Christian Lindner (FDP), der sich mit seiner Aussage, man solle den Klimaschutz (erwachsenen) Profis überlassen, disqualifiziert hatte und nun auf Schildern und in Reden parodiert wurde.
Manche Lehrer*innen untersützten den Streik offen, indem sie Klassenausflüge zur Demo organisierten, andere nur hinter vorgehaltener Hand, wieder andere trugen unentschuldigte Fehlstunden in die Klassenbücher ein, so wie es vom Schulamt verlangt wurde.
“Wir sind mit der heutigen Veranstaltung mega zufrieden, die Stimmung war sehr gut und wir hoffen, dass auch die Forderung zum GKM angekommen ist”, teilte ein Sprecher der Orga-Gruppe am Mittag mit. Auch am 24. Mai wolle man sich wieder an der internationalen Aktion beteiligen.
(cki)
Heidelberg: „An uns kommt keiner mehr vorbei“
Regenwolken, ungemütliches Wetter und Kritiker der Fridays for Future Streiks hatten heute eins gemeinsam: sie waren bedeutungslos. Das Schild eines der Streikenden machte klar: „Wenn ich nur schwänzen will, stell ich mich nicht in den Regen“. So fanden 2500 Schüler*innen den Weg in die Altstadt um kraftvoll, laut und mit guter Laune ein Thema in die Stadt zu tragen, das eigentlich kaum Anlass zu guter Laune bietet.
Praktische Unterstützung kam von der Max Bar, sie spendete Strom für die Lautsprecheranlage, die Heidelberger Bonbon Manufaktur bot süße Unterstützung in Form von Lollies nach dem Streik an. Allerdings rief schon die Ankündigung dessen im Internet, Pöbler und ewig gestrige auf den Plan, sich in der Kommentarspalte dazu aus zu toben. Seine Kritik könnte man auch den Kids persönlich überbringen, die Möglichkeit besteht. Doch man redet lieber über sie, statt mit ihnen, man macht es sich bequem indem man ihnen ihre Mündigkeit abspricht.
Mit Blick auf diese Generation können wir uns die gewohnten Konzepte nicht mehr leisten. Es wird zum Beispiel in Zukunft nicht reichen nur Automobile, selbst wenn diese rein elektrisch fahren, anzubieten, man muss ganz andere Mobilitätskonzepte anbieten. Die Redebeiträge vor dem Rathaus legten den Finger in die Wunde und mahnten wieder, die Weichen jetzt in die richtige Richtung zu stellen: Energiewende, Kohleausstieg, Klimaziele – für alles bleibt wenig Zeit. Oberbürgermeister Eckart Würzner, er kam zur Auftaktkundgebung, für die er einige Termine verlegte, zeigte sich erfreut über die Energie, die die Schüler*innen in die Bewegung bringen.
Die träge und unbewegliche, von wirtschaftlichen Interessen geleitete Politik, vor allem Äußerungen aus der letzten Zeit, sorgten einerseits zwar für Erheiterung, letztlich aber auch für Wut und Unverständnis. Den Wind aus den Segeln der Kritiker nehmen zahlreiche Wissenschaftler, die mit klarer Expertise, als “Scientists for Future” die Bewegung unterstützen. Spätestens jetzt, und auch das dürfte den ein oder anderen Kritiker entsetzen, agiert Fridays for Future auf Augenhöhe mit Profis. Nur eben mit mehr Ambitionen, Anspruch und Ideen. Und darum ist es schade, dass die Schüler*innen noch zu oft mit falschen Behauptungen und Motiven belegt werden, statt den Dialog mit ihnen anzunehmen. Das bringt Mitorganisator Jannis Rimikis am Ende auf den Punkt als er ruft: „An uns kommt keiner mehr vorbei“. Recht hat er.
(dk)
Frankenthal: “Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut”
An diesem Tag gingen zum ersten Mal nach offiziellen Angaben 700 junge Menschen (die Veranstalter berichten von 900) auf die Straßen, um ihre Gesichter für die Bewegung zu zeigen und um Wort zu ergreifen was die globale Klimapolitik angeht.
“Schulschwänzer” konnten keine gesichtet werden, sondern ausschließlich nur engagierte SchülerInnen und weitere junge Menschen, denen das Thema am Herzen liegt.
Um kurz nach 11 Uhr zogen die jungen Streikenden vom Speyerer-Tor aus los. Anfangs waren es etwa 300 TeilnehmerInnen, deren Anzahl sich jedoch bis zur Abschlusskundgebung am Rathaus fast verdreifachte.
Quer durch die Stadt zogen die streikenden SchülerInnen. Beifall gab es des öfteren von PassantInnen und auch aus dem ein oder anderen Fenster bekundeten BürgerInnen ihre Sympathien. “Ich kann gar nicht verstehen, was die rufen”, sagte eine ältere Dame unserem Reporter. KIM-Reporter: “Schülerstreik wegen Klima und so.” Die Dame “Sehr gute Sache, habe darüber heute Morgen in der Zeitung gelesen.”
Nach mehreren Zwischenkundgebungen kamen die Streikenden am Rathaus an und luden die dort arbeitenden Politiker ein heraus zu kommen, um Stellung zu beziehen. Diese kamen der Einaldung nicht nach.
Mit einer Schweigeminute für die Toten und Hinterbliebenen des Flugzeugabsturz in Südafrika, mit Reisenden auf dem Weg zur Weltklimakonferenz und im Gedenken an die Opfer des rassistisch-motivierten Terroranschlag in Christchurch (Neuseeland), endete der Streiktag.
Angekündigt wurde, daß im April in Frankenthal der nächste SchülerInnen-Streik stattfinden wird. Es bleibt abzuwarten, ob sich dann der Oberbürgermeister zeigen wird.
(cr)
Video: Eindrücke von den Aktionen in Heidelberg und Mannheim
Direktlink zu youtube: https://youtu.be/t_JWKvg15qI
(Bericht, Fotografie und Video: dk, cr und cki)