Aufstand mit Abstand: Blockade am GKM – Protest bei Heidelberg Cement
Protest gegen Klimazerstörung
“Klimagerechtigkeit selbst in die Hand nehmen!”
Eine Kleingruppe von jungen Menschen blockiert seit den frühen Morgenstunden unter dem Namen “GKM abschaffen” den Block 6 des Grosskraftwerk Mannheim (GKM). Dies geschah im Rahmen der Aktionstage “Aufstand mit Abstand”, zu denen die Gruppe “Zucker im Tank”
aufgerufen hatte. Ziel der Aktion ist es, Aufmerksamkeit auf die umweltschädliche Steinkohleverbrennung zu lenken und Menschen, die unter den Folgen der Klimakatastrophe leiden, eine Plattform zu bieten.
Das GKM produziert pro Jahr 7 Millionen Tonnen Co2, das sind 10% der baden-württembergischen Emissionen. Die verbrannte Steinkohle wird teilweise aus Kolumbien und Russland importiert, wodurch die Lebens- und Einkommensgrundlagen der dort lebenden Menschen zerstört werden. Dazu die kolumbianische Aktivistin Luz Angela Uriana Epiayu: „Ich wünsche mir, dass die Menschen in Deutschland sich bewusst werden, wo die Kohle herkommt, die sie konsumieren. Und über die Konsequenzen.“ Die Menschen in den Kohleprovinzen La Guajira und Cesar leiden unter enormem Nahrungs- und Wassermangel, Bewohner*innen werden zwangsumgesiedelt und Aktivist*innen vor Ort bekommen Morddrohungen.
Und auch in Kuzbass im Süden Sibiriens sind die Folgen des Kohleabbaus deutlich spürbar: 93,8% der Trinkwasservorräte sind vergiftet und Krebs- und Lungenerkrankungen häufen sich. Der russische Aktivist Vladimir Slivyak von “Ecodefense!” fordert daher: “Other countries should know about our work and Russia’s problems with coal.” Genau hier möchten die Aktivist*innen von “GKM abschaffen” ansetzen: Sie wollen eine Öffentlichkeit für verschiedene mit dem Steinkohleabbau verknüpfte Problematiken schaffen, auf die desaströsen Folgen der Verstromung von Steinkohle aufmerksam machen und die Notwendigkeit eines sofortigen Stops der fossilen Energieträger verdeutlichen.
Außerdem soll die Aktion direkt wirken. “Jedes Kilo Co2, das durch unsere Blockade weniger ausgestoßen wird, ist ein erster wichtiger Schritt.”, so die Aktivist*innen. “Wir wollen zeigen, dass wir die mit der Klimakrise und unserem Wirtschaftssystem verbundenen globalen Ungerechtigkeiten nicht hinnehmen und Sprachrohr sein für bisher in der öffentlichen Debatte ungehörte Stimmen.”
Bereits gestern folgten mehrere Kleingruppen dem Aufruf von “Zucker im Tank” und blockierten verschiedene Ziele, wie z.B. die Zentrale von
Heidelberg-Zement und die Rheinland-Raffinerie von Shell. Zudem fanden im Rahmen der Aktionstage Demonstrationen, Banner-Aktionen und Aktionsrallys in ganz Deutschland statt. “Zucker im Tank” fordert, dass der bisherige Status Quo nicht aufrecht erhalten werden soll und
drastische Veränderungen im Umgang mit der Klimakrise erfolgen müssen. So schreiben sie: “Lasst uns auch die Klimakrise endlich wie eine Krise behandeln und den dringend benötigen Wandel von unten herbeiführen – und zwar hier, jetzt und überall.”
(Aktionsgruppe GKM abschaffen)
„Wir packen die Bauwende an den Wurzeln!“
Das klimaaktivistische Bündnis „Wurzeln im Beton“ protestiert seit heute Morgen 6 Uhr (Freitag, 7. August 2020) mittels zivilen Ungehorsams gegen das Heidelberger Unternehmen HeidelbergCement. Vor dem Gebäude der Hauptzentrale haben sich Aktivist*innen die Füße einbetoniert und bestiegen die Vordächer. Einen Tag lang soll somit der Haupteingang des Gebäudes blockiert werden, um auf die Klimakrise und auf das neokoloniale Handeln HeidelbergCements hinzuweisen.
Wäre die Zementindustrie ein Staat, wäre sie die Nation mit den dritthöchsten Emissionen weltweit. Eine Tonne Zementklinker herzustellen, verursacht 800 kg CO2.
HeidelbergCement ist der zweitgrößte Zementhersteller weltweit. Von allen Dax Unternehmen, zu denen auch BMW, Daimler, VW und die Lufthansa gehören, ist HeidelbergCement das Unternehmen mit dem bilanziell höchsten CO2 Ausstoß – und damit ein massiver Anheizer des Klimawandels. Die Baubranche selbst ist für noch deutlich mehr Emissionen verantwortlich. Stahl, Beton und Zement verschlingen Unmengen an Energie. “Aus diesem Grund protestieren wir hier heute gegen den Klimakiller Zement. Besonders europäische Zementriesen wie LafargeHolcim und HeidelbergCement tragen eine maßgebliche Verantwortung für die Klimakrise”, betont die Pressesprecherin Luca Holz. Mit ihrem Protest reihen sich die Aktivist*innen in die Aktionstage “Aufstand mit Abstand!” der Gruppe “Zucker im Tank” (ZimT).
“Die Zementherstellung sorgt nicht nur für die globale Klimakatastrophe, sondern auch für lokale Zerstörung an Abbaustandorte im globalen Süden. In Indonesien, Ghana, Togo, der Westsahara sowie im Westjordanland handelt HeidelbergCement unverantwortlich gegenüber Menschen und Umwelt“, so Luca Holz.
Die Protestform des Füße Einbetonierens stammt von indonesischen Aktivistinnen und wird aus Solidarität vor dem Hauptverwaltungsgebäude ausgeübt. In Indonesien plant eine Tochterfirma ein Zementwerk und den Kalksteinabbau im Kendeng-Gebirge. Der Abbau würde das Ökosystem des Karstgebirges, seinen Wasserhaushalt und seine hohe Artenvielfalt zerstören und die Existenzgrundlage der Kleinbauern in der Region
vernichten.
Der globale Bauboom steigert den Bedarf nach Zement, heute wird jährlich dreimal so viel Zement hergestellt als noch vor 20 Jahren. Grund ist der Mythos von Wirtschaftswachstum, der Entwicklung und Fortschritt verspricht, aber im Gegenteil zu Umweltzerstörung und Entwurzlung der Menschen vor Ort führt. “Die Klimakrise zeigt, dass Kapitalismus und unendliches Wachstum nicht zukunftsfähig sind. Wir zerstören mit diesem Wirtschaftssystem uns selbst und unseren Planeten. Noch können wir eine bessere Zukunft aufbauen, in der Menschen mehr zählen als die Gewinne von Konzernen”, so Luca Holz.
Die Aktivist*innen von Wurzeln im Beton fordern eine grundlegende Bauwende. “Es reicht nicht, effizientere Zementproduktion zu erforschen. Wir müssen Bauen und Wohnen radikal umdenken. Statt immer mehr zu bauen, müssen wir uns die Frage stellen, wie wir gesamtgesellschaftlich Wohnen organisieren wollen”, so die Pressesprecherin des Bündnisses.
(Bündnis „Wurzeln im Beton“)