Covid-19: Die AfD hätte es gern militärisch

Am 27.6.19 meldet die Tagesschau: „Wehrpflicht, Einsätze im Inneren und eine ‚Motivation der Soldaten zum unerbittlichen Kampf im Gefecht‘: Die AfD will einen Strategiewechsel bei der Bundeswehr“. Bild: Bundeswehr im Einsatz bei der Ankunft von Geflüchteten auf dem Köln-Bonn-Airport Oktober 2015. (© Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)
Mannheim, 28.04.20. Die Covid-19 Pandemie ist für die AfD-Fraktion im Mannheimer Gemeinderat ein willkommener Anlass, im „Krieg gegen Corona“ die Bundeswehr endlich mal auf kommunaler Ebene ins Geschäft zu bringen. Den Begriff „Krieg“ benutzt die AfD allerdings nicht, denn sie hält die Pandemie für eine ganz normale saisonale Lungenentzündung. Dies erklärt Dr. Lehnert von der AfD in einem aktuellen Antrag. Dort heißt es (A121/2020): „Prüfen der Einschränkungen durch die Pandemie. Wir bitten die Verwaltung zu prüfen ob und in welcher Form man Einschränkungen durch die Covid-19 Pandemie – außer bei Bewohnern von Pflegeheimen – innerhalb von 2-3 Wochen wieder aufheben kann“. Und in der Begründung heißt es: „Eine Übersterblichkeit liegt nicht vor…“
Krieg also nicht, aber Bundeswehr: Am 30.03. reichte die AfD Fragen zur Corona-Bekämpfung ein (A077/2020): „Auskunft über Krisenstab. Die Verwaltung möge berichten: 1.) wer leitet den Mannheimer Verwaltungsstab und den Mannheimer Führungsstab? 2) ist hierbei die Bundeswehr eingebunden wie dies beispielsweise in Ludwigshafen oder Heidelberg bereits der Fall ist? 3.) Wie ist in Mannheim die Bundeswehr eingebunden? 4.) Haben die derzeitigen Stäbe der Stadt Mannheim auch entsprechende Führungserfahrung?“ Man hört man förmlich die bohrende Frage an den OB, Chef des Führungsstabes Corona: „Ham’Se überhaupt jedient?“ So bohrt die AfD in ihrer Anfrage weiter: „5.) Hat die Stadt Mannheim Einsatzkompetenz an der Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz (AKNZ) erworben? 6.) Wer aus Mannheim hat an diesen Übungen als führender Kopf teilgenommen? Leitet diese Person die derzeitigen Krisenstäbe der Stadt Mannheim?“ Die AKNZ ist spezialisiert auf „Zivilverteidigung“ im Falle eines militärischen Konflikts. Sie befasst sich u.a. mit ABC-Alarmen. Gerne greift die AfD die „Hilfsbereitschaft“ der Bundeswehr auf. In der Anfragen-Begründung schreibt sie: „In einem Interview mit dem Mannheimer Morgen vom Samstag, den 28.03.2020 bietet der Generalinspekteur der Bundeswehr an ‚zu helfen wo die zivile Leistung erschöpft ist‘.“
Am 23.04. lenkt die AfD den Blick unvermeidlich auf die LEA in der Pyramidenstraße: Mit scheinbarer Empathie fragt sie in Anfrage A116/2020: „Gibt es oder gab es Infektionsfälle oder Verdachtsfälle von Infektionen mit Covid 19 unter den Bewohnern der Erstaufnahmestelle in der Pyramidenstraße?“ Sie fragt dann nach Quarantänemaßnahmen. Begründung: (…) Diese Anfrage soll sicherstellen, dass das Infektionsrisiko in der Erstaufnahmeeinrichtung und damit die daraus resultierenden Gefahren für die Bevölkerung verringert werden.“ Die Evakuierung der LEA z.B. in ein leerstehendes Hotel oder in dezentrale Unterbringung kommt der „fürsorglichen“ AfD nicht in den Sinn.
A propos Fürsorge: Den auf breiter Front geforderten Sonderzahlungen für die Beschäftigten im Gesundheitswesen will sich die AfD nicht verschließen. Ihre Variante lautet (A118/2020): „Sonderprämie für Ärzte und Pflegekräfte als Anerkennung der zusätzlichen Belastung durch die Covid-19 Pandemie für die Monate Februar und März eine Sonderprämie von 500 Euro pro Monat also zusammen 1000 Euro.“
Und auch dies noch: Zur Gemeinderatssitzung am 28.04. kündigte die AfD das „Pairing“ auf, die freiwillige Verkleinerung des Plenums um die Hälfte von 48 auf 24 Stadträt*innen unter Beibehaltung der bestehenden Mehrheitsverhältnisse. Auf diese Weise kann das Abstandsgebot zwischen den Personen eingehalten werden. Motto: Wenn schon die Bundeswehr nicht gerufen wird, machen wir den ganzen Quatsch nicht mit. Die AfD erschien statt mit zwei mit drei Stadträten. Der Dritte, Herr Ernst, musste allerdings an einem Katzentisch Platz nehmen. Die übrigen Fraktionen trugen’s mit Gelassenheit und machten aber auch keinen Gebrauch von der so verursachten Verschiebung der Mehrheitsverhältnisse.
Thomas Trüper, Stadtrat, Fraktionsvorsitzender LI.PAR.Tie.