Verbotsforderungen rund um den Paradeplatz: Kein Alkohol ist auch keine Lösung
Mit der Forderung nach einem Alkoholverbot prescht der CDU Stadtrat Nikolas Löbel in die Presse. Im Sommer würden alkoholisierte Menschen auf den Grünflächen des Paradeplatzes herumlungern, ihren Rausch ausschlafen – “und die Stadt schaut zu”, wird Löbel im „Mannheimer Morgen“ zitiert. Die grün-schwarze Landesregierung habe die notwendigen Voraussetzungen geschaffen, ein solches Verbot einzuführen.* Nun sei es an der Stadt Mannheim, zu handeln.
Verbotsdiskussionen und repressive Maßnahmen rund um den Paradeplatz sind nichts neues. Jahrelang war das Herz der Innenstadt videoüberwacht. Polizei und Ordnungsamtsmitarbeiter sind hier regelmäßig auf Streife. Und in der Tat finden sich hier viele Personen, die einem CDU Stadtrat ein Dorn im Auge sind: Alkohol- und DrogenkonsumentInnen, MigrantInnen, Punks, junge Menschen, die sich abends zum feiern treffen.
Im Zuge der Verbotsforderung werden Dinge in einen Topf geworfen, die nichts miteinander zu tun haben. Die inhaltliche Klammer „Alkohol“ dient lediglich als Argumentationshilfe, um sich als Law-and-order-Politiker zu profilieren.
Den alkoholkranken Menschen, die sich regelmäßig am Paradeplatz aufhalten, muss natürlich geholfen werden. Ihr offensichtlich problematischer Gesundheitszustand sollte nicht verharmlost werden und das Einfordern staatlichen Handels ist hier legitim. Geholfen wird auch. Es gibt Streetworker und verschiedene sozialarbeiterische Angebote. Der Suchtproblematik mit Aufenthaltsverboten zu begegnen, ist allerdings keine Lösung. Es führt lediglich zur Verlagerung des Problems – weg vom schillernden Paradeplatz zu weniger populären Ecken in den Vororten. Eine solche Entwicklung führt zur Verschlechterung der Situation dieser Menschen, denn weniger Aufmerksamkeit wird zu weniger Hilfen führen. Aus den Augen, aus dem Sinn. Daran zeigt sich der populistische Charakter der Forderung.
Ein Alkoholverbot würde zudem nicht nur zu einer Vertreibung der alkoholabhängigen Menschen führen. Es trifft auch Menschen, die sich nur gelegentlich zum trinken, vorglühen und feiern treffen. Mit welchem Recht will man ihnen diese Freiheit absprechen? In einer freien Stadtgesellschaft dürfen sich die Menschen den öffentlichen Raum nehmen, wann, wo und zu welchem Zweck sie das wollen. Biertrinken in der Öffentlichkeit, gerade im Sommer, gehört für viele junge Menschen nunmal zur Freizeitgestaltung dazu, ob einem das gefällt oder nicht. Die CDU-Forderung greift hier massiv in persönliche Freiheitsrechte ein.
Wie scheinheilig die Forderung ist, die auf der Welle des Gesundheitsschutzes schwimmt, zeigt die Präsenz der CDU-Mitglieder bei den etablierten Stadtfesten. Wenn irgendwo ein Fass angestochen wird, ist der nächste CDU-Stadtrat nicht weit. Ganz offensichtlich geht es hier weniger um präventive Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit, sondern vielmehr um die Durchsetzung der kulturellen Vorstellungen eines konservativen Trinkers. „Bier hat man in der Gaststätte und nicht auf der Straße zu trinken.“
Soweit, so schlecht. Als Speerspitze der Mannheimer Freiheitsbewegungen hat „Die Partei“ eine Protestaktion gegen das löbelsche Alkoholverbot durchgeführt. Am 17. September fand die Mahnwache „Kein Bier ist illegal“ statt. Der frisch gekürte Kandidat zur kommenden Bundestagswahl Patrick H.P. Siegert lud dazu ein, am Paradeplatz ein erfrischendes Kaltgetränk zu sich zu nehmen und auf „mehr Freizügikeit und Genuss“ anzustoßen. Dem kam ich gerne nach.
In diesem Sinne Prost! Wir sehen uns beim Bierchen, spätestens nächsten Sommer, falls das bis dahin noch erlaubt ist.
(cki)
*Wobei die Grünen im Zuge der Machtpolitik wieder einmal ihre eigenen Ideale vergessen haben.