Speyerer AfD-Chef will Gegner wie Kriegsschwerverbrecher aburteilen
Wie das “Bündnis für Demokratie und Zivilcourage Speyer” in einer Pressemitteilung bekannt gab, sorgte Benjamin Haupt (AfD), kürzlich erst in den Stadtrat von Speyer gewählt, mit einem Beitrag in einem sozialen Netzwerk für einen Eklat. Dieser hatte einen Artikel von Spiegel-Online in seinem Facebook-Profil am 07.06.19 geteilt und schrieb dazu: “»Der Duft von vorzeitigen Neuwahlen zieht durchs Land und wir von der AfD sind gerüstet.«”. “»Wenn alles vorüber ist und die Sachlage wieder klar sollte man die Gerichtsräume für die 2Runde in Nürnberg nutzen. Kein Vergeben und Vergessen den Marrodören«”, so lautete die Erwiderung des AfD-Stadtrats auf Leserkommentare.
Bisher nur als Erfüllungsgehilfe aufgetreten
Stadtrat Haupt fiel bis in jüngster Vergangenheit nur dadurch auf, dass er als Diener und Wasserträger der Bundestagsabgeordneten Nicole Hoechst (AfD Speyer) in Erscheinung getreten ist. Eigenes politisches Profil und Engagement sind unbekannt. Benjamin Haupt war immer nur im Schlepptau der für ihre rechtsextremen Äußerungen bekannte MdB Hoechst (Aktivistin der migrationsfeindlichen AfD-gesteuerten Initiative “Kandel ist überall”) zu beobachten. Seine im Juni geäusserten Aussagen dürften ihm und der AfD-Fraktion in Speyer zum Verhängnis werden. “Kaum gewählt und schon als Neo-Nazis” ettiketiert. Diesen latenten Vorwurf muss die AfD-Fraktion im Speyerer Gemeinderat erstmal wieder loswerden.
Die AfD ist keine demokratische Partei
Das “Bündnis für Demokratie und Zivilcourage Speyer” sagt: “Wir verweisen in diesem Zusammenhang
auf die Äußerungen des AfD-Landesvorsitzenden Uwe Junge, der anläßlich der Ernennung von Annegret Kramp-Karrenbauer zur Verteidigungsminsterin einen »Aufstand der Generale« forderte. Für viele politische Beobachter war sein Tweet eine Aufforderung zum Putsch, so z.B. für den CDU-Politiker Ruprecht Polenz. Für seinen Parteikollegen Lukas Kilian war der Tweet ein Beweis dafür, »dass es keine Gemäßigten in der AfD« mehr gibt.”
Desweiteren war die Speyerer AfD gemeinsam mit der Naziszene aktiv an den rechtsradikalen Kandel-Demos beteiligt. Einer der Anführer der Kandel-Demos sprach unmittelbar nach der Ermordung von Walter Lübcke eine Morddrohung gegen den Grünen-Politiker Georg Kössler aus.
Radikalisierung der AfD
“Die AfD ist eine rassistische, frauenfeindliche und undemokratische Partei. Mit ihr sitzen Rassist*innenund Neonazis in den deutschen Parlamenten. AfD-Vertreter*innen, die sich nationalkonservativ geben, agieren Seite an Seite mit bekennenden Rassisten und Neonazis. Höcke, Gideon, Sayn-Wittgenstein, Mandic und viele andere wurden nicht aus der Partei ausgeschlossen, obwohl sie sich eindeutig antisemitisch oder rassistisch geäußert hatten. Stets erfolgte nur eine halbherzige und rein taktische Abgrenzung vom faschistoiden Flügel und von rassistischer Gewalt.
Die AfD ist ein Sammelbecken für Nazis, Ewiggestrige und Rassisten. Es ist Zeit, dagegen aufzustehen.”, so das Bündnis für Demokratie und Zivilcourage Speyer.
Schwarze Listen für politische Gegner
Auf der Website des »Projekts Nürnberg 2.0 Deutschland« sammeln Rechtsextreme die Namen ihrer politischen Gegner. Nürnberg 2.0 erklärt hierzu:
»Die Schwarze Liste des Projekts Nürnberg 2.0 führt Firmen, Organisationen und Einzelpersonen namentlich oder vorläufig mit Fotos auf, die sich an der Islamisierung, der Entdemokratisierung, der Umvolkung Deutschlands direkt oder indirekt beteiligen und für deren Verantwortliche oder Unterstützer noch keine Akten angelegt wurden. Darunter fallen auch die Einzelpersonen, die jene Menschen behindern, diffamieren und denunzieren, welche sich patriotisch für Deutschland und dem Deutschen Volk einsetzen. Die Nutznießer, Profiteure und Helfershelfer der gegenwärtigen deutschfeindlichen, volksverräterischen Politik werden hier mit der ersten Registrierung veröffentlicht, damit durch aktive Mitarbeit des anständigen Teils des Deutschen Volkes weitere Informationen über diese Subjekte gesammelt werden können. So wird zu gegebener Zeit die Möglichkeit bestehen, die Verräter am Deutschen Volk angemessen zur Verantwortung zu ziehen.«
2016 greift der Freiburger AfD-Politiker Dubravko Mandic das Thema auf und postet auf Facebook eine Fotomontage der Nürnberger Anklagebank. Anstelle der Nazigrößen des Dritten Reiches, die vorwiegend zum Tod durch den Strang verurteilt wurden, hatte Mandic eine Fotomontage Dritter geteilt (*), in der u.a. Angela Merkel, Claudia Roth, Sigmar Gabriel, Thomas de Maizière zu sehen sind. Wegen der Fotomontage wurde Mandic 2018 vom Amtsgericht Freiburg wegen Beleidigung zu einer hohen Geldstrafe verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Ein Berufungsverfahren bei Gericht steht aus (*).
Mandic gehört der völkischen AfD-Strömung »Der Flügel« an und ist in der Vergangenheit mehrfach durch rechtsradikale Posts aufgefallen; so schrieb Mandic, die AfD unterscheide sich von der NPD
„vornehmlich durch unser bürgerliches Unterstützerumfeld, nicht so sehr durch Inhalte“.
Aus Worten werden Taten
Der ermordete Kassler Regierungspräsident Walter Lübcke war namentlich auf dieser Liste genannt. Unmittelbar nach dessen Ermordung verschwand sein Name von der Liste. Der Mordfall Lübcke zeigt also, welche Vorgehensweise den Betreibern von Nürnberg 2.0 vorschwebt, wenn sie fordern,
»die Verräter am Deutschen Volk angemessen zur Verantwortung zu ziehen«.
Die Todeslisten sind keine Spielerei von harmlosen Irren. Sie übernehmen eine Rolle bei der zunehmenden sprachlichen Gewalt von Rechts, der immer häufiger die tatsächliche rechtsextreme Gewalt folgt.
(*) Hinweis der Redaktion: Der Bericht wurde am 30.08.2019 geändert.
In der ursprünglichen Version fehlte der Hinweis, daß das Urteil nicht rechtskräftig ist. Desweiteren stand geschrieben (Mandic habe) “die Gesichter prominenter deutscher Politiker*innen hineinmontiert”. Diese Behauptung ist falsch. Die Passage wurde entsprechend korrigiert.
Wir bitten unsere LeserInnen für die Fehler um Nachsicht.
(Bericht und Bilder: Christian Ratz)