Leserbrief von Joachim Schubert zum Artikel „GKM- 2 Jahre nach Inbetriebnahme von Block 9“ in Kommunalinfo Juni 2017
Falsches Bild vom GKM
In dem Artikel von Herrn Günther Frey werden eine Reihe von Behauptungen aufgestellt, die beim Leser ein falsches Bild vom GKM erzeugen. Aufgrund der hohen Bedeutung des GKM hinsichtlich sicherer und effizienter Energieumwandlung ist es sinnvoll, sich damit auseinander zu setzen.
- Es wird behauptet, dass das GKM vorwiegend für die Stromproduktion ausgelegt ist. Das Gegenteil ist der Fall: bei einer Gesamtbruttoleistung von 2.146 MW können bis zu 1.500 MW thermische Fernwärmeleistung bereitgestellt werden. Das ist einmalig für ein Großkraftwerk in Deutschland.
- Es wird kritisiert, dass es nur 3 Heizturbinen für die Kraft-Wärmekopplung (KWK) gäbe. Durch die 20bar-Dampf-Sammelschiene ist jedoch gewährleistet, dass alle 4 Blöcke Fernwärme im energieeffizienten KWK-Prozess abgeben können.
- Es wird kritisiert, dass der Brennstoffeinsatz im Jahr 2015 überproportional angestiegen sei und damit den Brennstoffausnutzungsgrad des GKM verschlechtert statt verbessert habe. Dieser Effekt hing mit zwei Dingen zusammen:
- Der Bedarf an Industriestrom zog 2015 stark an zuungunsten der Fernwärme und damit des Nutzungsgrades.
- Während der Inbetriebnahme des Blockes 9 wurden keine Spitzenwirkungsgrade gefahren, was völlig normal ist.
Aber bereits im Folgejahr 2016 lag der Brennstoffausnutzungsgrad mit 47% höher als in 2013.
- Es wird behauptet, dass der Brennstoffausnutzungsgrad des GKM im Jahre 2016 unter dem Durchschnitt aller deutschen stromproduzierenden Kraftwerke ohne KWK läge. Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen, da man Kohlekraftwerke beispielsweise nicht mit Wasser- und Kombikraftwerken vergleichen kann. Außerdem sind die im Artikel zitierten Tabellenwerte nach einer anderen Wirkungsgradmethode errechnet worden.
- Es wird kritisiert, dass der neue Block 9 in 2016 lediglich einen Brennstoffausnutzungsgrad von 51% gehabt hätte, andere Steinkohle-KWK-Anlagen dagegen durchschnittlich bei knapp 80% lägen. Der letztere Wert ist jedoch rechnerisch-fiktiv. Fest steht, dass der Block 9 aufgrund seiner Dampfparameter mit 46,4% den derzeit höchsten elektrischen Wirkungsgrad aller deutschen Kohlekraftwerke besitzt. Mit seiner hohen Fernwärmeleistung kann er im Winterbetrieb auf einen zeitweiligen Gesamtnutzungsrad von 70% kommen. Übers Jahr gesehen liegt er dann –je nach Fernwärmebedarf- zwischen 47 und 70%. Da der Block 9 für den Dauerbetrieb vorgesehen ist und sehr energieeffizient arbeitet, verdrängt er Kraftwerksblöcke mit schlechterem Wirkungsgrad. Dadurch können unter dem Strich rund eine Million Tonnen CO2 im Jahr eingespart werden. Ich wüsste keine Maßnahme in unserer Region, die auf einen Schlag so viel für die Umwelt erbringt und gleichzeitig zur langfristigen Sicherung von Strom- und Wärmeproduktion beiträgt.
- Es wird gefordert, dass das GKM spätestens 2025 abgeschaltet werden soll. Dabei ist zu bedenken, dass derzeit nur rund 15% des „Grünstroms“ grundlastfähig sind. Dieser Anteil wird sich durch neue “Windmühlen” in der Nordsee vergrößern. Aus heutiger Sicht werden bis 2025 die dazu erforderlichen, zusätzlichen Nord-Süd-Stromtrassen nicht fertig sein, da in vielen Fällen noch nicht einmal die Planungen und Genehmigungsverfahren abgeschlossen sind. Es sei daran erinnert, dass das GKM im letzten Winter in wind- und sonnenarmen Wochen (d.h. während sogenannter “Dunkel-Flauten”, die in Deutschland im Winter regelmäßig für mehrere Tage bzw. Wochen vorkommen) mit Volldampf die Stromversorgung im Südwesten sicherstellen musste. Aus Frankreich konnte seinerzeit kein Atomstrom importiert werden, weil dort 10 KKW-Blöcke wegen Schäden still standen. Im Gegenteil: Frankreich musste wochenlang von Deutschland aus mit Strom versorgt werden. Insofern sollte man moderne Kohlekraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung wie das GKM nicht verteufeln, sondern als Brücken- oder Übergangstechnologie ansehen.
Joachim Schubert