Dem AfD-Erfolg bei der Landtagswahl im Stadtgebiet Mannheim auf der Spur
Während in der letzten Ausgabe des Kommunal-Info speziell die Schönau untersucht wurde, soll hier das gesamte Stadtgebiet beleuchtet werden. Die vielen Zahlen und wirr erscheinenden Linien lohnen der näheren Betrachtung.
Diese Grafik versucht die Frage zu klären: Gibt es irgend welche annähernd systematische Tendenzen, die proportional oder umgekehrt proportional dem Wahlerfolg der AfD plus ALFA folgen. Wie verhalten sich die Ergebnisse der anderen Parteien zu dem der AfD, wie die Wahlbeteiligung? Gibt es eine Beziehung zwischen den zwei Sozialkriterien „Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund“ und „Anteil der Langzeitarbeitslosen an den Arbeitslosen insgesamt“ der jeweiligen Stadtteile? Die Grafik ordnet die Stadtteile in der Reihenfolge des Wahlerfolgs der AfD, von Jungbusch (Minimum) bis Schönau (Maximum).
Zunächst fällt auf, dass eine große Wirrnis zu herrschen scheint. Die Ergebnisse der einzelnen Parteien verhalten sich wie eine zackige Fieberkurve; das gilt besonders für die Sozialkriterien und die Wahlbeteiligung. Also Fehlanzeige? Nicht ganz: Eine deutliche Aussage lässt sich beispielsweise über das Verhältnis Grünen-Wähler zu AfD-Wähler sagen. Ihre Anzahl ist deutlich gegenläufig. Wo die Grünen stark sind, ist die AfD schwach und umgekehrt. Das wird nochmals deutlicher, wenn man der „Fieberkurve“ eine statistische Trendgerade hinterlegt.
Bei der SPD läuft der Trend in den Stadtteilen eher parallel zum AfD-Trend. Wo die SPD relativ stark ist, ist es die AfD auch. Das deutet darauf hin, dass die SPD tatsächlich viele Wähler an die AfD verloren hat. Der CDU-Trend ist ganz leicht gegenläufig zur AfD. Auch der der LINKEN.
Die Wahlbeteiligung sinkt in der Tendenz ganz leicht mit steigendem AfD-Wahlerfolg. Tatsächlich aber verhalten sich die Werte extrem sprunghaft. Luzenberg beispielsweise ca. 15 Prozentpunkte unter Schönau Süd bei fast gleichen AfD-Stimmenanteilen.
Sozialdaten und Wahlergebnisse nicht in eindeutigem Bezug
Sehr sprunghaft verhalten sich auch die Sozialdaten. Die zwei ausgewählten Parameter oszillieren gewaltig. Das weist sehr stark darauf hin, dass die immer wieder gehörte These der AfD als einer v.a. von den „Abgehängten“ gewählten Partei nicht schlüssig ist.
Die Präsenz von Menschen mit Migrationshintergrund steigt zwar trendmäßig mit dem Wahlerfolg der AfD an, woraus man schließen könnte, die AfD-Wähler reagieren auf diesen Migrationsanteil. Aber im Konkreten von Stadtteil zu Stadtteil bewahrheitet sich dies nicht.
Das offenbart auch Tabelle 1: Die schwächsten AfD-Gebiete sind einerseits Jungbusch und andererseits gut bürgerliche Bezirke. Die stärksten AfD-Bezirke sind durchaus keine „schlechten“ Wohngebiete. Hochstätt ist nicht dabei.
Die Verluste der beiden Volksparteien ergeben etwa den Gewinn der AfD
Tabelle 2 zeigt für alle Stadtteile die Verluste der beiden großen der Volksparteien gegenüber der Wahl 2011. Sie entsprechen im Großen und Ganzen dem Anteil der AfD. Natürlich gibt es aus dem Bereich der Nichtwähler und auch von den kleineren Parteien Abfluss zur AfD. Die Liste ist nach den Verlusten der SPD sortiert, die ja den dramatischsten Einbruch zu verzeichnen hatte.
Fazit: Das Mannheimer Wahlergebnis (wie auch das der anderen Städte und Gemeinden) führt nicht direkt und eindeutig zu einfachen Erklärungen. Die Dimension des AfD-Erfolges macht auf jeden Fall deutlich, dass es um eine regelrechte Umwälzung des Wahlverhaltens geht. Ob dies mit einer Umwälzung der Grundeinstellungen gleichzusetzen ist, bedarf weiterer Überlegungen.
Thomas Trüper
Tabelle 1: Die stärksten und die schwächsten AfD-Stimmbezirke
Tabelle 2: Ergebnisse 2016 minus Ergebnisse 2011 (Prozentpunkte)