Löbel und die Wohnungswirtschaft: Eine falsch gestellte und mindestens sieben nicht gestellte Fragen
Diese Veranstaltungspappen bereut der erfolgsverwöhnte Schnellplakatierer Nikolas Löbel möglicherweise. Denn – als er diese Pappen auf die Straßen stellen ließ, ging es „nur“ um die Immobiliengeschäfte des Bundestagsabgeordneten: Entmietung eines einst sehr preisgünstigen Wohnhauses in der Käfertaler Straße mit den bei solchen Sanierern üblichen Mitteln, von Presslufhammer-Einsätzen bis zur Androhung nicht bezahlbarer Mietforderungen. Mit einem großen Transparent an dem Sanierungsobjekt gab er gleich auch die Mietpreise öffentlich bekannt: bis zu 14 Euro/m² Kaltmiete in einem – wenn auch sanierten – Altbau. Das ist am einfachsten noch von Studierenden zimmerweise durchsetzbar. Und inzwischen ist ja auch durchgedrungen, dass er besseres und schnelleres Geld in drei Wohnungen mittels airb&b machen möchte, also Zweckentfremdung auch noch. Inzwischen ist Löbel zum Skandalpolitiker der Saison avanciert, weil er auf die grandiose Idee kam, ein dem Gemeinwohl verpflichtetes Wohnungsunternehmen namens GBG, das er als Aufsichtsrta kennengelernt hatte, um Hilfestellung beim Entmieten seines Hauses zu bitten. Nun schlägt er nach gerechtfertigtem shitstorm mit abenteuerlichen Behauptungen und Beschuldigungen um sich, was seine Situation nicht besser macht.
Mit der Veranstaltung am 22.September gedachte er, sich mit Hilfe einer falsch gestellten Frage als seriösen Kaufmann darzustellen:
„Welche Miete ist gerechtfertigt oder doch überhöht“? Der Mannheimer Morgen hatte ihn das wie viele Mannheimer*innen zuvor gefragt und befunden, er habe sich an der Oberkante des überhaupt Machbaren und am Markt Durchsetzbaren preislich verortet. Nun will er dem Publikum wie schon im Mannheimer Morgen vorrechnen, wie teuer der Erwerb des Hauses war, wie schrecklich teuer die Kredite sind, und am Ende auch noch, wie teuer die Installationsfirma Löbel sen. gearbeitet hat. Es geht dann eben nicht anders. Heul!
Mit dieser Fragestellung und ihrer schon öffentlich bekannt gegebenen Antwort hat er schon mal bewiesen, dass es preisgünstige Wohnungen nicht im normalen Mietwohnungsmarkt geben kann, weil die Profiterwartungen dem entgegenstehen. Er muss also ehrlicherweise zugeben: Leute, wenn ihr preisgünstige Wohnungen haben wollt, müsst ihr zu den gemeinwohlorientierten Wohnungsgesellschaften und Genossenschaften gehen. Bzw. versuchen, eine „Sozialwohnung“ zu ergattern. Das hat er ja schließlich auch so gemacht – wenn auch für ein Opfer seines Wirkens, damit es ihm aus der Sonne tritt.
Das Falsche an der Fragestellung ist, dass er nicht fragt: Ist es überhaupt gerechtfertigt, ein einst preisgünstiges Wohnhaus zweckzuentfremden und Studierendenwohnungen daraus zu machen. Ist es „überhaupt gerechtfertigt“ das menschliche Grundbedürfnis Wohnen zum Gegenstand profitorientierter Abzocke zu machen?
Er will auch sicher nicht wissen, ob es gerechtfertigt ist, Menschen mehr als 30% ihres Einkommens für Wohnen abzuknüpfen.
Er stellt nicht die notwendigen Fragen, wie man tatsächlich zu preisgünstigeren Wohnungen kommen und den Mietenwahnsinn stoppen kann:
- Er wirft nicht die Frage eines Mietendeckels auf.
- Er fragt nicht, ob der Mietspiegel nicht besser die tatsächlichen Mieten in ihrer Gesamtheit im Durchschnitt der letzten 10 Jahre abbilden sollte und vielleicht doch nicht nur diejenigen, die sich in den letzten vier Jahren verteuert haben.
- Er wirft nicht die Frage auf, ob energetische Sanierungskosten nicht auch vom Vermieter und evtl. dem Staat getragen werden müssten, statt ausschließlich dem Mieter jährlich 8% der Kosten abzuverlangen, und das nicht begrenzt auf 12 Jahre, sondern beliebig lang.
- Er fragt nicht, ob es nicht eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit geben müsse, nachdem seine Partei diese vor 30 Jahren abgeschafft hatte.
- Er fragt nicht, ob es nicht besser gewesen wäre, die öffentliche Hand hätte die Käfertaler Straße 89 unter die Fittiche genommen. Ob es nicht überhaupt besser wäre, wenn die Kommunen und ihre Wohnungsgesellschaften generell ein Vorkaufsrecht hätten?
- Er fragt nicht, ob es nicht richtig wäre, Strukturen zu schaffen, dass u.U. auch die Mieter*innen von zu verkaufenden Häusern eine Chance bekommen, diese selbst in Form von begleiteten Kleingenossenschaften zu übernehmen und vernünftig zu bewirtschaften.
- Er fragt nicht, ob es nicht angemessener wäre, wenn die Löbels dieser Welt überhaupt die Finger von preisgünstigen Bestandswohnungen lassen sollten.
Dann könnt der skandalgeplagte Bundestagsabgeordnete sicherlich besser schlafen, der das alles nur macht, um sich von der Politik wirtschaftlich unabhängig zu machen und sicher auch, um seiner Altersversorgung noch ein bisschen nachzuhelfen (so jedenfalls äußerte er sich in Abgeordnetenwatch auf die Frage, warum er sich so viel Nebentätigkeit zumute).
Vor allem aber könnten dann die Mieter*innen besser schlafen. Denn leider sorgt der auf wirtschaftliche Unabhängigkeit setzende Abgeordnete nicht dafür, dass sein politisches Wirken als strammer CDU‘ler etwas unabhängiger würde von seinem Profitstreben und dem seiner zahlreichen Immobilienunternehmer-Kolleg*innen.
Alles also von Löbel nicht gestellte Fragen. Aber vielleicht stellen dann eben die Besucher seiner sicherlich recht spannenden Veranstaltung diese Fragen. Denn wenn schon mal ein Bundespolitiker der CDU das Thema preisgünstiges Wohnen aufwirft (wofür er ja einstl einzutreten versprach), dann werden das die Leute alles wissen wollen. Hoffen wir, dass die Coronazahlen nicht weiter so rasant steigen, so dass Löbel am Ende die Veranstaltung leider absagen muss.
Thomas Trüper