Kundgebung zum Tag der Menschenrechte
Am Samstag, 11. Dezember 2021 fand eine Kundgebung zum Tag der Menschenrechte statt. Veranstalterin war das Mannheimer Friedensbündnis, das sich Anfang des Jahres gegründet hatte, um in die Fußstapfen des Friedensplenums zu treten. Dieses hatte seine Aktivitäten nach vielen Jahren eingestellt.
Die Kundgebung fand auf dem Schillerplatz in den Quadraten statt. Ursprünglich war eine Saalveranstaltung geplant gewesen, die wegen Corona kurzfristig nach draußen verlegt wurde. Bei kalten Temperaturen und Nieselregen war es auf dem Schillerplatz nicht ganz so gemütlich, wie im Sommer bei den Veranstaltungen der Initiative „Bunte Vielfalt statt völkischer Einfalt“ (KIM berichtete).
Pavillons schützten vor dem Regen, darunter waren Informationsstände aufgebaut, an denen man sich zu den Themen Militär und Abrüstung, Nahost-Politik, zur Situation von Julian Assange, über die Arbeit von DIDF und zu Aktionen der Friedensbewegung informieren konnte. Unter einem weiteren Pavillon gab es eine kleine Bühne und an einem Tisch konnte man sich mit heißen Getränken versorgen. Auf der Wiese wurde aus roten Kerzen ein großes Friedenszeichen installiert. Es nahmen etwa 50 Personen an der Kundgebung teil.
In den knapp zwei Stunden Programm gab es Rede- und Kulturbeiträge zum Motto der Veranstaltung. Musikalisch wurde das Programm von Sängerinnen der „Lebenslaute“ und von Liedermacher Bernd Köhler umrahmt. Ein Gedicht von Friedrich Schiller, dem Namensgeber des Veranstaltungsortes, wurde zu Beginn verlesen.
Beiträge zur Aktualität der Menschenrechte
Das inhaltliche Konzept des Friedensbündnis bestand darin, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte in kommentierter Form zu verlesen. Drei Bündnismitglieder wechselten sich dabei ab und brachten jeweils eigene Schwerpunkte und Beispiele ein.
Das gelang zunächst ganz gut, da anhand von aktuellen Themen die Verletzung von Menschenrechten durch autoritäre, aber auch durch sich selbst als demokratisch bezeichnende Staaten problematisiert werden konnte. Ein Beispiel: Folter werde international geächtet und kritisiert. Doch auch westliche Demokratien zermürbten mit Isolationshaft ohne Verurteilung politische Aktivist*innen, so beispielsweise eine Klimaaktivistin aus den Dannenröder Forst. Auch der Fall Julien Assange zeige, wie jahrelange Zwangsisolation ohne Verurteilung einen Menschen psychisch und körperlich zerstören kann.
Dass in zahlreichen Konflikten auf der Welt Kinder als Soldaten eingesetzt werden, sei scharf zu kritisieren. Es müsse aber auch kritisiert werden, wenn in Deutschland gezielt Minderjährige für den Militärdienst rekrutiert werden. Dafür kommen perfide Werbe- und Social-Media-Kampagnen zum Einsatz, die Militäreinsätze beschönigend als aufregende Abenteuer darstellen.
Alltagsrassismus zeige deutlich, dass auch Diskriminierung in unserer Gesellschaft weiterhin ein Problem bleibt. Nicht immer offensichtlich und auf den ersten Blick zu sehen, dafür in seinen Auswirkungen umso konkreter, schaffe die Diskriminierung wegen Hautfarbe, Sprache, Religion oder Herkunft Nachteile für einen großen Teil unserer Gesellschaft im Alltag. Die Black-Lives-Matter-Bewegung habe im letzten Jahr einen wichtigen Beitrag geleistet, über das Problem aufzuklären.
… aber auch einige Fehlgriffe
Erwähnt werden muss auch, dass neben klarer Kritik an Menschenrechtsverletzungen vereinzelt auch fragwürdige Positionen vertreten wurden.
Einer sehr allgemeinen Ausführung über Würde, Recht und Diskriminierung folgte die als rhetorische Frage formulierte Aussage, ob denn nicht die Ungeimpften die neuen Diskriminierten seien. Diese Aussage blieb unkommentiert stehen.
Dabei wäre die Widerlegung so einfach. Bei der Entscheidung, sich nicht impfen zu lassen, handelt man freiwillig (und entscheidet sich bewusst gegen Solidarität und Schutz der Schwächeren). Wird man für das „ungeimpft sein“ kritisiert, dann wird man für seine konkrete, individuelle Entscheidung kritisiert und nicht aufgrund von stereotypen Zuschreibungen benachteiligt, wie es bei der Diskriminierung wegen Hautfarbe oder Herkunft der Fall ist.
Sind die Ungeimpften also die neuen Diskriminierten? Nein, natürlich nicht. Die Klarstellung hat im Beitrag der Kundgebung aber leider gefehlt. So wurde der Querdenken-Ideologie die Tür geöffnet.
An dieser Stelle sei auf die Diskussion im Kommunalinfo zum Thema Impflicht hingewiesen:
Impfpflicht? JA BITTE! | Impfen muß freiwillig bleiben! | Gesunder Menschenverstand ergib dich, du bist umzingelt.
Ein weiterer kritischer Punkt ist der Umgang mit der BDS Kampagne. Kampagnenmaterial von BDS wurde auf der Kundgebung verteilt. Im Kommunalinfo gab es dazu bereits einige Diskussionsbeiträge. Dennoch soll hier noch einmal kurz aus Menschenrechtsperspektive auf das BDS-Thema geblickt werden.
Siehe auch: Beiträge im Kommunalinfo zum Thema BDS
BDS (Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen) ist eine Kampagne aus der palästinensischen Solidaritätsbewegung, die neben einer (legitimen) Kritik am Handeln der israelischen Regierung auch zu einem umfassenden Boykott von Wirtschaft und Kultur, also der israelischen Zivilgesellschaft, aufruft. So wurden beispielsweise Musiker*innen unter Druck gesetzt, keine Konzerte in Israel zu spielen oder Geschäfte wurden mit Boykottaufrufen belegt, weil sie Produkte aus Israel verkauft haben.
Da zum Thema BDS schon viel gesagt wurde, soll im Rückblick auf den „Tag der Menschenrechte“ nur noch einmal zum Nachdenken angeregt werden, ob es nicht eher den Tatbestand der Diskriminierung erfüllt, ein Produkt oder einen Künstler zu boykottieren, weil er aus einem bestimmten Land kommt (nämlich Israel), als wenn ein Ungeimpfter während der vierten Corona-Welle für ein paar Monate lang nicht ins Restaurant oder zum Konzert gehen darf. (cki)