Heidelberg: Warum ein AfD-Politiker aus einem Stadtteilverein ausgeschlossen wurde

Der Stadtteilverein Heidelberg-Neuenheim hat den AfD-Politiker Albert Maul nach einer Sondersitzung ausgeschlossen. Das erklärte der Vereinsvorstand gegenüber der Rhein-Neckar-Zeitung (RNZ) Anfang der Woche. Als Grund für den Ausschlusses wurde ein Vorfall genannt, der vom Betroffenen als politisch motvierter Einschüchterungsversuch dargestellt wird.

Die Vorgeschichte: Diskussionen über „Normalisierung der AfD“

Im August wurde der AfD-Anhänger Albert Maul als Beirat in den erweiterten Vorstand des Stadtteilvereins Heidelberg-Neuenheim gewählt. Maul war in der Vergangenheit Mitglied des Heidelberger AfD Kreisvorstand und zudem bekannt als Gesicht hinter AfD-Infoständen. Bei AfD-Veranstaltungen mit Alice Weidel und Andreas Kalbitz soll er als Türsteher am Eingang gestanden haben.

An der Personalie gab es daher Kritik aus vielen Ecken und langanhaltende Diskussionen. Einige Mitglieder, darunter ein großer Sportverein, traten deshalb sogar aus dem Stadtteilverein aus. Die Antifaschistische Initiative Heidelberg kritisierte eine „Normalisierung rechter Positionen“. Der Vorstand des Stadtteilvereins verteidigte zunächst seine Personalentscheidung: Die Parteizugehörigkeit spiele keine Rolle.

Auch der Heidelberger Stadtrat Waseem Butt (“Heidelberg in Bewegung”) äußerte sich im Rahmen eines Interviews mit der RNZ zur Debatte. Er kritisierte einerseits die Politik der AfD und zudem den Stadtteilverein dafür, die Normalisierung dieser rechten Politik voran zu treiben. „Eine Zusammenarbeit und Kooperation mit der AfD“ sei „unmissverständlich ausschließen“, so die Forderung von Butt.

Einschüchterungsversuch im Auftrag von AfD und Stadtteilverein?

Stadtrat Waseem Butt | Bild: Daniel Kubirski

Für diese klare Haltung sollte Butt offenbar eingeschüchtert werden. AfD-Mann Albert Maul und ein weiterer Mann suchten Butt nach dem Interview an seiner Arbeitsstelle auf, ein Lebensmittelgeschäft in der Heidelberger Weststadt. Dort stellten sie ihn zur Rede. Butt berichtete, dass er angeschrien und beleidigt wurde. Albert Maul habe zudem gesagt, er sei als AfDler und als Vorstandsmitglied des Stadtteilvereins Neuenheim gekommen. Der Vorfall wurde von einer Videokamera im Geschäft aufgezeichnet. Butt machte den Vorall nach juristischer und polizeilicher Beratung öffentlich.

Das war dann offenbar endgültig zu viel. Der Vorsitzende des Stadtteilvereins, Andreas Knorn, nahm unverzüglich Kontakt mit Butt auf und ließ sich das Video zeigen. In einer Sondersitzung beschloss der Stadtteilverein daraufhin den Ausschluss des AfD-Manns aus dem Verein. Der Vorstand begründete dies gegenüber der RNZ, er habe „in erheblichem Maße gegen die Interessen des Stadtteilvereins verstoßen. Der Stadtteilverein Neuenheim distanziert sich entschieden von diesem Verhalten des betreffenden Beirats.”

Auf seiner Facebook-Seite schrieb Waseem Butt am Mittwoch:

Seit ich den Einschüchterungsversuch durch einen AfD-Aktiven und dessen Begleiter vor meinem privaten Geschäft öffentlich gemacht habe, erreichen mich unzählige Solidaritätsbekundungen. Auch meine demokratisch gesinnten Gemeinderatskollegen haben sich klar gegen den Vorfall positioniert und ihre Unterstützung bekundet.

Ich möchte mich für diese Fülle an Rückendeckung herzlich bedanken. Danke, dass so viele von euch hinter mir stehen. Das zeigt mir: Demokratie, Menschlichkeit und Vielfalt sind hohe Güter, die uns alle angehen und für die die große Mehrheit in unserer Gesellschaft einsteht. Wir dürfen sie aber niemals als selbstverständlich hinnehmen, sondern müssen sie mit Engagement und Willen stärken und gegen ihre Gegner verteidigen – über alle demokratisch gesinnten politischen Lager hinweg. Danke, dass ihr für diese Rechte eintretet, danke, dass ihr standhaft bleibt.

Die AfD sieht die ganze Geschichte übrigens völlig anders. Den unangekündigten Besuch bei Stadtrat Butt, bei dem es zu Geschrei und Beleidigungen gekommen sein soll, sei ein “Gesprächsangebot” gewesen. Ansonsten beklagen sich die Rechtspopulist*innen über “Medienhetze” gegen ihre Parteimitglieder. Die Strategie ist so bekannt, wie durchschaubar: Nach Provokationen wird versucht, die Tatsachen umzudeuten und sich selbst als Opfer darzustellen. Gut nur, dass in Heidelberg außer den eigenen Anhänger*innen den Geschichten der AfD niemand glaubt.

(cki)