Mannheim braucht endlich ein kommunales Wohnungsbauprogramm für bezahlbaren Wohnraum – ein Grundstock kann jetzt gelegt werden!
Nach der neuesten Sachstandsklärung für das Konversionsgelände FRANKLIN-Mitte soll es ein gemischter Stadtteil werden. Auch 686 Mietwohnungen unter 7,50 EURO/m² Kaltmiete und 253 Eigentumswohnungen zu einem Kaufpreis unter 2.800 EUR/m² soll es dort geben. Das wären zusammengerechnet 30% der dort geplanten Wohneinheiten für „breite Schichten der Bevölkerung“, wie es früher einmal bei der Definition des Sozialen Wohnungsbaus hieß. Die Anschaffung von bezahlbaren Eigentumswohnungen rechnen wir einmal hinzu, weil sie inzwischen auch für „Normalverdienende“ eine Option ist, um im Alter, wenn die Rente nicht mehr das ist, was sie mal war, Entlastung von den Mietkosten zu haben. Aber für die meisten „Normalverdienende“ ist das doch unerreichbar in der Kinderphase. Und für die, die jeden Cent zweimal umdrehen müssen, völlig illusorisch. Also bleiben letztlich 22% Wohnungen bis 7,50 EUR/m². Für die 686 Mietwohnungen sollen Landesmittel der Wohnraumförderung in Anspruch genommen werden, was dann zu der altbekannten Mietpreisbindung für 15 bis 25 Jahre führt. Auf Sullivan soll es auch nochmal ca. 200 bezahlbare Wohnungen geben, zusammen dann knapp 900 „bezahlbare Mietwohnungen“. Was ist damit für Mannheim insgesamt gewonnen? Gegenüber dem Stand von 2008: nichts! Nicht einmal die Verluste an bezahlbaren Wohnungen wird vollständig ersetzt. In der Vorlage V 352/2015 rechnet die Verwaltung selbst vor, dass zwischen 2008 und 2014 glatte 800 Wohnungen im Bereich bis 7,61 EUR/m² entfallen sind, „von 18.430 im Jahr 2008 auf aktuell 17.630“. „Die Abnahme wird vor allem durch die Verringerung des GBG-Gesamtbestandes verursacht.“
Hier sind noch nicht die 122 Wohnungen in der Neckarstadt Ost (Abriss-Projekt Main-Kinzig-Straße) sowie weitere 190 zum Abbruch vorgesehene Wohnungen in Schönau Nord eingerechnet, die im Siedlungsmonitoring-Bericht 2014 benannt werden; zusammen also ein Defizit von über 200 bezahlbaren Wohnungen trotz der Pläne auf FRANKLIN!
Der Wohnungsbau insgesamt ist in Mannheim durchaus als stürmisch zu bezeichnen. Seit 2015 werden Bebauungspläne umgesetzt oder neu erstellt für Wohngebiete wie Q6/Q7, T4/T5, Turley, Glücksteinquartier, Postareal, Ehemalige III. Medizinische Klinik Waldhof. Es dürften zusammengenommen gut über 1.000 Wohneinheiten sein. Aber keine einzige wird im bezahlbaren Preissegment sein – von den drei Wohngruppen auf Turley einmal abgesehen.
Wie die heilige Monstranz trägt die Gemeinderatsmehrheit vor sich die Aufgabe her, für besser verdienendes Publikum Wohnraum in Mannheim zu schaffen. Das mag ja auch gerne geschehen, braucht aber keiner besonderen kommunalen Achtsamkeit außer eben städtebaulicher Planung und in der Tat auch Erschließungskosten, die nicht wieder reinkommen.
Es wird aber ohne besondere kommunale Aufmerksamkeit und ohne finanzielle Zuschüsse keine einzige Wohnung im bezahlbaren Segment entstehen. Trotzdem wird die zweite Montranz gepflegt und herumgetragen: „Mannheim hat (und braucht) kein eigenes Wohnungsbauprogramm.“
Wie sollen die Menschen von der GBG-Warteliste, die zunehmenden Altersarmen, die viel zitierten jungen Familien oft ohne sichere Arbeitsplätze, die Geflüchteten mit Bleiberecht und Freizügigkeit, die Menschen in den niedrig bezahlten Serviceberufen jemals an eine Wohnung kommen, die nicht die Hälfte und mehr des Monatseinkommens auffrisst?
Die Monstranzen gehören in die Ecke. Ein kommunales Wohnungsbauprogramm gehört mit dem nächsten Doppelhaushalt eingerichtet. Der laufende Haushalt 2016 wird – so der neueste Halbjahresbericht – voraussichtlich mit einer Ergebnisverbesserung von 54 Mio. EUR abschließen. Von denen geht in den kommenden Jahren vielleicht die Hälfte für Folgeeffekte ab (z.B. sinkende Finanzausgleichszahlungen). Aber sind nicht 20 Mio. Ein guter Grundstock für einen revolvierenden Wohnungsbau-Fonds in Mannheim? Der Kämmerer warnt, das Geld nicht zu verpulvern, sondern an die absehbar nachlassende Finanzkraft der kommenden Jahre für Investitionen zu denken. Mag sein, dass er Recht hat. Aber Wohnungsbau in dieser Situation wie jetzt ist garantiert eine gute Investition!
Thomas Trüper